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Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition)

Titel: Sechs Österreicher unter den ersten fünf: Roman einer Entpiefkenisierung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Stermann
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›Sind Sie Wiener?‹ – ›Ja, wieso?‹ – ›Das hört man‹, kam die Antwort, und der Mann trieb weiter. Ich hatte kein Wort gesagt. Merkwürdig, was?«
    »Vielleicht hast du so raunzend geschwiegen, dass er dich daran erkannt hat.«
    Robert raunzte irgendetwas und schwieg. Ich musste unwillkürlich grinsen.
    »Findest du es eigentlich ärgerlich, dass ihr Österreicher Deutsch sprechen müsst? Dass ihr keine eigene Sprache habt?«
    »Das ist unsere Sprache!« Robert fuhr auf. »Ihr habt sie uns weggenommen, so wie die Haydnhymne. Und was habt ihr Deutschen mit der Sprache gemacht? Wir sagen: ›Ich gehe in die Schule.‹ Ihr sagt: ›Ich gehe zur Schule.‹ Wie wär’s, wenn ihr Deutschen mal hineingehn würdet? Uns trennt …«
    »… die gemeinsame Sprache«, vollendete ich sein Lamento.
    Die Studentinnen aus Tel Aviv und Haifa, mit denen sich Robert während seines Zivildienstes bevorzugt beschäftigte, waren überwiegend bewaffnet, erzählte er mir. Seiner Meinung nach gab es wenig Geileres als eine Kompanie junger Frauen in Uniform mit umgehängter Maschinenpistole. Im Kriegsfall würde er sich denen sofort ergeben, in der Hoffnung, dass was geht. »Ich hab eben meinen Zivildienst ernst genommen. Während ich Sex mit den Soldatinnen hatte, konnten sie nicht auf Araber schießen«, posaunte der Friedensficker aus Wien. Das war wohl der Klassiker unter den sexuellen Phantasien von Zivildienern: junge bewaffnete Frauen in Uniform. Wehrpflichtige haben dafür wahrscheinlich Phantasien mit Frauen aus sozialen Berufen: Sex mit der Altenpflegerin oder der Behindertenbetreuerin. In Israel dauert die Wehrpflicht ewig, Zivildienst gibt es nicht. Den machen Deutsche und Österreicher, als Sühnearbeit.
    »Herrliche Sühnearbeit«, sagte ich. Robert nickte. Klaus, ein Freund von ihm, hatte seinen Zivildienst in Auschwitz gemacht. Er fuhr heute noch manchmal hin, wenn es dort eine Party gab, wo er dann auflegte. Er war DJ und hatte sich den etwas albernen Namen »Merchant of Venice« gegeben.
    In einer Diskothek in Auschwitz hatte er sich während des Zivildienstes in eine Kellnerin aus Krakau verliebt. Agnieszka arbeitete im jüdischen Viertel von Krakau, in Kazimierz, in einem für Touristen hergerichteten Schtetl-Lokal, dem »Rubinstein«. Dort gab es koscheres Essen und jeden Abend Klezmer-Musik. Nach seinem Zivildienst ging Agnieszka mit ihm nach Wien – die große romantische österreichisch-polnische Aussöhnung. »Ty wadna iestes!«, sagte DJ Merchant of Venice ihr noch immer mehrmals am Tag. »Du bist schön!«
    »Ty Alfons iestes! – Und du ein Trottel!«, antwortete sie dann.
    Für Klaus ist Auschwitz seitdem positiv besetzt. »Seine Großmutter dagegen schimpft heut noch, weil sie nicht versteht, was er dort gemacht hat«, erzählte Robert. »Weil sie meint, dass es gar keine Gaskammern gab. Da musst du mal dabei sein, bei ihr im Pensionistenheim, die sitzen alle zusammen vorm Fernseher und sagen: ›Das ist ein Jud, das ist einer, und das ist ein Jud. Die ist ein Jud, der ist ein Jud!‹ Den ganzen Tag sitzen sie so da. Die Deutschen waren begeisterte Nazis, aber schlechte Antisemiten, heißt es. Wir Österreicher waren dafür schlechte Nazis, aber begeisterte Antisemiten.«
    »Wie heißt das Pensionistenheim? Kurt-Waldheim-Stift?«
    »Nein, das ist so ein Gewerkschaftsheim. Da werden die Alten von Vietnamesinnen gepflegt. Klaus’ Oma hätte natürlich lieber ihren Enkel als persönlichen Zivildiener gehabt. Klaus hat ihr dann mal gesagt: Oma, bei mir würdest du verhungern. Ich würd dir nichts kochen, weißt du, warum? Ich leugne die Existenz von Gasherden. Aber die Oma hasst die freundlichen Asiatinnen. Sie sagt immer, dass sie diesen Frühlingsrollenduft nicht aushält. Findest du, dass Frühlingsrollen unangenehm riechen?«
    »Kommt wohl drauf an, was man reintut. Aber was hat sie denn gegen intensiven Geruch? Hitler soll ja sehr unangenehm aus dem Magen heraus gerochen haben«, sagte ich. »Jaja, da sieht man’s wieder«, erwiderte Robert, »ihr Deutschen habt euch viel mehr mit der Vergangenheit beschäftigt. Wir in Österreich glauben noch immer, dass Hitler ganz lieblich aus dem Mund roch. Wie ein Berchtesgadener Alpenveilchen.«
    »Nee. Der stank bestialisch. Wie vergorene koreanische Hundesuppe. Deshalb sprach er oft im Freien, weil sich das dann ein bisschen verflüchtigen konnte.«
    »Auf dem Heldenplatz hat man nichts gerochen?«
    »Doch. Aber man dachte, der Donaukanal sei

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