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Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Titel: Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann
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auch loben. Wien …« Genüsslich sprach er es aus. »Wiiien. Sagt sich gut. Besser als Duisburg, was?«
    »Ja. Und sieht auch besser aus, Wien. Besser als Duisburg. Ich glaube, Duisburg war immer schon hässlich. Schon vor dem Krieg. Ich glaub, Duisburg wurde durch die Bombardierung sogar eher schöner. Und ja, Wien klingt auch viel besser. Natürlich. Wiien. Wiie’n Tortenstück. Ja, wiie’n Kuchen. Vielleicht ein Geburtstagskuchen?«
    »Jetzt hör auf. Fängst du wieder an? Ich will keinen Kuchen, und ich will kein Fest. Ich finde eher vierzig Gründe, die gegen eine Party sprechen, als einen einzigen dafür. Warum sollte ich meinen vierzigsten Geburtstag feiern? Kannst du mir das verraten?«
    Ich konnte es ihm nicht verraten und sah aus dem Fenster. Auf einem Plakat wünschte der Wiener Bürgermeister allen Wienerinnen und Wienern einen erholsamen Sommer, in kurzem Hemd, das Sakko lässig über die Schulter geworfen. Wo immer man den Bügermeister auf Bildern sah, vermutete man hinter ihm ein Glas Weißwein oder ein großes Bier. König und Mundschenk in einer Person. Der Mann hatte ein Gesicht, das ohne Glas vorm Mund einsam wirkte. Ein anderes Plakat der Österreich-Werbung zeigte einen idyllischen Bergsee, ein hölzernes Bootshaus mit Steg und ein Pärchen, das ins Wasser sprang. Wann haben Sie das letzte Mal in Trinkwasser gebadet? lautete der Slogan.
    »Auch schön«, sagte ich.
    »Der Almsee ist das. Saukalt. Gletscherwasser. Viel Spaß, wennst da reinspringst. Dem Mann wird’s sein Zumpferl zerrissen haben wie dem Messner die Zehen. Das ist Patriotismus: für Österreich den Schwanz opfern!«
    »Ist das danach eigentlich immer noch Trinkwasser?«, murmelte ich, verwarf den unappetitlichen Gedanken aber gleich wieder.
    »Am Almsee hat der Konrad Lorenz, dieser Verhaltensforscher, seine Experimente mit den Graugänsen gemacht«, fuhr Robert fort. »Im Salzkammergut gibt’s ja viele Gänse – nicht alle sind Tiere. Gleich nebenan bei den Salzburger Festspielen sieht man praktisch nur welche. Alte, verschrumpelte Graugänse. Wusstest du, dass Graugänse – also die Tiere, meine ich –, dass die sich das Aussehen von Menschen merken? Die erkennen einen nicht am Geruch oder an der Stimme, sondern am Aussehen. Verrückt, oder? Der Lorenz ist 1989 gestorben. Nach zehn Jahren hat man eine lebensgroße Lorenzfigur gebaut, superecht hat die ausgesehen, selbst seine Schwestern haben gesagt, dass der künstliche Lorenz dem echten total ähnelt. Die Figur haben sie dann an den Almsee gestellt. Man wusste, dass noch Gänse leben, die als junge Gänse mit ihm gearbeitet haben. Und tatsächlich, sie sind alle gekommen und haben den alten Lorenz begrüßt.«
    »Wir könnten dir zum Vierzigsten auch eine Statue hinstellen«, sagte ich. »Als Zeichen unserer Zuneigung.«
    Robert lachte. »Wollt ihr nicht auch warten, bis ich ein paar Jahre tot bin? Ihr könntet mich ausstopfen und mit dieser Puppe Riesenpartys feiern.«
    »Ein Fest. Ein Abendessen. Du wirst vierzig!« Ich merkte selber, wie unsexy das klang.
    »Wenn ein Hundstrümmerl vier Tage lang auf der Straße liegt, gibt’s auch kein Fest«, seufzte er.
    »Bei aller Kritik, aber ich würde dich nie mit Hundescheiße vergleichen.«
    »Macht’s, was ihr wollt. Aber kein Fest!«, schloss Robert unmissverständlich die Diskussion.
    Schweigend fuhren wir weiter.
    »Dirk, mit dem dotterweichen D wie Damentoilette«, murmelte Robert plötzlich.
    »Bitte?«
    Der Blunznfett-Bub lachte. »Des is urgut«, rief der Junge. »Haaßt der Deitsche so?«
    »Ja, so heiße ich«, grummelte ich.
    Die Straßenbahn fuhr an einem Würstelstand vorbei, der den unglücklich gewählten Namen »Zum rostigen Wurstkessel« trug. Ich dachte an Frau Resch und ihre Zange und den Abend, als ich Robert kennengelernt hatte. Ich dachte an 1988, als es noch zwei Deutschlands gab und Córdoba erst zehn Jahre zurücklag. Als Sophie noch nicht meine Frau war, sondern anderen Jungs übers Haar strich, und ich bei »Kina« nur an China dachte und noch nicht an meine Tochter.

»Wie geht’s Ihnen außer schlecht?«
    »Wie’s mir geht? Gschissen.«
    Im Licht der Neonröhren verschwammen ihre grauen Haare mit dem grauen Gesicht zu einer grauen Wand zwischen Bergen von Würsten, Pfefferoni und eingelegten Zwiebeln. Ihr weißer Arbeitskittel sah aus, als hätte schon der Erfinder der Wurst in diesem Kittel geschlachtet.
    »Und Ihnen?« Während Frau Resch dies fragte, riss sie eine Wurst mit einem

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