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Schwere Wetter

Schwere Wetter

Titel: Schwere Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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die alte Frau. »Er ist weg.«
    Vorsichtig stieg der Hauptkommissar über den schmächtigen
Körper hinweg und überzeugte sich, dass sich wirklich niemand in den Räumen
aufhielt. Dann kauerte er sich zu der Frau hinab.
    »Gleich wird der Arzt da sein«, sagte er und fühlte
nach dem Puls. Unter der faltigen Haut war er kaum wahrnehmbar. Dann griff
Vollmers sein Handy und rief den Rettungsdienst an.
    Inzwischen hatte Oberkommissar Horstmann die
gegenüberliegende Wohnung kontrolliert.
    »Leer«, sagte er, als er wieder im Treppenhaus
auftauchte. Er zeigte mit der Spitze seines Pistolenlaufs auf die Tür zu
Havensteins Wohnung. Auch aus der Distanz konnte Vollmers erkennen, dass das
Holz gesplittert war.
    »Das hat jemand mit Gewalt aufgebrochen.«
    Die alte Dame stöhnte vor Schmerz auf. »Mein Bein,
mein Kopf«, kam es über ihre blassen Lippen.
    »Frau, äh …«, fragte Vollmers und suchte ein
Namensschild an der Tür. »Vorderwühlbecke«, fuhr er fort. »Haben Sie den Mann
gesehen, der bei Herrn Havenstein eingebrochen ist?«
    Die alte Dame atmete flach. Vollmers machte sich
Sorgen um ihren Gesundheitszustand. Er konnte außer einer sich bildenden Beule
am Hinterkopf und einem verrenkt liegenden rechten Bein keine weiteren äußeren
Verletzungen erkennen.
    »Haben Sie den Einbrecher gesehen?«, wiederholte er
seine Frage.
    Frau Vorderwühlbecke nickte schwach, stöhnte bei der
Bewegung ihres Kopfes aber sofort auf. Sie sprach so leise, dass Vollmers sein
Ohr ganz dicht an ihre Lippen führen musste.
    »Ich habe den Lärm im Treppenhaus gehört. Ich bin zur
Tür und wollte nachsehen. Bei mir geht es nicht mehr so schnell, wissen Sie.«
Sie unterbrach sich und stöhnte erneut. »Als ich die Tür aufgeschlossen und
geöffnet hatte, sah ich einen Mann, der sich in der Nachbarwohnung zu schaffen
machte.«
    »Hat er etwas gesagt?«, fragte Vollmers.
    »Nein. Er ist sofort auf mich zugestürmt und hat mir
einen Stoß vor die Brust versetzt. Dann bin ich gestürzt. Nach hinten. Auf den
Kopf. Au, mein Bein schmerzt so sehr«, sagte sie mit erstickter Stimme und
schloss die Augen.
    »Haben Sie den Mann gesehen?«
    Sie atmete flach. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie
die Augen wieder öffnete. »Nein. Das ging alles so schnell. Ich weiß nur, dass
er dunkel aussah.«
    Es hatte keinen Sinn, die alte Dame weiter zu
befragen. Vollmers wurde durch Geräusche im Treppenhaus abgelenkt. Schnelle
Schritte waren zu hören, dann tauchten zwei Männer in signalroten Jacken auf.
    »Ich bin der Notarzt«, stellte sich ein großer
bärtiger Mann vor und beugte sich zu Frau Vorderwühlbecke hinab. »Was ist hier
geschehen?«
    Vollmers berichtete, was er wusste.
    Der Arzt nickte. »Wir kümmern uns um die Patientin«,
sagte er und gab dem Rettungsassistenten erste Anweisungen.
    Vollmers ließ die Männer mit der alten Frau allein. Er
folgte Oberkommissar Horstmann, der auf dem Treppenabsatz gewartet hatte.
    Gemeinsam nahmen sie das Türschloss in Augenschein.
Jemand musste sich mit Brachialgewalt gegen die Tür geworfen haben, ohne
Rücksicht auf Lärm oder Zerstörungsgrad genommen zu haben.
    Die beiden Beamten schienen das Gleiche zu denken.
»Der Täter ist rücksichtslos vorgegangen. Ihn hat es nicht gekümmert, ob er
dabei entdeckt wird. Davon zeugt auch der Übergriff auf die alte Nachbarin«,
stellte Horstmann fest. »Wir können nur von Glück sagen, dass sich offenbar
kein weiterer Nachbar dem Täter in den Weg gestellt hat. Wer weiß, wie der
reagiert hätte, wenn er auf ernsthaften Widerstand gestoßen wäre. Zumindest
scheint er absolut skrupellos zu sein.«
    »Ein Profikiller der übelsten Sorte, wie wir ihn kaum
in Schleswig-Holstein finden«, stimmte ihm Vollmers zu. »Das hier ist nur die
Fortsetzung der Kaltblütigkeit, die er beim Mord an Havenstein an den Tag
gelegt hat. Der Mörder muss wirklich eiskalt sein, wenn er direkt nach dem Mord
in die Wohnung seines Opfers fährt. Er muss doch damit rechnen, dass dort die
Polizei aufkreuzt.«
    »Oder er kennt sich aus. Wir brauchen erst einmal
Zeit, um die Identität des Opfers festzustellen. Dann sind die Einsatzkräfte am
Tatort gebunden. Damit hat der Täter gerechnet und Havensteins Wohnung
aufgesucht. Komm«, forderte Horstmann den Hauptkommissar auf und ging in die
Wohnung.
    Der kleine Flur war leer, wenn man vom fast weißen
Teppichboden und den Grafiken an den Wänden absah, die durch eine intelligent
angebrachte Beleuchtung ins rechte Licht gerückt

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