S.E.C.R.E.T. 1
liebte, und gab ihr den Vorzug vor S.E.C.R.E.T. Und ich war dankbar, so ungeheuer dankbar, dass mir diese Entscheidung so leicht fiel. Die sexuelle Emanzipation der Cassie Robichaud war abgeschlossen.
Zugegeben, ein Teil von mir würde die Aufregung vermissen. Und es war herrlich, den Frauen bei S.E.C.R.E.T. , wie Matilda, Angela und Kit, schwesterlich verbunden zu sein. Nun konnte ich mir lediglich ausmalen, wie es wäre, anderen Frauen bei der Verwirklichung ihrer Fantasien zu helfen und das Gelernte weiterzugeben. Aber ich wünschte mir ein Leben mit Will. Etwas in meinem Inneren wusste, dass es erfüllend, voller Liebe und Glückseligkeit sein würde. Er hatte mir bereits bewiesen, dass der Sex mit ihm alles war, was ich brauchte, wollte oder von dem ich je zu träumen gewagt hatte. Und ich war bereit, das Gleiche für ihn zu tun.
Nein, nichts konnte mir an diesem Tag die Stimmung verderben.
Doch dann sah ich, wie Tracina schleppenden Schrittes um die Ecke bog. Ich beobachtete, wie sie darauf wartete, dass der mit Mineralwasserkisten beladene Truck vorbeifuhr, bevor sie langsam die Frenchmen überquerte, die Arme fest um den Körper geschlungen. Plötzlich fühlte ich mich schuldig, obwohl ich nichts Falsches getan hatte. Sie hatten sich getrennt. Wir waren nicht miteinander befreundet. Ich schuldete ihr gar nichts.
Trotzdem floh ich in den hinteren Bereich des Cafés und befasste mich eifrig mit der Zubereitung der Sandwiches. Mir sank das Herz, als ich die Türglocke hörte. Sie begrüßte ein paar Stammgäste. Warum war sie schon so früh hier? Schnell warf ich ein paar Dutzend Brotscheiben auf die Teller, als wollte ich Karten austeilen.
»Hey«, sagte sie.
Ich zuckte zusammen. »Ah!«
»Wow, Cassie, nur die Ruhe. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
Ich stieß ein nervöses Lachen aus. »Schon gut. Ich bin heute etwas schreckhaft.«
Sie fragte mich nach der Show. Sie hatte bereits mitbekommen, dass ich nun doch getanzt hatte.
»Ich habe mich zum Narren gemacht«, sagte ich und zuckte die Achseln.
»Da hab ich aber was anderes gehört.«
Sie wusste etwas. Das merkte ich an ihrer Stimme. Will und ich hatten das Blue Nile Hand in Hand verlassen.
»Ich bin einfach nur froh, dass es vorbei ist«, sagte ich und verteilte großzügig Mayonnaise auf die Brote, wobei ich es vermied, sie anzusehen.
»Weißt du, wo Will ist?«
»Äh … ich glaube schon, ja.«
»Er ist diese Nacht nicht nach Hause gekommen«, sagte sie und zog den Mantel enger um sich.
Ich hätte am liebsten geschrien: Was meinst du mit »nach Hause«? Ihr beiden habt euch getrennt. Er schläft schon seit zwei Wochen hier oben über dem Café! Das hat er mir erzählt.
»Hast du zufällig gesehen, wie er gestern Abend gegangen ist?«
»Nein«, log ich.
»Warst du nach der Show mit den anderen Mädchen noch im Maison ?«
»Nein, ich bin gleich nach Hause.«
»Ach, deshalb hab ich dich dort nicht getroffen.«
Mir gefror das Blut in den Adern. Ihre Anspielungen waren eindeutig. Ich geriet in Panik. Würde sie mir die Augen auskratzen, mir die Zähne einschlagen? Gütiger Gott, wo blieb denn nur Will?
»Will sagte, dass du dich gestern nicht wohlgefühlt hast. Geht es dir heute besser?«, fragte ich.
»Ja, durchaus. Morgens ist es immer am schlimmsten. Ich meine, schau dir nur meine Haut an«, antwortete sie.
Widerstrebend sah ich ihr ins Gesicht und musste zugeben, dass ihre Haut etwas fahl wirkte. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen. »Aber der Arzt sagt, dass die Morgenübelkeit vorbei ist, wenn ich ins zweite Drittel komme.«
Zweites Drittel? Was zum –?
»Bist du …?«
»Schwanger? Ja, Cassie, das bin ich. Aber diesmal habe ich erst mal gewartet, denn ich war schon mal schwanger, und dann hat es doch nicht geklappt. Ich wollte es erst sagen, wenn ich sicher bin. Und jetzt … bin ich sicher.« Sie legte eine Hand auf den Bauch, der sich bei näherer Betrachtung tatsächlich leicht wölbte.
»Weiß … Will Bescheid?«
Sie sah mir in die Augen. »Er weiß es. Ich habe ihn angerufen. Vor etwa einer Stunde. Er ist gleich zu mir gekommen.«
Das musste genau zu dem Zeitpunkt geschehen sein, als ich kurz nach Hause gegangen war, um mich umzuziehen.
»Was hat er gesagt?«
»Er war so glücklich, dass er … fast in Tränen ausgebrochen wäre. Kaum zu glauben, nicht wahr?«, sagte sie, und auch ihr traten nun die Tränen in die Augen.
Dass Will bei diesen Neuigkeiten zum Heulen zumute war, konnte ich mir lebhaft
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