Schwiegertöchter (German Edition)
war aus Brüderlichkeit einen Abend mitgegangen und hatte nach seiner Rückkehr nach Suffolk loyal, aber kurz angebunden gesagt, sie würden sich alle gut amüsieren, aber es sei nicht wirklich seine Sache. Petra berichtete später, dass sie sich im betrunkenen Zustand an allen möglichen Körperstellen rasiert hatten und Luke Glück gehabt hatte, dass er seine Augenbrauen retten konnte. Was also machte Ralph bei diesen Leuten, und war das eine Zigarette in seiner Hand? Rachel war so dankbar gewesen, als er aufgehört hatte zu rauchen. Ralph war das einzige Kind, um das sie sich wirklich Sorgen gemacht hatte, was Alkohol und Drogen anging; er hatte die Veranlagung, eine Sucht als Herausforderung zu betrachten und nicht als Bedrohung.
Vielleicht sollte sie mit Petra reden, dachte Rachel. Sie konnte Anthony und Kit unten beim Weiher sehen – Anthony trocknete Kit gerade mit seinem Taschentuch ab und würde ihn dann wohl überreden müssen, wieder Unterhose und Shorts anzuziehen –, und Petra hatte vermutlich ein ruhiges Plätzchen gefunden, wo sie Barney mal wieder füttern konnte. Barney aß für sein Leben gern. Seine Begeisterung fürs Essen brachte Rachel und Anthony immer zum Lachen, obwohl Petra sagte, dass es manchmal in Tyrannei ausartete. Rachel, die ihr ganzes Leben lang professionell gekocht hatte, machte regelmäßig Suppen und Pürees für Petras Gefriertruhe, und sicher hatte Petra etwas davon mitgebracht, um Barney hier zu füttern, der dabei immer wie ein kleiner Raubvogel mit aufgerissenem Schnabel in seinem Buggy saß.
Sie stand auf und strich ihren Rock aus grünem Leinen glatt, im Ausverkauf in einem Geschäft in Aldeburgh erstanden und zufällig ein guter Kontrast zu der altrosa Spitze von Charlottes Mutter. Eine merkwürdige Frau und krankhaft ordentlich. Das konnte man Charlotte wahrlich nicht nachsagen. Selbst für Rachels Maßstäbe hinterließen Charlotte und Luke ihr Schlafzimmer in Suffolk in einem preisverdächtigen Chaos.
Als sie sich gerade aufmachen wollte, um Petra zu suchen, tauchte Ralph neben ihr auf. Er hatte eine Flasche Bier in der Hand und roch nach Zigaretten.
»Alles in Ordnung, Mum?«
Sie sah ihn an. Er war ihr angebeteter Sohn, aber sie musste jetzt auch an Petra denken. »Es geht mir gut«, sagte sie. »Und was ist mit dir?«
»Was soll mit mir sein?«
»Ich meine, geht es dir gut? Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Klar«, sagte er. Er hob die Bierflasche, als wolle er ihr zuprosten. »Klar ist alles in Ordnung. Warum sollte es das nicht sein?«
Kapitel 2
In Anthonys Kindheit war das Gebäude, das jetzt sein Atelier war, eine verfallene Scheune gewesen, die als Abstellraum für den Rasenmäher und verschiedene ausrangierte halblandwirtschaftliche Maschinen gedient hatte. Es war ein düsterer, staubiger Schuppen gewesen, auf dessen morschen Balken waghalsige Schleiereulen nisteten, und im Sommer kreuzten dort Schwärme von Fledermäusen und Mauerseglern wild durch die Dämmerung. Anthonys Eltern nannten ihn nur die Rumpelkammer. Jedes Jahr verlor das durchhängende Dach ein paar weitere riesige Schieferplatten und das Gebäude sackte immer tiefer und krummer in die Erde, so dass die Türen nicht mehr in die Rahmen passten und die von Spinnweben überzogenen Scheiben aus den kleinen Fenstern in die Brennnesseln darunter fielen.
Es war Rachels Idee gewesen, die Scheune zu retten und daraus ein Atelier zu machen, Rachel, die aus dem bergigen Teil von Wales kam und der das flache Suffolk tiefstes Unbehagen bereitete, ebenso wie die – vielleicht noch schlimmere – Aussicht, in das Haus zu ziehen, in dem ihr Verlobter aufgewachsen war.
»Mein Gott, das müsstest du mal sehen«, hatte sie zu ihrer Schwester gesagt. »Ich meine, es ist ein reizendes Haus, aber sie leben dort seit Menschengedenken. Alles ist heilig, alles. Anthony findet alles perfekt.«
Rachels Schwester schlug sich mit ihrem Mann, einem engagierten Lehrer in einem Londoner Problemviertel, in einer Sozialwohnung durch, deren Eingangstür noch immer zersplittert war, seit mal jemand reingetreten hatte. Sie wollte nichts hören von riesigen, wenn auch verfallenen Suffolk-Häusern, die einem geschenkt wurden – geschenkt –, egal, wie viel lästiger Familienballast daran hing.
»Ich glaube, du hast verdammtes Glück, Rach.«
»Na ja. Es ist ein Glück, nichts kaufen zu müssen. Aber es ist kein Glück, eine vermodernde alte Bude zu erben, die man, bitte schön, verehren soll und nicht etwa
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