Schwarzer Regen
Antwort auf diese Frage interessant ausfallen würde. Umfragen hatten gezeigt, dass sich die weitaus meisten Deutschen über das Urteil freuten, während es in der moslemischen Bevölkerung wütende Proteste hervorrief. Doch kaum jemand gab seine Ablehnung des Islam offen zu. So erwartete sie ein butterweiches, politisch korrektes Statement. Doch die |32| Veränderung in Benz’ Gesicht zeigte ihr, dass sie sich geirrt hatte.
»Das Urteil war überfällig«, sagte er und ignorierte den warnenden Blick seiner Frau. »Ich habe nichts gegen Ausländer. Allein in meiner Firma beschäftige ich Menschen aus fünfzehn Nationen, unsere Niederlassungen auf der ganzen Welt nicht mitgerechnet. Aber das heißt ja nicht, dass wir Deutschen unsere kulturelle Identität aufgeben müssen. Fliegen Sie mal nach New York: ein Schmelztiegel von Menschen aus aller Herren Länder, und dennoch spürt man jede Sekunde die alles durchdringende Identität Amerikas, den unglaublichen Stolz der Menschen auf ihr Land. Wenn Sie mich fragen, dann haben wir Deutschen seit dem Zweiten Weltkrieg viel zu viel Angst davor, deutsch zu sein. So als sei das etwas Schlimmes, bloß weil wir mal einen irren Diktator hatten. Schauen Sie sich an, was die Russen in Sibirien angestellt haben oder die Amerikaner mit den Schwarzen und den Indianern. Haben die deswegen etwa einen kollektiven Minderwertigkeitskomplex? Kein bisschen!«
Sieh mal einer an, dachte Faller und unterdrückte ein Grinsen, Heiner Benz, der Wohltäter, der sich so gern in der Öffentlichkeit als großzügiger Spender feiern ließ, war ein verkappter Nationalist! Faller grinste innerlich. »Sie sind also der Meinung, dass Türken in Deutschland leben und arbeiten dürfen, aber ihre Kultur und Religion besser zu Hause lassen sollen?«
»Das habe ich nicht gesagt!« Benz’ Gesicht lief rot an. Er wandte sich an seine Frau. »Habe ich das etwa …?«
»Was mein Mann meint, ist …«, sprang sie ein, doch Benz unterbrach sie.
»Was ich meine, ist: Türken oder Rumänen oder Albaner sollen gerne in Deutschland leben. Aber sie müssen unsere Kultur respektieren und sich ihr auch ein Stück weit unterordnen. |33| Ich habe nichts dagegen, dass sie hier ihrer Religion anhängen, und auch nichts gegen Moscheen in Deutschland. Aber die Bürger einer deutschen Stadt müssen schon darüber entscheiden dürfen, ob sie eine Moschee vor der Nase haben wollen oder nicht! Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht ja nicht gesagt, dass da keine Moschee gebaut werden darf. Sie haben nur klargestellt, dass die Bürger der Stadt das Recht haben, darüber zu entscheiden. Da ist doch wohl überhaupt nichts gegen zu sagen! Wenn sich dann einige Moslems entscheiden, nicht in dieser Stadt leben zu wollen, ist das ihr gutes Recht. Letztlich ist das Angebot und Nachfrage – will ich als Stadt in Deutschland mit einer Moschee Ausländer als günstige Arbeitskräfte anlocken oder nicht?«
Das war eine ziemlich zynische Sichtweise. Faller empfand ein Hochgefühl. Aus dieser Aussage würde sich sicher etwas machen lassen. »Aber was ist mit den Moslems, die schon lange in Moosenheim leben?«, fragte sie. »Wollen Sie die jetzt nach Hause schicken?«
»Natürlich nicht! Aber die sind doch bisher auch ohne Moschee ausgekommen. Warum soll das in Zukunft nicht möglich sein?«
»Soweit ich weiß, wurde die alte Moschee abgerissen, weil sie in einem asbestverseuchten Gebäude untergebracht war.«
»Na, dann müssen die eben eine neue Lösung finden, die mit dem Stadtbild von Moosenheim vereinbar und im Stadtrat mehrheitsfähig ist!«
Faller beglückwünschte sich selbst. Das Thema war eine Goldmine! »Nach meinen Informationen hat die islamische Gemeinde mehrere Entwürfe eingereicht, davon sogar einen, der von außen überhaupt nicht als Moschee zu erkennen gewesen wäre, ohne Minarette oder andere äußere Kennzeichen. Sie sind alle abgelehnt worden.«
|34| Bevor sich ihr Mann weiter in Rage reden konnte, sprang Eva Benz ein. Ihre hellgrünen Augen blitzten – sie hatte genau begriffen, was Faller vorhatte. »Das Bundesverfassungsgericht hat sich bestimmt sehr ausführlich mit den Fakten beschäftigt. Die Richter haben sicher gute Gründe, dem Stadtrat recht zu geben.«
Faller nickte. »Das Bundesverfassungsgericht sagt in der Begründung ausdrücklich, dass das Urteil nicht bedeute, die Ablehnung der Baugenehmigung durch den Stadtrat sei baurechtlich oder moralisch korrekt. Sie weisen lediglich die
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