- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
recht?«
»Im Großen und Ganzen schon«, räumte Meph ein. »Heutzutage muss man großen Aufwand betreiben, um ein Geheimnis zu bewahren. Wie haben Sie es rausgekriegt?«
»Durch Rebekkas Zugriffsprotokoll. Hast du auch ihre Familienbilder auf deinen Pod kopiert, so wie du es bei allen anderen gemacht hast?«
»Ich hätte es getan. Aber sie hat keine Bilder.«
»So wie du.«
»Nein, Rebekka hat ihr Zuhause freiwillig aufgegeben. Ich hatte nie eins.«
»Und deshalb hast du dir im Netz ein Heim aus fremden Erinnerungen geschaffen. Dachtest du ernsthaft, du könntest dein Leben aus Bruchstücken von anderen leben?«
»Es ist besser als nichts.«
»Es existiert nur im Netz. Es ist nicht real.«
»Pods sind real. Wäre es nicht so, hätten wir kein IKM.«
»Wir bestehen nicht aus Informationen, sondern aus Fleisch und Blut. Du kannst dein Leben nicht online leben. Du bist nicht kompatibel.«
»Und wenn schon. Es spielt keine Rolle mehr. Westphal ist schuld daran, dass ich auch in der echten Welt nicht mehr leben kann.«
»Nicht einmal mit Maria?«
Meph erschrak ein zweites Mal. »Woher … Ich weiß nicht, von wem Sie reden.«
»Deine geheime Festplatte wurde von einer gewissen Maria Pfarr angelegt. Das ist der Name einer Podprogrammierin bei Siemens-Chrome. Den Rest weiß ich von Rebekka. Ich gehe davon aus, dass Maria nicht von dem Pod weiß. Du hast ihn unter ihrer Kennung erstellt.«
»Sie hat nichts mit alldem zu tun«, sagte Meph leise. »Lassen Sie sie in Ruhe.«
»Du liebst sie immer noch, nicht wahr, Meph? Warum hast du sie verlassen? Nur damit niemand dein schmutziges kleines Geheimnis aufdeckt? Oder weil du zu große Angst hattest, um dir mit ihr etwas Echtes aufzubauen?«
»Ich lege jetzt auf.«
»Meph, öffne die Tür. Tu es für Maria.« Stephans starrte angestrengt auf Mephs Projektion, als würde alles davon abhängen, dass er nicht blinzelte. Kurz bevor er es nicht mehr aushielt, sah Meph in die Kamera und schüttelte bedächtig den Kopf.
»Tut mir leid. Sie ist der Grund, warum ich nicht aufgeben darf, bis ich die Wahrheit gefunden habe.«
»Es ist vorbei, Meph. Westphal ist am Ende.«
»Ich weiß, dass er die Wahrheit kennt. Cassandro hat es gesagt.« Meph stand auf.
»Und woher wusste Cassandro das so genau?« Stephans griff nach dem allerletzten Strohhalm. »Wieso bist du so sicher, dass er noch zwischen Wahrheit und Einbildung unterscheiden konnte? Er hat jahrelang in einem U-Bahn-Schacht gelebt. Diesen Schwarzspeicher mit der Wahrheit über Ephraim gibt es nicht. Wahrscheinlich ist Cassandro einfach durchgeknallt, bis er nicht mehr zwischen der echten Welt und der von Thought Control unterscheiden konnte.«
» Thought Police .«
»Das ist mir scheißegal! Verdammt, Meph, das ist kein Spiel! Du reduzierst hier keine Trefferpunkte, sondern verursachst echte Schmerzen. Gut und Böse sind nicht so leicht zu trennen, wie du es aus deinen futuristischen Straßenschluchten gewohnt bist. Jede Entscheidung, die du triffst, wirkt sich …«
»Was haben Sie gesagt?« Mephs Gesicht hatte einen überraschten Ausdruck angenommen.
»Gut und Böse. Man kann Westphal seine Methoden vorwerfen, aber seine Ziele …«
»Nein, nein. Sie sprachen von den Straßenschluchten in Thought Police . Sie können das nicht wissen, aber ich habe das Design nach einer Vorlage erstellt, einer 2D-Grafik von Cassandro selbst.«
»Na, und? Ich …«
»Verstehen Sie es denn nicht? Cassandro hat diese Grafik gezeichnet! Ich glaube, ich weiß jetzt, wo er seine Informationen versteckt hat. Haben Sie schon mal von Steganografie gehört?« Meph ließ den Hörer fallen, stürzte auf sein Pad zu und riss es in die Höhe. Der Livestream schlug Purzelbäume. Als man wieder etwas sah, saß Meph im Großformat im Sessel und tippte fieberhaft auf seinem Pad herum.
»Meph! Meph, nimm den Hörer auf. Meph!«
»Was ist passiert?«, fragte Rebekka panisch. »Stephans, was ist?«
Er bekam keine Gelegenheit zu antworten. Hinter ihnen wurde die Tür der improvisierten Zelle so kräftig aufgestoßen, dass sie gegen die Wand prallte. »Weg vom Telefon! Hände hinter den Kopf!«
Zwei Soldaten stürmten ins Innere des Raumes und hielten die Sturmgewehre im Anschlag. Die Leichenkammer hinter ihnen war erfüllt von Drähten und leeren Kisten. Dann trat Littek in die Tür. Seine Haut war bleich wie Marmor, und sein Blick wirkte unerbittlich.
»Das war Ihr letzter Verrat, Stephans.«
»Sie dürfen die Tür nicht sprengen! Sie
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