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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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voneinander, um sicherzugehen, dass einheitliche Standards herrschten. Das ganze Theater mit dem abgedunkelten Hangar diente nur dazu, seine Leute zu beeindrucken.
    »Die Waffen sind an ein elektronisches Kontrollsystem angeschlossen. Der Zustand der Zündelektronik wird automatisch überprüft.« Er erlaubte sich ein Lächeln, kaum weniger dünn als das des Moskauers vorhin. »Immerhin können wir ja nicht ausprobieren, ob die Sprengköpfe noch explodieren, oder?«
    »Und das Plutonium?«
    Markov blinzelte kurz. Worauf wollte der Mann hinaus? »Was soll damit sein? Erwarten Sie von mir, dass ich überprüfe, |14| ob es noch radioaktiv ist? Das Zeug hat eine Halbwertzeit von vierundzwanzigtausend Jahren!«
    Anstatt eine Antwort zu geben, stand der Mann auf und zog das schwarze Tuch von dem Gestell neben dem Schreibtisch. Darunter kam ein Metallgerüst auf Rollen zum Vorschein, in das eine komplizierte, konisch zulaufende Apparatur eingehängt war. Markov erkannte sofort die Zündelektronik, deren Schutzabdeckung entfernt worden war, und die Drähte, die zu den Sprengzündern führten. Im Einsatzfall brachten sie konventionellen Sprengstoff am Rand einer kugelförmigen Hülle zur Explosion, der den äußeren Plutoniummantel implodieren lassen und das hochangereicherte Material im Sprengkopf bis weit über die kritische Masse hinaus verdichten würde. Eine nukleare Kettenreaktion mit einer Sprengkraft von 550 000 Tonnen TNT, beinahe dem Fünfzigfachen der Hiroshima-Bombe, wäre die Folge.
    Markov sprang auf. »Sind Sie vollkommen wahnsinnig?«, schrie er. »Sie haben gegen mindestens fünfzehn Sicherheitsvorschriften und drei Gesetze verstoßen, indem Sie den Gefechtskopf hierher in einen ungeschützten Flugzeughangar gebracht haben! Was, wenn der Standort jetzt angegriffen wird? Was, wenn Terroristen hier eindringen und den Gefechtskopf stehlen? Und außerdem strahlt das Zeug wie ein Politiker vor der Wahl, verdammt noch mal! Ich habe keine Lust, kurz vor meiner Pensionierung noch an Leukämie zu erkranken!«
    »Setzen Sie sich bitte«, sagte der Mann von der Rosatom ohne das geringste Zeichen der Beunruhigung. Entweder war er völlig naiv und blöde, oder …
    Schweißperlen traten auf Markovs Stirn, als ihm die Bedeutung der Anwesenheit der Bombe und der merkwürdigen Fragen des Mannes klar wurde. »Das … das ist eine Attrappe, oder?«
    |15| Der Mann aus Moskau nickte nur, ohne zu lächeln.
    »Und warum haben Sie die hierhergebracht?«
    »Sie sind ein intelligenter Mann, Oberst. Sie kennen die Antwort längst.«
    Markov schluckte. »Wie viele?«
    »Drei.«
    Er zuckte zusammen. Drei! »Wann?«
    »Ich hatte gehofft, das von Ihnen zu erfahren.«
    Markov stützte den Kopf auf die Hände. Er schwieg einen Moment. Er brachte es nicht fertig, den Mann anzusehen. »Ich … ich hatte keine Ahnung«, sagte er schließlich. Seine Stimme klang dünn und brüchig.
    »Ich glaube Ihnen«, sagte der Fremde. Seine Stimme klang beinahe bedauernd. »Aber ich fürchte, das wird Ihnen wenig nützen.«
    Markov fühlte sich, als sei sein Körper bereits vollkommen verstrahlt. Ihm war übel, und ein tonnenschweres Gewicht schien ihn in den harten Holzstuhl zu drücken. »Ich … ich bin seit dreieinhalb Jahren der Kommandant hier«, erklärte er, obwohl er sicher war, dass die Rosatom das genau wusste. »Vor mir war es Generalmajor Oljakov. Er leitet jetzt die Abteilung für strategische Planung im Verteidigungsministerium.«
    »General Oljakov hat sich vor drei Tagen umgebracht«, sagte der Moskauer ohne spürbare Emotion. »Zumindest deuten die äußeren Umstände auf Selbstmord hin. Wir schließen ein Fremdverschulden aber nicht aus.«
    »Deshalb also die unangekündigte Überprüfung«, sagte Markov.
    Der Mann nickte. »Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Gefechtsköpfe bereits vor mehr als fünf Jahren ausgetauscht wurden.«
    »Trotzdem wird man mich zur Rechenschaft ziehen«, sagte Markov mehr zu sich selbst. »Ich hätte jede dieser |16| verdammten Höllenmaschinen bei meinem Dienstantritt auseinanderbauen und hineinsehen sollen! Was haben die da rein getan, damit die Gewichtskontrolle nicht anschlägt? Blei?«
    »Schwach angereichertes Uran. Selbst mit einem Geigerzähler kann man die Attrappe kaum von einem echten Sprengkopf unterscheiden.«
    Also strahlte die Attrappe doch radioaktiv. Der Mann aus Moskau hatte entweder gute Nerven, oder er trug unter seinem glattgebügelten Anzug einen Bleischutz. Verdammtes

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