Schweineblut
Mordkommission in
einen unruhigen Schlaf. Viola stand im Schnee, blass wie der Winter.
»Ich konnte es nicht tun. Ich konnte mir die Waffe nicht in den Mund
stecken. Weil van Bommel nicht siegen darf.«
Gegen Morgen schreckte Frank auf. Zuerst wusste er nicht, warum.
Dann sah er die spärlicher sinkenden Flocken, die fast schwerelos vor dem
Küchenfenster standen. Nun wusste er es. In seinem Traum war der Schnee blutrot
gewesen. Die Farbe hatte sich dann mit dem Rostrot des Bildes vermischt, das
van Bommel Viola geschenkt hatte.
—
Erst spät erschien Frank im Büro, wo Ecki schon mit
Heinz-Jürgen Schrievers sprach.
»Wölese?«
»Ich habe ein paar Restkarten ergattern können. Kommt ihr mit?«
Ecki blieb skeptisch. »Wann ist die Sitzung?«
»Seemannsgarn in der Hafenbar der Wölese.« Schrievers wedelte mit
zwei Karten. »Ende Januar. Ich hätte sie schon längst verkaufen können, aber
ich habe zuerst an dich gedacht.«
Frank hängte seine Jacke auf den Haken. »Wie könnt ihr jetzt schon
an Karneval denken? Wir haben doch noch nicht einmal Heiligabend.«
»Wenn Ecki nicht will, dann du? Lisa hätte bestimmt Spaß.«
»Frag Lisa. Ich bin heute nicht in Stimmung.«
»Bitte.« Schrievers steckte die Karten in seine Hemdtasche. »Wer
nicht will, der hat schon.«
Ecki achtete nicht auf Schrievers’ Empfindlichkeiten. Ihm brannte
die wichtigste Nachricht des Tages auf den Nägeln.
»Clemens Boshoven sitzt in der Klapsmühle.«
»Seit wann?« Damit hatte Frank nicht gerechnet.
Der Archivar stand schwerfällig auf. »Okay. Wenn mich einer sucht,
ich bin Weihnachtsgeschenke kaufen.«
Schrievers ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. »Falls mich
überhaupt jemand vermissen sollte.«
Frank und Ecki hatten Schrievers schon vergessen, obwohl er noch
nicht einmal die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Was ist passiert?«
Ecki erzählte, was ihm die Neusser und Düsseldorfer Kollegen
berichtet hatten.
»Gut, dass wir sie auf Boshoven angesetzt haben.«
Ecki nickte.
»Wie lange bleibt er in der Psychiatrie?«
»Sie werden ihn noch ein, zwei Tage beobachten.«
»Das dauert mir zu lange.«
»Du kennst die Vorschriften für den Umgang mit potenziellen
Selbstmördern.«
»Hat er schon gestanden?«
»Nein. Ich meine, was soll er gestehen?«
»Na, dass er Voogt erstochen hat. Und sich in seiner Verzweiflung
selbst umbringen wollte.«
»Nein.«
»Dieser Selbstmordversuch ist doch schon das halbe Geständnis.«
»Bist du da nicht ein bisschen vorschnell?«
»Hat er nichts gesagt, als die Kollegen ihn überwältigt haben?«
»Er hat immer nur diesen Text gesungen.« Ecki suchte nach seinem Notizbuch. »Hier: It’s all over now, baby blue. «
» It’s all over
now, baby blue ?«
» It’s all over
now, baby blue .«
»Der Mann hat einen merkwürdigen Humor.«
»Die Kollegen haben in Boshovens Büro einen Brief gefunden.« Ecki
reichte Frank ein Fax.
Frank überflog die von Hand geschriebenen Zeilen. Boshoven
behauptete, weder mit Voogts Betrügereien noch mit dem Mord etwas zu tun zu
haben. Er nehme sich das Leben, weil er finanziell am Ende sei. Die 30 000 Euro, die er an Böhling gezahlt hatte, um die
»unschuldig über ihn gekommene Schande« von seinem Unternehmen abwenden zu
können, habe er eigentlich für die Rückzahlung von Krediten gebraucht. Er habe
auf Verständnis bei seiner Bank gehofft, sei aber »bitter enttäuscht« worden.
Ecki sah Frank erwartungsvoll an. »Was sagst du dazu?«
»Klingt mir zu pathetisch, wenn du mich fragst.«
»Der Mann war verzweifelt.«
»Ich traue ihm nicht.«
»Die Kollegen haben noch einmal seine Firma gecheckt. Der Mann, das
heißt, sein Unternehmen, hing wirklich am seidenen Faden.«
»Trotzdem.«
Knapp 24 Stunden später saßen sich Frank und Ecki Boshoven in dessen Büro gegenüber.
Der Unternehmer sah übernächtigt aus. »Die Ärzte haben mich nicht
gehen lassen wollen. Ich darf mich nicht aufregen. Aber was soll ich machen?
Ich trage meinen Angestellten gegenüber doch Verantwortung.«
»Verzeihen Sie meine für Sie vielleicht zynisch klingende Frage:
Daran haben Sie im Düsseldorfer Hafen aber nicht gedacht, oder?« Frank blieb
misstrauisch.
Boshoven sah auf seine Hände. »Ich wusste keinen Ausweg mehr.«
»Und das ist jetzt anders?«
»Mir ist inzwischen einiges klar geworden.« Boshovens Blick lag
jetzt klar und fest auf Franks Gesicht.
»Dass Sie ihrem Schicksal nicht entgehen können.«
»So ist es. Ich habe noch
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