Schwarzer Nerz auf zarter Haut
Goltz und sah zu seiner Frau empor. »Deine königliche Haltung zeigt mir an, daß weltbewegende Dinge zu besprechen sind.«
»Margret macht übermorgen ihre erste große Fahrt.«
»Einmal ist immer das erste Mal.«
»Allein auf einem Riesenschiff.«
»Das ist besser als auf einem Äppelkahn.«
»Margret ist noch ein Kind.«
»Darum soll sie auch nach Amerika, um sich den Horizont zu erweitern. Zwei Jahre US-College, das tut ihr gut. Sie wird in New York von Onkel Franz abgeholt, die ganze Schiffsfahrt dauert acht Tage – mein Gott, Beate, was soll da schon geschehen? Was soll aus dem Kind werden, wenn du es nicht einmal acht Tage allein lassen kannst? Unter dem mütterlichen Rock entwickeln sich nur bleiche Blutarme.«
»Du bist wieder einmal geschmacklos«, sagte Beate Goltz distinguiert. »Lies weiter deine Börsenberichte! Manchmal glaube ich, du weißt gar nicht, wie du Vater geworden bist.«
Das Erscheinen der Frau Konsul trieb die Aufregung im Haus auf den Höhepunkt. Die Zimmer Margrets sahen aus wie beraubt. Kleider, Wäsche, Röcke, Blusen, Pullover lagen auf dem Bett und auf allen Sesseln herum. Inmitten dieses Wirrwarrs saß Margret auf dem Teppich und studierte den Fahrplan der ›Ozeanic‹.
»Mein armes Kind!« rief Beate Goltz. »Soll ich dir helfen?«
Margret Goltz machte gar nicht den Eindruck eines armen Kindes. Sie hockte auf dem Boden, die langen, blonden Haare waren zerwühlt. Sie schüttelte den Kopf und lehnte sich an den Rücken eines Sessels, über dem eine Kollektion neuer Büstenhalter hing. Zierliche Körbchen für eine eben erst erwachte Fraulichkeit.
»Warum regt ihr euch alle so auf?« sagte sie laut. »Nach Amerika zu fahren ist doch kein Weltuntergang.«
»Zwei Jahre bleibst du weg, meine Kleine.« Beate Goltz stiegen Tränen in die Augen. Sie schluchzte plötzlich. »Mein kleiner Spatz, allein in diesem Wilden Westen. Aber da kennt dein Vater keine Vernunft.«
»Ich freue mich wahnsinnig auf Amerika, Mama.« Margret sprang auf. Sie war groß und schlank, ein Mädchen, bei dem man mit der Zunge schnalzt. »Und so jung bin ich auch wieder nicht.«
»Siebzehn, mein Spatz.«
»Das ist schon allerhand! Das richtige Alter, um die Welt zu erobern.«
Beate Goltz lief hinüber zur Bügelstube, wo die Köchin Blusen bügelte.
Was ist das für eine Welt, dachte die Konsulin. Sie entgleitet unseren Händen!
Mit siebzehn Jahren allein auf einem Schiff! Umgeben von enthemmten Männern. Ganz allein auf dem Meer. Acht Tage und Nächte lang. Ausgesetzt den Verlockungen, die sie nicht kennt. Tanz, Kostümfest, Bar, Flirt, laue Nächte an der Reling …
Beate Goltz lief zurück in den Salon. Henning Goltz trank gerade ein Glas Rotwein.
»Ich habe eben an unsere erste Fahrt nach Teneriffa gedacht«, sagte die Konsulin atemlos. »Mein Gott, wenn das Kind …«
»Hoffentlich nicht.« Konsul Goltz lehnte sich zurück. »Hoffentlich benimmt sich unser Kind anders als wir … damals … Du erinnerst dich noch an Kabine 178?«
»Pfui!« Beate Goltz warf den Kopf königlich in den Nacken und rannte wieder hinaus zu den kofferpackenden Stubenmädchen.
Zum Abflug vom Flugplatz Köln-Wahn kam Lisa Hergarten nicht mit. Irgendwo war eine Grenze. Wenn die Komödie zur Farce wird, soll man gehen. Andererseits wäre es interessant gewesen zu sehen, wie sich Hergarten aus der Affäre gezogen hätte. Das Flugzeug konnte er ja nicht besteigen. Es flog ohne Zwischenlandung bis Shannon. Aber vielleicht war auch das in seinem Plan aufgenommen? Von Shannon zurück nach Hamburg war kein Problem.
»In vier Wochen bin ich wieder da!« sagte Hergarten zum Abschied. »Was wirst du in der Zeit tun?«
»Es wird mir sehr langweilig werden. Vielleicht fahre ich nach Berlin zu Tante Erna.«
Sie küßten sich, wie sich ein Ehepaar küßt, das sich lange trennen muß. Dann stand Lisa auf der Treppe des Eingangs ihrer Villa und winkte dem Taxi so lange nach, bis es vom Weg abbog auf die Bundesstraße. Das letzte, was sie sah, war Hergartens Hut; er hatte ihn aus dem Fenster gesteckt und schwenkte ihn hin und her.
Da weinte sie, ballte die Fäuste und schrie ihm nach: »Du Heuchler! Du Betrüger! Du Lump! Du Satan! Wir sehen uns wieder. In Kabine 12 Promenadendeck.«
An diesem Tage verlief alles wie nach Plan.
Während Hergarten, statt nach Bonn, nach Hamburg fuhr, bestieg sein geschickt zurechtgemachter Doppelgänger das Flugzeug der Lufthansa in Köln-Wahn. Zwei Beamte der Sicherungsgruppe beobachteten die
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