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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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verblasste, zitternde Grün. Ochsen brüllten und stöhnten in ihrem Joch, die Augen mit Haufen der rasenden Insekten verkrustet. Die Mhybe beobachtete ihre Rhivi-Brüder und -Schwestern, die zwischen den Tieren umhergingen, in den Händen eine Mischung aus Fett und den zerstoßenen Samen von Zitronengras, die sie um die Augen, Ohren, Nasen und Mäuler schmierten. Die Salbe hatte den Bhederin gute Dienste geleistet, seit sich die großen Rinder in der Obhut der Rhivi befanden; eine etwas verdünnte Version wurde auch von den Rhivi selbst benutzt. Auch die meisten von Bruths Soldaten hatten zu diesem Mittel gegriffen, das zwar stechend roch, aber wirksam war, während die Tiste Andii sich für die Insekten ganz offensichtlich als widerwärtig erwiesen hatten. Was die Mücken dieses Mal angezogen hatte, waren die Reihen um Reihen ungeschützter malazanischer Soldaten.
    Und noch ein Marsch quer über diesen vom Vermummten verlassenen Kontinent für diese müde Armee der Fremden:, diese Männer und Frauen, die so viele fahre lang nicht willkommen gewesen, die gehasst und gefürchtet worden waren. Unsere neuen Verbündeten tragen grau gefärbte Wappenröcke, und ihre farblosen Banner künden von unbekannter Loyalität. Sie folgen einem einzigen Mann, und sie fragen nicht nach Rechtfertigungen oder Gründen.
    Als die Sonne schräg durch die Wolken brach, die sich im Südwesten auftürmten, zog sie sich das raue Gewebe ihrer Kapuze über den Kopf. Sie saß mit dem Rücken zur Marschrichtung im Bett eines Rhivi-Wagens, die Augen auf den Tross und Kompanien malazanischer Soldaten gerichtet, die ihn flankierten.
    Verfügt auch Bruth über solche Loyalität? Er war der Kriegsherr, der der malazanischen Armee die erste Niederlage zugefügt hat. Die Malazaner waren in unsere Lande eingefallen. Unser Anliegen war eindeutig, und wir haben für den Kommandanten gekämpft, der dem Feind gewachsen war. Und jetzt sehen wir uns einer neuen Bedrohung für unser Heimatland gegenüber, und Bruth hat sich entschlossen, uns anzuführen. Doch sollte er uns in den Abgrund führen – würden wir ihm folgen? Und nun, da ich weiß, was ich weiß, würde ich es tun?
    Ihre Gedanken wanderten von dem Kriegsherrn zu Anomander Rake und den Tiste Andii. Auch sie waren Fremde in Genabackis, und doch kämpften sie, um diesen Kontinent zu verteidigen, kämpften für die Freiheit der Völker, die hier lebten. Rakes Herrschaft über die Tiste Andii war absolut.
    Ja, sie würden in den Abgrund marschieren ohne mit der Wimper zu zucken. Diese Narren.
    Und jetzt marschierten an ihrer Seite die Malazaner. Dujek Einarm. Elster. Und zehntausend standhafte Seelen. Warum hatten diese Männer und Frauen so ein unerschütterliches Ehrgefühl?
    Sie hatte angefangen, den Mut dieser Menschen zu fürchten. In der Hülle ihres Körpers wohnte ein gebrochener Geist. Sie war durch ihre eigene Feigheit entehrt, ihrer Würde beraubt, nicht länger eine Mutter. Selbst für die Rhivi verloren. Ich bin nichts weiter als Nahrung für das Kind. Ich habe sie in letzter ’Zeit nur von fern und nicht aus der Nähe gesehen – sie ist größer geworden, ihr Körper hat sich gerundet, ihre Hüften, ihre Brüste, ihr Gesicht. Diese Flickenseel war keine Gazelle. Sie verschlingt mich, diese neue Frau, mit ihren schläfrigen Augen, ihrem vollen, breiten Mund, ihrem wiegenden, herausfordernden Gang …
    Ein Reiter kam ans hintere Ende des Wagens; seine Rüstung klirrte, und sein staubiger Umhang flatterte, als er sein Schlachtross verlangsamte. Das Visier seines brünierten Helms war hochgeschoben und zeigte einen grau gesprenkelten, kurzen Bart unter harten Augen.
    »Wirst du mich auch wegschicken, Mhybe?«, grollte er, während er sein Pferd noch weiter zügelte, um mit dem Wagen Schritt zu halten.
    »Mhybe? Die Frau, die so genannt wurde, ist tot«, antwortete sie. »Du kannst wieder gehen, Elster.«
    Sie sah zu, wie er die Lederhandschuhe von den breiten, narbigen Händen zog, musterte diese Hände, als sie schließlich auf dem Sattelhorn lagen. Sie haben etwas von der Brutalität eines Maurers, aber sie sind trotzdem liebenswert. Jede Frau, die noch Leben in sich spürt, würde sich wünschen, von ihnen berührt zu werden …
    »Hör auf mit dieser Torheit, Mhybe. Wir brauchen deinen Rat.
    Korlat hat mir erzählt, dass du von Träumen gequält wirst. Du schreist auf angesichts einer Bedrohung, die sich uns nähert, irgendetwas Gewaltiges und Tödliches. Und dein Entsetzen ist fast

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