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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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warf Bivatt ihr Pferd erneut herum und ritt rasch zurück zum Tal. Ich wurde überlistet. Muss an allen Fronten zurückschrecken, zurückweichen, reagieren - Rotmaske, dieser Tag gehört dir.
    Aber am Ende werde ich dich erwischen. Das schwöre ich.
    Ein Stück voraus konnte sie ihre Truppen auf dem Hügelkamm auftauchen sehen; sie zogen sich geordnet zurück, was bedeutete, dass sie nicht verfolgt wurden. Wie es schien, war Rotmaske zufrieden - er würde sich nicht aus dem Tal herauslocken lassen, trotz seiner dämonischen Verbündeten -
    Das Lager. Sie musste ihre Soldaten zu dem verdammten Lager zurückbringen - ich bete, dass die Edur den Angriff zurückgeschlagen haben. Ich bete, dass Brohl Handar nicht vergessen hat, wie ein Soldat zu denken.
    Ich bete, dass es ihm an diesem Tag besser ergangen ist als mir.
    Das Gestade ist blind für die See. Ich könnte genauso gut sagen, der Mond ist für immer vom Nachthimmel geflohen. Fröstelnd und erschöpft ritt Yan Tovis mit ihren drei Soldaten die tiefliegende, schmale Straße entlang. Dichte Baumgruppen säumten beide Seiten. Ihr Laub wirkte dort, wo es vom Mondlicht nicht erreicht wurde, schwarz. Von den hohen, steilen Böschungen reichten verflochtene, knorrige und tropfende Wurzeln wie Hexenhaare in der Dunkelheit herunter und kündeten davon, wie alt dieser Weg zur Küste war. Steine knackten unter eisenbeschlagenen Hufen, und in das Schnaufen der Pferde mischte sich das gedämpfte Knirschen von Rüstungen. Es waren immer noch zwei Glockenschläge bis zur Morgendämmerung.
    Blind für die See. Der Durst der See war nicht zu stillen. Diese Wahrheit konnte man daran erkennen, dass sie unaufhörlich an der Küste nagte, man konnte sie in ihrer hungrigen Stimme hören, konnte sie im bitteren Gift ihres Geschmacks spüren. Die Triller wussten, dass die Welt am Anfang nur aus Meer bestanden hatte, und dass es am Ende wieder so sein würde. Das Wasser würde ansteigen, würde alles verschlingen, und dieses Schicksal, das die Triller nur hilflos mitansehen konnten, war unausweichlich.
    Der Kampf des Gestades war schon immer der Kampf ihres Volkes gewesen. Die Insel, die einst heilig gewesen war, war entweiht, war von den Letherii in ein stinkendes Gefängnis verwandelt worden. Aber jetzt ist sie wieder frei. Zu spät. Vor vielen Generationen hatten Landbrücken die Inseln südlich des Fingers miteinander verbunden. Jetzt waren sie fort. Die Insel selbst erhob sich an allen Seiten von hohen Klippen begrenzt aus dem Meer - nur der einzige Hafen bildete eine Ausnahme. So war die sterbende Welt.
    Bei den Triller waren oft von Dämonen berührte Kinder geboren worden. Einige wurden vom Hexenzirkel auserwählt, und ihnen wurden die Alten Sitten beigebracht; die Übrigen wurden von den Klippen hinunter ins durstige Meer geworfen. Sterbliches Blut - ein armseliges Geschenk, das vorübergehend sein Verlangen milderte.
    Sie war vor vielen Jahren nicht ohne Grund weggelaufen. Das königliche Blut hatte wie Gift in ihren Adern gebrannt, das barbarische Erbe ihres Volkes Scham und überwältigende Schuldgefühle in ihr aufsteigen lassen. Mit der ungezähmten Lebenskraft der Jugend hatte sie sich geweigert, die barbarische Grausamkeit ihrer Vorfahren hinzunehmen, hatte sie sich geweigert, sich im süßlichen, erstickenden Nihilismus eines selbstverschuldeten Verbrechens zu suhlen.
    Doch all der Widerstand in ihr war ausgelöscht worden, als sie mit eigenen Augen die Geburt einer von Dämonen berührten Monstrosität gesehen hatte - die krallenbewehrten Hände und Füße, das schuppige, längliche Gesicht, der stumpfe Schwanz, der wie ein kopfloser Wurm gezuckt hatte, die grell-grünen Augen. Wenn der einzige Hinweis auf den Dämonensamen die krallenbewehrten Hände und Füße gewesen wären, hätte der Hexenzirkel dieses Neugeborene auserwählt, denn in dämonischem Blut lag wahre Macht, wenn nicht mehr als ein einzelner Tropfen durch die Adern des Kindes floss. Mehr davon - und das Geschöpf war eine Abscheulichkeit.
    Groteske Säuglinge, die durch den Schlamm am Meeresboden kriechen, Klauen, die im Dunkel Furchen ziehen, die Legion der See, die Armee, die auf uns alle wartet.
    Der Samen gedieh Generation um Generation in den schäumenden Wogen - dort, wo sie auf das Land schlugen. Hoch ans Ufer geschleudert, sank er in die Erde. Er hauste in lebenden Kreaturen, in Beute und Jägern; an Pflanzen gebunden; klebte an Gräsern, am Laub der Bäume - diesem Samen konnte man nicht

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