Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
Wagners Gesichtsausdruck zu schließen, war das gerade der Fall.
Er gab das Telefon an Janka zurück und sagte: „Sie kommt. Schon wieder. Und es sieht so aus, als wollte sie bleiben.“
Sola schluckte. „Für immer?“
„Zumindest länger.“
Die beiden Männer wechselten einen Blick, waren sich einig. Selten genug stimmte Sola der Meinung seines Chefs zu einhundert Prozent zu. Doch im Fall Corinna Schwartz hielt sich seine Begeisterung genauso stark in Grenzen wie Wagners.
5
Alfeld, Montag, der 5.9.2011
Lisa und Markus kamen zur gleichen Zeit am Polizeikommissariat in Alfeld an. Sie parkten ihre Autos nebeneinander und gingen gemeinsam in ihr Büro. Sie sprachen nicht viel. Lisa, weil sie morgens Anlaufzeit brauchte, Markus, weil er mit den Gedanken ganz offensichtlich woanders war. An seinem Bildschirm klebte eine Haftnotiz: „Ralf anrufen. Infos!“
Während Lisa beide Rechner einschaltete, wählte Markus die Nummer des Labortechnikers. Er hatte noch nicht die letzte Taste gedrückt, als es einmal leise klopfte und Ralf Schubert schon in der Tür stand. „Ich hab euch kommen sehen.“ Er setzte sich in die Fensterbank und konsultierte seine Unterlagen.
„Guten Morgen, lieber Ralf. Danke der Nachfrage, mir geht es auch gut“, sagte Lisa und hängte ihren Blazer in den Schrank.
Ralf schaute verwirrt von seinem Zettel auf. „Äh, ja. Fein, freut mich.“ Hilfe suchend blickte er zu Markus. Als der nur mit den Schultern zuckte, sprach er weiter: „Du hattest Recht, als der Finger abgetrennt wurde, war die Person, vermutlich ein Mann um die Fünfzig, bereits tot. Seinen Fingerabdruck haben wir nicht in der Datei.“
„Hast du eine Ahnung, wie lange der Mann schon tot ist oder wie lange der Finger in dem Versteck gelegen hat?“
„Dazu kann ich nicht viel sagen. Der Täter hat den Finger gekühlt und eingeschweißt. Vor dem Einschweißen scheint er die Luft weitestgehend aus der Tüte gesaugt zu haben. Vielleicht hat er ihn auch erst eingeschweißt und dann gekühlt, das lässt sich nicht so ohne Weiteres feststellen.“
Lisa hatte sich auf ihren Schreibtischstuhl gesetzt und hörte aufmerksam zu. „Das heißt, unser Täter hatte es von Anfang an geplant, diesen Finger in einem Cache zu verstecken?“
Ralf wackelte mit dem Kopf. „Weiß nicht, zumindest hat er den Finger abgetrennt und für eine spätere Verwendung, so gut es mit haushaltsüblichen Mitteln möglich ist, konserviert.“
Markus mischte sich ein. „Ich hätte noch ein paar interessante Fragen. Wer schneidet einer Leiche vorsorglich einen Finger ab? Wer hat Zugang zu Leichen, um so etwas tun zu können, ohne dass es auffällt?“
Bevor Ralf antworten konnte, warf Lisa ein: „Das ist eigentlich kein Fall für uns, oder? Leichenschändung fällt nicht in unser Aufgabengebiet.“
„Du könntest Recht haben“, wandte Ralf ein. „Wenn da nicht das Begleitschreiben wäre.“
„Das Gedicht?“, fragte Lisa. Für sie war noch gar nicht eindeutig geklärt, ob es wirklich vom Täter stammte oder ob es sowieso zu dem Cache gehörte. Vielleicht sollte das Rätsel einfach zum nächsten Versteck führen.
„Das Gedicht weniger, eher die zweite Titelzeile.“
„Eins von Acht!“, sagte Markus nachdenklich.
Lisa fuhr mit dem Stuhl ganz nah an die Tischkante und beugte sich zu den beiden Männern hinüber. „Ihr meint, der Typ hat jemandem acht Finger abgeschnitten und serviert sie uns jetzt einen nach dem anderen an irgendwelchen historischen Ausflugszielen in Brotdosen mit Kinkerlitzchen?“
„Vielleicht nicht nur Finger. Aber ich frage mich, warum ausgerechnet uns?“
„Warum acht? Der Tote hat doch zehn Finger, oder passen Daumen nicht in so einen Plastikcache?“
Ralf wich ein Stückchen von Lisa zurück. „Tja, deswegen ist es eben doch ein Fall für euch, sagt unser Chef Meckler, ich soll es ausrichten. Er will vorläufig nicht, dass etwas an die Öffentlichkeit dringt. Stellt euch das Gedränge mal vor, wenn die Presse berichtete, dass es im Hildesheimer Land Leichenteile zu finden gibt.“
Lisa schüttelte sich. „Glaubt ihr wirklich, so etwas lockt die Leute an?“
„Definitiv!“, sagten die beiden Männer und klatschten sich ab.
„Der Chef will euch kurz vor Schichtende selber sprechen“, sagte Ralf. „Dann könnt ihr alles ausführlich besprechen.“
„Herr Meckler kommt heute noch einmal zu uns rein?“, fragte Markus überrascht. „Ich dachte, der wäre auf einer Tagung in Lüneburg.“
„Nur
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