Schwarzer Engel
einer Frau zu werden, neben der zu stehen ihn mit Stolz erfüllen würde. Sie würde eine Frau werden, die er mit Freuden zu der seinen erklären würde. Eine Frau, die nicht seinen Sündenfall bedeutete.
9. KAPITEL
W eil Lysander nie eine … Freundin gehabt hatte, wie die Menschen es nennen würden, hatte er keine Ahnung, wie man eine solche erzog. Er kannte sich nur mit der Ausbildung seiner Soldaten aus. Ohne jede Emotion, immer auf Distanz, ohne je etwas persönlich zu nehmen, bildete er sie aus. Seine Soldaten wollten allerdings lernen. Sie waren eifrig und lauschten jedem seiner Worte. Bianka würde sich ununterbrochen zur Wehr setzen. So viel war sicher.
Also. Am ersten Tag folgte er ihr, beobachtete einfach nur und plante.
Sie hingegen stahl jede einzelne Mahlzeit, selbst die Snacks, betrank sich in einer Bar, tanzte zu eng mit einem Mann, den sie offensichtlich nicht kannte, und brach demselben Mann dann die Nase, als er ihr an den Hintern griff. Am liebsten hätte Lysander ihm auch noch eine Lektion erteilt, aber er hielt sich zurück. Gerade so. Zur Schlafenszeit marschierte Bianka nur unruhig in ihrer Berghütte hin und her und verfluchte ihn und alles, was mit ihm zu tun hatte. Keine Minute ruhte sie sich aus.
Wie liebreizend sie war, mit dem dunklen Haar, das ihr über den Rücken fiel. Die roten Lippen geschürzt. Die Haut im Mondlicht schimmernd wie ein Regenbogen. Wie gern wollte er sie berühren, sie mit seinen Flügeln einhüllen, bis es war, als wären sie die einzigen Lebewesen auf der Welt, und sie einfach genießen.
Bald, versprach er sich.
Sie hatte ihm Erlösung verschafft, doch er hatte nicht dasselbe für sie getan. Je mehr er darüber nachdachte – und er dachte darüber nach, jede einzelne Minute –, desto weniger gefiel ihm das. Um genau zu sein: Je mehr er darüber nachdachte, desto peinlicher war es ihm.
Er wusste nicht, wie er sie berühren musste, um sie zum Höhepunkt zu bringen, aber er war bereit, es zu versuchen, es zu lernen. Doch vorher musste er sie erziehen, wie er es geplant hatte. Aber wie, fragte er sich von Neuem. Seine Küsse schienenihr zu gefallen – bei dem Gedanken schwoll ihm vor Stolz die Brust. Seine Soldaten belohnte er zwar niemals für gute Arbeit. Aber vielleicht könnte er das bei Bianka tun. Sie jedes Mal mit einem Kuss belohnen, wenn sie etwas tat, das ihm gefiel?
Ein unfehlbarer Plan. Das hoffte er jedenfalls.
Am zweiten Tag vibrierte er praktisch vor Erwartung. Als sie ein Bekleidungsgeschäft betrat und sich einen perlenbestickten Schal in die Tasche stopfte, materialisierte er sich vor ihr, bereit zu beginnen.
Sie hielt inne, hob den Blick und sah ihn an. Statt reumütig den Kopf zu senken, grinste sie. „Was für ein Zufall, dich hier zu treffen.“
„Leg das zurück“, sagte er. „Du musst keine Kleidung stehlen, um zu überleben.“
Sie verschränkte die Arme, eine sture Haltung, die er gut kannte. „Schon, aber es macht Spaß.“
Eine Frau, die ein paar Schritte weiter stand, warf Bianka argwöhnische Blicke zu. „Kann ich Ihnen helfen?“
Nicht einmal für eine Sekunde wandte Bianka den Blick von ihm ab. „Nope. Mir geht’s gut.“
„Sie kann mich nicht sehen“, erklärte Lysander. „Nur du kannst das.“
„Also sehe ich aus wie eine Verrückte, wenn ich mit dir rede?“
Er nickte.
Zu seiner Überraschung lachte sie auf. Und auch wenn ihr Amüsement fehl am Platz war, liebte er den Klang ihres Lachens. Es war magisch, wie ein Harfengesang. Er liebte es, wie ihre Miene vor Vergnügen weich wurde und ihre herrliche Haut strahlte.
Muss sie berühren , dachte er, plötzlich benebelt. Unwillkürlich trat er einen Schritt näher, um genau das zu tun. Muss diese Weichheit wieder spüren . Und wenn er das tat, würde sie die Freuden seiner Belohnungen kennenlernen.
Sie schluckte. „W…was machst du …“
„Sind Sie sicher, dass ich Ihnen nicht helfen kann?“, schnitt die Frau ihr das Wort ab.
Bianka blieb stehen, bebend, warf ihr aber einen bösen Blick zu. „Ja, bin ich. Und jetzt halt die Klappe, bevor ich dir den Mund zunähe.“
Langsam wich die Frau zurück, dann fuhr sie herum und beeilte sich, jemand anders zu helfen.
Lysander erstarrte.
„Du darfst fortfahren“, beschied Bianka ihn.
Wie könnte er sie für eine solche Unhöflichkeit belohnen? Das würde gegen alles gehen, was er ihr beibringen wollte. „Ist es dir denn völlig egal, was die Leute von dir denken?“, fragte er und neigte den Kopf
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