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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Stiefeln der beiden Frauen und den nackten Beinen des Rhivi-Mädchens zurückgelassen.
    Zweihundert oder mehr Schritte weit sah die Erde aus wie ein rot gefärbtes, zerrissenes Leintuch, zerrupft und zerrissen zu einem zerfetzten Durcheinander.
     
    Wie immer waren Kallors Gedanken düster.
    Asche und Staub. Diese Narren schwafeln und schwafeln immer noch im Kommandozelt. Was für eine Zeitvergeudung. Der Tod strömt durch die Gewirre – na und? Ordnung muss immer dem Chaos weichen, sie zerbricht unter den Strukturen, die sie sich selbst auferlegt hat. Der Welt wird es ohne Magier besser gehen. Ich für meinen Teil werde jedenfalls das Verschwinden der Magie nicht bedauern.
    Von der einsamen Kerze, die in dem Zelt brannte, und in die die zermahlenen Überreste eines seltenen Seewurms eingearbeitet waren, stieg dicker, schwerer Rauch auf, der das Zeltinnere bis in die letzte Ecke erfüllte. Schatten krochen unter den schwebenden Rauchwolken dahin. Flackerndes gelbes Licht brach sich auf einer uralten, oftmals ausgebesserten Rüstung.
    Kallor saß auf dem verzierten Eisenholz-Thron und atmete den belebenden Rauch tief ein. Alchemie ist keine Magie. Die Geheimnisse der natürlichen Welt halten mehr Wunder bereit, als ein Magier in Tausenden von Lebensspannen heraufbeschwören könnte. Die Jahrhundertkerzen zum Beispiel tragen ihre Bezeichnung zu Recht. So sickert jetzt eine neue Schicht Leben in mein Fleisch und meine Knochen – ich kann es bei jedem Atemzug spüren. Das ist auch gut so. Wer würde schon ewig leben wollen, wenn der Körper so hinfällig wäre, dass man sich nicht mehr bewegen könnte? Weitere hundert Jahre, im Verlauf einer einzigen Nacht gewonnen, aus den Tiefen dieser Säule aus Wachs. Und ich habe noch Dutzende davon …
    Es spielte keine Rolle, wie lang sich die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinzogen, es spielte keine Rolle, dass manchmal die grenzenlose Langeweile der Untätigkeit aufkam, die so sehr Teil des Lebens war, denn es hatte Augenblicke gegeben … Augenblicke, in denen ich handeln musste, schlagartig, entschlossen. Und alles, was zuvor nichts gewesen zu sein schien, war in Wahrheit Vorbereitung. Es gibt Geschöpfe, die jagen, ohne sich zu bewegen; wenn sie absolut reglos werden, sind sie am gefährlichsten. Ich bin genau wie eine dieser Kreaturen. Ich bin schon immer so gewesen, doch alle, die mich gekannt haben, sind … dahin. Sind Asche und Staub. Die Kinder, die mich jetzt mit all ihrem besorgten Geschnatter umgeben, sind blind für den Jäger in ihrer Mitte. Blind …
    Seine bleichen Hände umklammerten die Lehnen seines Throns, während er reglos dasaß und durch die Landschaften seiner Erinnerungen wanderte, sie wie Leichen aus dem Boden zerrte; er musterte ihre Gesichter einen. Augenblick aus nächster Nähe, ehe er sie wegwarf und weiterwanderte.
    Acht mächtige Magier, die sich an den Händen halten und gemeinsam die Stimme erheben. Sie suchen nach Macht. Voller Verzweiflung. Suchen diese Macht in einer weit entfernten, unbekannten Sphäre. Ohne irgendeinen Verdacht zu schöpfen und voller Neugier ist der fremde Gott von jenem fremden Ort näher gekommen, und dann ist die Falle zugeschnappt. Dann ist er heruntergestürzt, in Stücke gerissen, aber immer noch am Leben. Er ist heruntergezwungen worden, und dabei hat er einen Kontinent zerschmettert und Gewirre ausgelöscht. Er selbst war gebrochen, beschädigt, verkrüppelt …
    Acht mächtige Magier, die sich mir entgegenstellen wollten und so einen Albtraum entfesselt haben, der jetzt, Jahrtausende später, wieder erwacht. Diese Narren. Nun gut, sie sind Staub und Asche …
    Drei Götter, die mein Königreich angreifen. Ich hatte wohl zu viele Beleidigungen ausgeteilt. Meine Existenz war mittlerweile mehr als einfach nur ein Ärgernis, und so haben sie sich zusammengetan, um mich ein für alle Mal zu zerschmettern. In ihrer Ignoranz haben sie doch tatsächlich angenommen, ich würde nach ihren Regeln spielen. Entweder kämpfen, oder aber mein Königreich aufgeben. Meine Güte, was waren sie überrascht, als sie in mein Reich gekommen sind und festgestellt haben … dass niemand mehr am Leben war. Dass mein ganzes Reich nur noch aus verbrannten Knochen und lebloser Asche bestand.
    Sie konnten nicht verstehen – würden es niemals verstehen –, dass ich nichts aufgeben würde. Bevor ich all das, was ich geschaffen habe, irgendjemandem ausliefern würde, würde ich es lieber zerstören. Das ist das Vorrecht, des Schöpfers –

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