SdG 04 - Die eisige Zeit
etwas zu geben, und es dann wieder wegzunehmen. Ich werden nie den Todesschrei der Welt vergessen – denn es war die Stimme meines Triumphs …
Einer von euch ist noch übrig, verfolgt mich einmal mehr. Oh, ich weiß, dass du es bist, K’rul. Doch statt meiner hast du einen anderen Feind gefunden, und er tötet dich. Langsam und genüsslich. Du bist in diese Sphäre zurückgekehrt, nur um hier zu sterben, genau wie ich es vorhergesagt habe. Und hast du’s schon gewusst? Auch deine Schwester ist meinem alten Fluch zum Opfer gefallen. Ob sie sich wohl jemals erholen wird, bei dem bisschen, was noch von ihr übrig ist? Nicht, wenn ich es irgendwie verhindern kann.
Ein schwaches Lächeln stahl sich auf sein runzliges, blasses Gesicht.
Er kniff die Augen zusammen, als sich direkt vor ihm ein Portal zu bilden begann. Übelkeit erregende Macht wogte heraus. Eine Gestalt tauchte auf; sie war groß und hager und ihr Gesicht war zerschmettert – tiefe Schnittwunden klafften rot, Stücke gebrochener Knochen schimmerten im Kerzenlicht. Hinter dem Jaghut, der mit Augen wie flackernde Teiche aus Dunkelheit ganz entspannt dastand, schloss sich das Portal wieder.
»Ich überbringe Euch, Kallor, Grüße vom Verkrüppelten Gott«, sagte der Jaghut. »Euch und – «, er machte eine kurze Pause und blickte sich im Innern des Zelts um, »Eurem gewaltigen Reich.«
»Du bringst mich in Versuchung«, sagte Kallor krächzend, »das Elend, das dein Gesicht heimgesucht hat, noch ein wenig zu vergrößern, Gethol. Mein Reich mag vergangen sein, aber diesen Thron hier werde ich niemals aufgeben. Du müsstest doch am ehesten wissen, dass mein Ehrgeiz noch lange nicht gestillt ist, und ich bin ein geduldiger Mensch.«
Gethol stieß ein knurrendes Lachen aus. »Ach, teurer Kallor. Ihr seid für mich die Ausnahme von der Regel, dass Geduld eine Tugend ist.«
»Ich kann dich vernichten, Jaghut, ganz egal, wen du dieser Tage deinen Herrn nennst. Ich kann vollenden, was das tüchtige Wesen, das dich bestraft hat, angefangen hat. Zweifelst du daran?«
»Ganz sicher nicht«, erwiderte Gethol glatt. »Ich habe Euch das Zweihandschwert da schwingen sehen.«
»Dann lass deine spitzen Bemerkungen und sag mir, was du hier tust.«
»Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Eure … Konzentration unterbrochen habe. Ich werde Euch jetzt alles erklären. Ich bin der Herold des Verkrüppelten Gottes – oh ja, im Spiel der Drachenkarten ist ein neues Haus erschienen. Das Haus der Ketten. Die ersten Darstellungen sind bereits hergestellt worden. Und schon bald wird jeder, der die Drachenkarten liest, nach den neuen Karten suchen.«
Kallor schnaubte. »Und du glaubst, dieses Wagnis wird gelingen? Das Haus wird angegriffen werden. Wird ausgelöscht werden.«
»Oh, die Schlacht ist bereits im vollen Gange, alter Mann. Das muss Euch doch bereits aufgefallen sein … genau wie die Tatsache, dass wir gewinnen. «
Kallor kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Die Vergiftung der Gewirre? Der Verkrüppelte Gott ist ein Narr. Was hat es für einen Sinn, die Macht zu zerstören, die er braucht, um seinen Anspruch geltend zu machen? Ohne die Gewirre sind die Drachenkarten nichts.«
»Die Bezeichnung ›Gift‹ ist nicht ganz richtig, Kallor. Betrachte die Infektion eher als eine Methode, den Gewirren eine bestimmte Art von … Veränderung … aufzuzwingen. Es stimmt, diejenigen, die sich ihm widersetzen, sehen es als tödliche Manifestation, ja, tatsächlich ein ›Gift‹. Aber nur, weil der vordergründige Effekt der ist, dass die Gewirre für sie unpassierbar werden. Diener des Verkrüppelten Gottes hingegen, werden feststellen, dass sie die magischen Pfade auch weiterhin ungehindert benutzen können.«
»Ich bin niemandes Diener«, grollte Kallor.
»Im Haus der Ketten des Verkrüppelten Gottes ist die Position des Hochkönigs noch nicht besetzt.«
Kallor zuckte die Schultern. »Nichtsdestotrotz heißt das, dass ich mein Knie vor dem Angeketteten beugen müsste.«
»Vom Hochkönig werden solche Gesten nicht gefordert. Das Haus der Ketten existiert außerhalb des Einflussbereichs des Verkrüppelten Gottes – ist das nicht offensichtlich für Euch? Schließlich ist er angekettet. Gefangen im leblosen Bruchstück eines schon lange toten Gewirrs. Ans Fleisch der Schlafenden Göttin gefesselt – tja, das hat ihm dann auch das einzige Mittel verschafft, etwas zu tun, doch seine Möglichkeiten sind begrenzt. Ihr müsst verstehen, Kallor, dass der
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