Sehnsucht der Dunkelheit (German Edition)
sich ihm endlich zuwandte. »Portal – Morgen Nacht?«
Portal . Er kannte dieses Wort. Sie verwendete es oft genug.
»Morgen Nacht«, bestätigte er. Sie konnte es kaum erwarten, wieder nach Hause zurückzukehren, und hatte ihm erklärt, dass sie morgen um Punkt Mitternacht diese Ebene verlassen würden. Er hatte immer noch nicht herausbekommen, warum sie überhaupt hier in Oblivion war oder warum sie so fest davon überzeugt war, dass sich ein Portal öffnen würde, damit sie heimkehren konnte. Er wusste nur, dass er mit ihr gehen würde. Im Augenblick war das genug.
22
Nur noch sechzehn Stunden, ehe sie von hier verschwinden würden, und Carrow hatte Gefühle entwickelt für den Dämon, den sie zu verraten plante.
In einem Moment der Verzweiflung hatte sie gestern versucht, Malkom ihre Lage zu erklären, ihn um Hilfe zu bitten, obwohl er weder die Wörter Sterbliche oder Erpressung noch kidnappen oder Tochter verstand. Am Ende hatte sie eine Strichmännchen-Carrow gezeichnet, die Hand in Hand mit einem kleinen Strichmännchen-Mädchen dastand, und dann hatte sie ihre Hand aufs Herz gepresst.
Er hatte gedacht, sie wollte ein Baby. Als sie ihm mithilfe von Zeichensprache nachdrücklich zu verstehen gab, dass das in keinem Fall ihr Wunsch war, wirkte er verletzt, zog sich eilig die Stiefel an und stürmte davon, um zu jagen.
Und heute Morgen konnte sie sich einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren, sondern zermarterte sich das Hirn nach einer Alternative, um ihn nicht verraten zu müssen. Vielleicht hätte sie sich am zweiten Tag ihres Aufenthaltes auf dieser Ebene darum bemühen sollen, andere Dämonen zu finden, die ihr helfen konnten.
Doch zu diesem Zeitpunkt war Malkom ihr noch so brutal erschienen, so völlig unbegreiflich. Ihn zu verraten, hatte ihr nichts ausgemacht. Sie hatte ja nicht ahnen können, dass sie jemals Gefühle für ihn entwickeln würde.
Was würde Ripley tun? Sie würde mit Sicherheit das Waisenkind von der Insel retten.
Halt dich an die Fakten, Carrow. Selbst wenn sie mit Malkom kommunizieren und ihm von ihren Plänen erzählen könnte, dann würde es ihre Chancen sicher nur vermindern, ihn zum Portal zu locken. Möglicherweise würde er sich weigern zu kooperieren. Schließlich kannte sie ihn noch nicht einmal eine ganze Woche.
Sie entschied, dass es ein zu großes Risiko darstellte, ihm alles zu verraten.
Aber selbst wenn sie sicher wäre, dass er mit ihr käme, könnte sie ihm doch niemals begreiflich machen, welche Gefahren auf ihn warteten. So oder so würde er das Portal entweder vollkommen oder aber zumindest teilweise ahnungslos betreten.
Carrow rieb sich die Stirn. Sie fühlte sich absolut überwältigt, weil sie es überhaupt nicht gewohnt war, Schuldgefühle wegen ihrer Handlungen zu verspüren oder Angst um jemanden zu haben, der von ihr abhing. Tue ich das Richtige? Wenn jemand Probleme hatte, konnte er sich normalerweise mit jemandem austauschen, mit Freunden oder Familienangehörigen, die ihm halfen, die richtige Entscheidung zu treffen. Carrow aber war im Blindflug unterwegs, und das auch noch in unbekanntem Gelände.
» Ara? «
Ihr Kopf fuhr hoch. »Häh? Wo waren wir?«
Doch seine Miene war ernst, der Unterricht vergessen. Er verschränkte die Finger. »Wir sind gebunden.«
» Gebunden ?«
Er holte ein Stück Seil und verknotete es.
»Oh, du meinst verbunden ?«
Er nickte und zeichnete etwas in den Sand.
Das Zeichen für unendlich ? »Schlauer Dämon, woher kennst du das denn?«
Er sah sie mit fragendem Blick an.
»Für immer verbunden?« Irgendwie gelang es ihr, ihm in die Augen zu sehen. »Ja, Dämon. Für immer verbunden«, log sie.
Als ob er darauf aus wäre, ihr schlechtes Gewissen noch zu vergrößern, zog er sie in die Arme und drückte ihr Gesicht an seine breite Brust.
»Carrow gehört Malkom«, sagte er mit tiefer, grummelnder Stimme.
Sie hätte am liebsten losgeheult.
»Ja?«
»Ja«, erwiderte sie. Sie wünschte, es wäre so einfach zwischen ihnen. Dämon trifft Mädchen. Mädchen verliebt sich möglicherweise in Dämon.
Aber wenn sie nicht in diese ganze mörderische Geschichte hineingezogen worden wäre, wäre sie auch niemals hierhergekommen und hätte ihn niemals kennengelernt.
Er legte sein Kinn auf ihren Kopf und ihre Hand auf sein Herz. Es klopfte gegen ihre Handfläche.
Ich habe es zum Schlagen gebracht. Vielleicht hatte das Schicksal sie ja zu Recht vereint? Irgendwie gelang es ihnen mit vereinten Kräften, Malkoms
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