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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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angehalten, zur Seite gewirbelt und mit unvorstellbarer Geschwindigkeit angetrieben wurde, ähnlich wie es der Kobold zwei Tage zuvor widerfahren war, doch mit größerer Gewalt, die der Größe der Treibgut entsprach. Der Himmel begann zu kreisen, das Meer wurde schwarz. Er und Cif wurden gegen die Heckreling gedrängt, wie auch eine ganze Gruppe Diebe, Huren und Mingol-Seeleute. Er forderte Cif auf, sich festzuhalten, fand auf dem schrägen Deck Halt und hastete an dem knatternden Hauptsegel vorbei (und passierte dabei den jungen Mikkidu, der mit vor Entsetzen oder vielleicht Entzücken fest zugekniffenen Augen den Hauptmast umklammerte), nach vorn, wo er freien Ausblick hatte.
    Die Treibgut , die Seefalke und die gesamte Reifflotte kreisten mit schwindelerregender Geschwindigkeit schon unter der halben Höhe eines Wirbels, der mindestens zwei Meilen Durchmesser hatte und in dessen sich erweiternden oberen Regionen bereits die gesamte Mingol-Flotte festzusitzen schien, die Galeeren wirkten dort oben am Rand vor dem bewegten Himmel wie Spielzeuge, während im noch weit entfernten Zentrum des Wirbels die spitzen Felszacken durch das schäumende Weiß ragten und wie ein Friedhof aussahen.
    Dicht unterhalb der Treibgut schwamm in diesem Riesenrad des Verderbens Dwones Fischerboot, dermaßen nahe, daß er Gesichter unterscheiden konnte. Die Reifinselbewohner, die einander und ihre Waffen umklammerten, schienen höchstes Glück zu empfinden, sie sahen aus wie trunkene, schiefgewachsene Riesen, die sich auf ein großes Fest freuen. Dem Mausling fiel es wie Schuppen von den Augen: ja, das waren die Ungeheuer, deren Erwachen Loki vorausgesagt hatte, dies waren die Trolle und die anderen Wesen. Dies erinnerte ihn an das Schicksal, das Loki – nach Ourphs unwiderleglicher Aussage – ihnen allen zugedacht hatte – und notwendigerweise auch Fafhrd und Afreyt, und an das ganze Universum aus Meeren und Sternen.
    Er riß den goldenen Töter aus seinem Beutel und dachte bei dem Anblick des verkohlten Holzes: »Gut, da werden wir zwei Übel mit einem Streich los!« Aber er mußte das Ding in die Mitte des Wirbels schleudern, wie sollte er dieses Ziel erreichen, das so weit entfernt war? Es gab eine einfache Lösung, davon war er überzeugt, sie mußte ihm jeden Augenblick einfallen, doch er wurde zu sehr abgelenkt ...
    Cif stieß ihm einen Ellbogen in die Hüfte. Er hätte damit rechnen müssen – sie war ihm gegen seine strenge Anordnung gefolgt und deutete nun mit bösem Lächeln auf ... natürlich, auf seine Schlinge!
    Er legte das kostbare Geschoß in die Mitte des Stoffstreifens, bedeutete Cif, zum Mast zurückzukehren, damit er Platz hatte, und probierte mit tänzelnden Schritten, ob er auf dem schrägen Deck genügend Halt fand. Er maß mit Augen und Gehirn Entfernungen, Geschwindigkeit, Windrichtung und verschiedene Unwägbarkeiten. Und während er dies tat, den Töter um den Kopf schwingend, herumtänzelnd, als bereite er sich hier auf den längsten und besten Wurf seines Lebens vor, stiegen aus den dunkelsten Tiefen seines Geistes Worte empor, die dort seit Tagen gebrodelt haben mußten, Worte, die Lokis bösen Äußerungen entsprachen, sogar die gleichen Reime (jedenfalls beinahe), doch mit völlig umgekehrter Bedeutung. Und so wie die Worte ihm ins Bewußtsein stiegen, sprach er sie aus, er glaubte, daß er sich leise äußere, doch in Wahrheit sprach er mit klarer Stimme – bis er bemerkte, daß Cif ihm voller Entzücken zuhörte und Mikkidu die Augen geöffnet hatte und ihm lauschte und die monströsen Reifländer auf Dwones Boot die ernüchtert aussehenden Gesichter in seine Richtung drehten. Aus irgendeinem Grund war er davon überzeugt, daß trotz des gewaltigen Tobens der Elemente seine Worte bis an den Meilen entfernten Rand des Wirbels zu hören waren – ja, und darüber hinaus, er wußte nicht, wie weit. Und dies waren die Worte, die er sprach: »Die Mingols werden des Todes sein? Dies darf nicht sein, o nein, o nein! Mingols, atmet wieder auf, euer Leben nimmt seinen Lauf. Laßt den Streit zu Ende gehen, alle sollen die Zukunft sehen! Der Mingol-Wahn erlösche gleich! Hinfort ihr Götter, in euer Reich!«
    Und im Rhythmus dieser Verse wirbelte er tanzend über das Deck, als wolle er einen Diskus werfen, und der Töter bildete am Ende der Schlinge einen goldschimmernden Kreis um seinen Kopf. Dann ließ er das Geschoß fliegen. Das Gold flog schimmernd der Mitte des Wirbels entgegen, bis es nicht mehr

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