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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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typisch trotzigen Gesichtsausdruck die Trophäe der Grafschaft auf dem Schoß. Ganz plötzlich überkam mich ein überwältigendes Gefühl von Nostalgie - mein Erinnerungsvermögen kommt leicht auf Touren und auf der Suche nach anderen Gespenstern aus der Vergangenheit schaute ich die herumliegenden Bilder durch.
    »Kram hier nicht rum«, sagte meine Mutter verärgert. »Ich bin schon den ganzen Morgen damit beschäftigt.«
    »Etwas, was ich immer gehasst habe«, sagte ich, als ich mein dreizehnjähriges Ich betrachtete, lange Haare, straff aus dem Gesicht gekämmt und zu einem Pferdeschwanz gebunden, die spindeldürren Beine von Turnschuhen bis Schlüpfer schmal wie die Knöchel, »war, die Dünnste in der Klasse zu sein.«
    »Du warst nicht dünn«, sagte sie defensiv. »Du hast immer genug zu essen bekommen.« Meine Mutter kann die seltsamsten Dinge persönlich nehmen. Sie riss mir das Foto aus der Hand. »Das ist nie im Leben meine Abigail«, sagte sie und kniff die Augen zusammen. Und dann, als ihr klar wurde, dass diese Behauptung nicht aufrechtzuerhalten war, sagte sie mit einem Schnauben: »Also, das würde ich nicht als dünn bezeichnen.«
    In der Küche war mein Vater gerade dabei, ein neues Spielzeug auszupacken: eine riesige, glänzend schwarze Cappuccino-Maschine, die die Hälfte einer Arbeitsplatte einnahm. Seitdem er das Pfeiferauchen aufgehört hat - weil ihm aufgefallen war, dass er nicht mehr mit Mutters scharfem Tempo durch Museen und Kunstgalerien mithalten konnte, ohne zu keuchen ist er immer süchtiger nach modernen Hightech-Geräten geworden: nach allem, womit er seine Hände beschäftigen kann.
    »Hallo«, sagte er und blies Staub von der Glaskanne, bevor er sie auf ihren Platz stellte. »Kann ich dir was zu trinken anbieten?«
    »Ich hätte wahnsinnig gern eine Tasse Tee«, sagte ich, ohne nachzudenken. »Kaffee, meine ich.«
    »Kolumbianischen, brasilianischen, kenianischen, costaricanischen, nicaraguanischen oder entkoffeinierten«, fragte er und holte ein halbes Dutzend ungeöffneter Päckchen aus der Einkaufstüte vor sich.
    »Egal«, sagte ich und dachte dann, ach, sei kein Spielverderber. »Kolumbianischen.« Ich sah ihm zu, wie er mit einer kleinen Plastikschaufel sorgfältig die Bohnen abmaß, sie in die Mühle gab und dann an der Kurbel drehte.
    »Hast du heute Abend ein Konzert?«, fragte er, während er das Pulver in den Metalltrichter löffelte und feststampfte, wobei sein Gesicht einen verzückten Ausdruck bekam.
    »Ja. Eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Zu Gunsten der ariden Gebiete oder so was.«
    »Sehr poetisch. Und wo soll das sein?«
    »Äh ... Im Senegal, glaube ich.«
    »Ich meinte das Konzert.«
    »Im Barbican. Willst du mitkommen? Der Eintritt kostet nur hundert Pfund.«
    Seine Augenbrauen schössen in die Höhe. »Einhundert Pfund. Das ist eine ganze Wand einschließlich Decke und Leisten. Außerdem müssen wir noch all diese Sachen entrümpeln - und packen.« Sie wollten in Urlaub fahren während die Maler da waren: diesmal Florenz. Mich haben sie nie nach Florenz mitgenommen. Es war anderen überlassen geblieben, mir die Schönheiten des Kontinents zu zeigen.
    Über das Räusper- und Spuckgeräusch der Kaffeemaschine hinweg sprach mein Vater über die Urlaubsreise, die bis ins letzte Detail geplant war. Sie würden in einem billigen Hotel absteigen - ein ehemaliges Kloster -, etwas außerhalb des Stadtzentrums, aber es hatte ein eigenes Restaurant, sodass sie sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr hinauswagen mussten. Tagsüber war ein mörderisches Besichtigungsprogramm angesagt: Galerien, Kirchen und Palazzi. Sie würden alle Sehenswürdigkeiten der Renaissance abklappern, und wenn sie dabei draufgingen. »Anscheinend ist der Eintritt zu all diesen Museen und so weiter für Greise frei«, sagte er, stellte eine Kanne Milch unter die Dampfdüse und schäumte sie zur Konsistenz rohen Baisers auf. »Wir werden ein Vermögen sparen. Hier.« Er reichte mir eine große Tasse mit etwa einem Zentimeter Kaffee und einem steifen Gipfel aus Milch. Ich sah, dass mein Durst ungestillt bleiben würde. »Oh, warte. Lass es uns richtig machen.« Er nahm mir die Tasse wieder ab. »Zimt? Muskat? Geriebene Schokolade?«
    Ich sah auf meine Uhr: Ich musste noch mein Festgewand aus der Reinigung holen. »Was am schnellsten geht.«
    Als ich ging, meine geretteten Sachen in einer Kiste hauptsächlich alte Schulbücher, Cellonoten für Anfänger, Briefe., Badminton- und

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