Schwarze Sonne Afrika
daß ihr im Verhältnis zu eurer Größe eigentlich kleine Augen habt, während ich als kleines Tier mit recht großen Augen versehen bin. Aber ihr seid so große, so wunderbar große Tiere, daß die Sache gar nicht so schwer ist. Es muß nur einer immer auf den Rücken des anderen steigen. Wenn dann der ganz große Uobogo zu oberst auf den Rücken des letzten steigt, so kann er das Herrliche da oben nicht nur sehen, sondern er kann es sogar ergreifen.« Die Uobogo sagten: »Das ist richtig.« Der größte Uobogo sagte: »Ich will auf euch alle hinaufsteigen. Ihr müßt aber ganz fest stehen, damit ich nicht falle.« Die Uobogo sagten: »Wir werden ganz fest stehen.«
Danach stieg ein Uobogo immer auf den Rücken des anderen. Es entstand eine ganz, ganz hohe Säule. Zu oberst stieg der ganz große Uobogo. Als er oben war, hielt Somba unter den Hinterfuß des untersten Uobogo schnell einen Feuerbrand. Das schmerzte den derart, daß er nicht anders konnte, als einen Schritt nach vorn zu machen. Dadurch kam die Reihe der Uobogo aber ins Wanken, der größte Uobogo, der zu oberst stand, fiel herab und brach sich einen Zahn ab. Alle Uobogo fielen scheltend über den Uobogo, der zu unterst war, her. Der sagte:»Verzeiht mir, aber ich trat mir einen scharfen Dorn in den Fuß, und ihr wart so schwer auf mir!«
Während sie schalten, brachte Somba schnell den abgebrochenen Zahn beiseite und versteckte ihn im Busch. Der große Uobogo suchte zornig seinen Zahn. Im Zweige des Baumes nebenan saß ein kleines Vögelchen, das hatte alles mit angesehen und rief dem größten Uobogo zu: »Du suchst deinen Zahn an der falschen Stelle. Du mußt deinen Zahn da drüben suchen. Somba hat ihn gestohlen und versteckt.« Der größte Uobogo hatte nicht recht verstanden. Er fragte: »Was ist los?« Somba sagte: »Dieser freche kleine Vogel wagt es, auch noch über dein Unglück zu lachen.« Als Uobogo das hörte, war seine Wut grenzenlos. Er jagte mit seinen Genossen hinter dem kleinen Vogel her, ihn zu vernichten. Während die Uobogo von dannen jagten, nahm Somba seinen Zahn, trug ihn zu Njaka und sagte: »Hier ist zum dritten der Zahn des Uobogo.«
Njaka sagte: »Es ist wahr. Du hast mir die Milch des Padere, das Fell des Abaga und den Zahn des Uobogo gebracht.« Somba sagte: »Nun gib mir deine Tochter!« Njaka sagte: »Mein Somba! Meine Tochter kann ich dir nicht geben. Du bist, wie du mir gezeigt hast, ganz ungewöhnlich klug. Ich bin auch ein ganz ungewöhnlich kluges Tier. Wenn unsere Familien sich zusammentun und aus unseren beiden Stämmen ein Kind geboren wird, so wird es klug wie Wende (wie Gott), und das wäre nicht gut. Deshalb kann ich dir meine Tochter nicht geben.«
Die Yoruba
»In meinem Land ist jeder Mann aus alter Zeit ein großer Stein« – Der Ausspruch eines schwarzhäutigen Schiffsjungen, den der 19jährige Frobenius in Hamburg kennenlernte, und der ihn nie losließ. Auf seiner zweiten Expedition hinauf in den Sudan sprach er in Timbuktu mit Yoruba-Sklaven, alten Leuten, die bereitwillig von den Steinmenschen ihrer Heimat erzählten. Aber erst auf der vierten großen Reise, die Frobenius 1910/12 quer durch Nigeria und das Grasland von Kamerun bis Adamaua unternahm, beginnt er mit eigenen Grabungen. In Ife (Nigeria) fördert er Urnen, Schmuckstücke und vor allem Terrakottaköpfe zutage, die Yoruba erkennen sie als »die zu Steingewordenen und in die Tiefe gesunkenen Götter« wieder. Ein Fund fesselt ihn besonders, der Kopf des Meeresgottes Ori Olokun in Gelbguß, mit hohem Diadem (1. Jahrtausend v. Chr.).
Mit ihm hat Frobenius den Schlüssel zu den antropomorphen Gottheiten in Händen, und »wenn ihn seine Spekulationen auch zu kühnen Phantasien verführten, er hat die Mythen- und Sagenwelt der Yoruba als logisches System begriffen« (Janheinz Jahn). Frobenius selbst schreibt darüber in der »Atlantischen Götterlehre« (1926): »An der Spitze des westafrikanischen atlantischen Götterkreises steht Olokun, der Gott des Meeres, Poseidon. Der Götterkreis ist gebildet nach der Zahl der Sechzehn, die überall wiederkehrt, in der Zahl der Orakelwürfel, der Zahl der Flammen,der Opferlampe, der Zahl der Kräfte und Teile, in der hierarchischen Ordnung der Priester. Das Symbol aller Ordnung ist ein Steinbeil, aufragend aus einem Blitzbündel von sechzehn Stäben. Wesenheit einer alles schreckhaft beherrschenden und niederhaltenden düsteren Religion ist Edschu, der Gott mit den Schlangenhaaren, der Gott, der über
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