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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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dann den beiden Beamten entgegen.
    Die stürzten sich mit blitzenden Schwertern auf ihn. Chaison hatte solche Situationen seit Monaten unermüdlich durchgespielt – mit Fluchtszenarien hatte er sich seinen Verstand bewahrt – und war bereit. Er setzte den Schlagstock ein wie den Dolch in einem beidhändigen Kampf, ließ ihn an der Klinge des ersten Gegners entlang gleiten, verwand sich dabei, knickte mitten in der Luft in der Hüfte ab und trat mit beiden Füßen gegen das Gesicht des Mannes. Schon hielt er dessen Schwert in der Hand und drehte sich um. Zu spät, der andere hob bereits den Arm und ließ seine Klinge niedersausen …
    â€¦ verfehlte aber sein Ziel, weil ein zerlumpter, höchstens zwölf Jahre alter Junge ihn von der Seite her ansprang. Bevor der Wärter sein Schwert gegen den neuen Angreifer richten konnte, sprang Chaison ihm nach, stach zu und heftete ihm den Unterarm an die Wand.
    Der Wärter heulte auf, der Junge drehte sich um, und Chaison konnte ihn zum ersten Mal seit Monaten richtig ansehen.
    Ein Kobold von einem Kind, abgemagert, mit hohlen Wangen und schwarzen Augen, die wie Murmeln tief in ihren Höhlen lagen, alles umrahmt von einem Kranz aus fettigem schwarzem Haar – Chaison zögerte kurz, glaubte schon, die falsche Zelle geöffnet zu haben. Dann sprach die Erscheinung, und die atemlose Stimme
räumte alle Zweifel aus. »Sir! Sie sehen verboten aus, wenn ich das sagen darf!«
    Chaison lachte. »Du hast es nötig, Martor! Hast du genügend Kraft, um ein Schwert zu führen? Vielleicht kommen noch mehr.«
    Martors Lächeln war eine hässliche Fratze. »Die Dummköpfe haben mich immer wieder rausgelassen, damit ich meine Runden im Hamsterrad laufe. Ich bin gut in Form.« Er wies mit dem Daumen auf die Zellentüren. »Was ist mit denen?«
    Â»Ich würde sagen, wir lassen ein paar davon frei. Sie können die anderen beschäftigen, während wir uns aus dem Staub machen.«
    Â»Wir? Von welchem ›wir‹ ist hier die Rede?«
    Martor und Chaison wechselten einen erstaunten Blick. Die Stimme war aus einer der Zellen gekommen, und sie klang vertraut. Chaison trat an die glatte Eisentür und klopfte. »Entschuldigen Sie?«
    Â»Bin ich Teil Ihres Beschäftigungsprogramms?«, fragte die Stimme. Sie hatte einen gebieterischen Unterton, als wäre der Sprecher einmal Redner oder Sänger gewesen – aber jetzt klang sie dünn und verzweifelt. »Ist dies nach so langer Zeit die einzige Rolle, die Sie mir in Ihrer Inszenierung zugestehen?«
    Chaison zwinkerte verdutzt. »B-Botschafter?«
    Â»Wofür halten Sie mich denn, Sie Trottel? Ich bin genau der Richard Reiss, den Sie aus einem angenehmen Leben im Überfluss herausgerissen und mit auf Ihre selbstmörderische kleine Mission geschleppt haben. Wenn Sie diese Tür nicht auf der Stelle öffnen, wird mein gerechter Zorn über den Diebstahl meines Lebens und meines guten Namens über Sie kommen. Öffnen Sie,
Sir, wenn Ihnen Ihr Land und Ihre Landsleute lieb sind!«
    Â»Heiliger Strohsack, er ist es tatsächlich«, rief Martor und riss die Tür auf. Der Blick der beiden fiel auf struppiges graues Haar und ein wütend funkelndes Augenpaar. Nur das tiefrote Feuermal auf der Wange war noch das alte.
    Â»â€¦ Oder wollten Sie mich nach so langer Zeit einfach im Stich lassen?« Reiss schien den Tränen nahe.
    Chaison warf ihm den Schlagstock zu, der Botschafter fing ihn ungeschickt auf. »Niemals«, beteuerte der Admiral. »Ich habe auf eine gesicherte Befreiung verzichtet, um Sie zu holen. Wenn Sie Ihre Heimat jemals wiedersehen wollen, dann kommen Sie jetzt mit uns.«
    Die beiden Männer und der Junge drehten sich um und eilten auf das Licht zu.
    Â 
    Der kleine Schlepper setzte sich vor das Fenster der Verhörzelle. Männer kletterten auf den Rumpf und feuerten auf die wenigen Beamten, die sich noch im Gebäude befanden. Venera warf einen Greifhaken über die schmale Lücke. Er verfing sich in den Gitterstangen vor dem Fenster. Auf ihr Kommando begann eine gefederte Seilwinde zu surren, die Stangen knackten, quietschten und flogen schließlich aus der Mauer.
    Venera steckte zuerst die Läufe zweier Pistolen und dann ihren Kopf in den Raum. Sie streifte die Leiche des Vernehmungsbeamten mit finsterem Blick, und sah den zweiten Mann, der immer noch das Podest umklammert hielt, mit

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