Schwarzer Valentinstag
saugten ihnen das Blut aus!
Zögernd stieg er weiter. Wirklich war da ein eigenartig hohles Schnarren und Scharren, auch etwas wie ein leises Trippeln. Er klammerte sich an eine Sprosse, die Beine wurden steif.
Da! Wie er die Fackel weit nach oben in die Schwärze des Dachraums hineinreckte – ein tausendfaches Schwirren, Knallen, Klatschen und Flattern um seinen Kopf, eine Wolke von Staub, die ihn einhüllte, Kot rieselte herab – einen wahren Höllentanz von Tauben hatte er mit seiner Fackel aufgescheucht. Er hielt sich krampfhaft an der Leiter fest. Das Herz raste. Au! – Beinahe hätte ein Bund Stroh, das zwischen Balken und Brettern herausquoll, Feuer gefangen.
Er senkte die Fackel und zwang sich ruhig zu atmen – niemand kam von unten. Das Ticken, das er ständig in den Ohren hatte, waren die Holzwürmer, die Totenuhr, die auch in dem schiefen Haus an der Ill tickte.
Er biss die Zähne zusammen: Wie sollte es weitergehen?
Er musste zum Giebel des Hauses vordringen, der an den Speicher stieß.
Hier oben war es eng und heiß. Immer wieder bogen sich die morschen Bretter, auf denen er ging, knirschend und knackend, dass er glaubte abzustürzen. Er musste in dem engen Gebälk höllisch aufpassen, damit seine Fackel nicht den Dachstuhl in Flammen setzte. Die Schatten verwirrten ihn. Er war halb erstickt vom Staub, die Augen waren verklebt von Spinnweben.
Endlich war da der Giebel mit seinen weiß gekalkten Balken.
Jetzt wurde es ernst!
Es gab eine alte, längst vermauerte Türe, die vom Haus zum Speicher geführt hatte, sie war aber weit unter ihm in einem der ehemaligen Wohngeschosse.
Er aber musste über eine schmale Leiter hinunterklettern zum ersten Absatz des Dachstuhls und von dort zu der ehemaligen zweiten Aufzugsluke des Giebels, die als einzige nicht vermauert war. Die Aufzugsluken, die man wahrscheinlich noch lange gebraucht hatte, führten direkt in den mächtigen Dachraum des Speichers.
Sollte er die Fackel wirklich löschen? Warten, bis es hell wurde?
Er wollte so rasch wie möglich wieder aus diesem unheimlichen Haus. Sicher, der Schein der Fackel konnte von einem aufmerksamen Wächter gesehen werden, aber war Warten nicht noch gefährlicher?
Er entschied sich die Fackel anzulassen.
Die Aufzugsluke öffnete sich mit einem ächzenden Laut in den Speicher hinein. Dabei löste sich offenbar ein Stück Putz und es dauerte eine ganze Zeit, bis der Aufschlag von unten zu hören war.
Der Anblick des riesigen, kirchenartigen Speicherraumes im Licht seiner Fackel war überwältigend.
Niemals würde ich das ohne Fackel schaffen!, dachte er, als er sah, wie schwer der Weg auf den Fußboden des Speichers hinunter war. Der Dachstuhl, der sich riesig und steil im Schein der Fackel über ihm erhob, stand auf drei Reihen von Säulen quer zu ihm, die vom Grund des Gebäudes aufstiegen und sich im Schein der Fackel zu bewegen schienen. Ganz hinunter konnte er nicht sehen, weil ein Holzboden den Blick versperrte. Auf diesem Absatz lagerten Waren in mächtigen Ballen, reichten aber bei weitem nicht bis zu ihm herauf.
Querbalken trugen in allen Dachgeschossen ein Gewimmel von schmalen Bretterböden, die sich über ihm in der Nacht verloren und oft untereinander mit Stangen und Seilen verbunden waren.
Zu jedem dieser ehemaligen Trockenböden des Gerbers führten an jeder einzelnen Säule Leitern hinauf bis fast zur Schwärze des Firsts. Auf einer solchen Leiter musste er in die Tiefe steigen.
Schlimm war, dass die Zwischenböden vor jeder einzelnen Luke eine Fläche aussparten, für die Waren, die an dem Seil zu den Luken hochgezogen worden waren – er musste über diese leere Fläche springen. Weit war das nicht, kaum mehr als ein Klafter. Dennoch grauste es ihn, über den schwarzen Abgrund zu springen. Drüben war eine der vielen Leitern, über die er in den Speicherraum hinabsteigen konnte, und die Leiter war an einer Säule befestigt, die seinem Sprung Halt geben konnte.
Hoch über ihm ragte der alte Aufzugsbalken aus dem Giebel, der den Rollenzug für die Luken trug. Aber das Seil, das in greifbarer Weite mit einem Haken hing, oder der Balken da oben konnten morsch sein. Sonst hätte er sich vielleicht an dem Aufzugsseil hinunterlassen können.
Auf der anderen Seite des Daches war fast in gleicher Höhe eine der unzähligen Dachgauben, durch die der Schein seiner Fackel von außen gesehen werden konnte.
Er musste schnell springen.
Ruhe jetzt, nur Ruhe, hörte er den alten Balthas mit seiner
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