Sehnsucht und Erfüllung
waren.
“Shane?”
Als er merkte, dass er ihre Teller immer noch umklammert hielt, stellte Shane sie schnell auf den Tisch. “Ja?”
“Ich weiß, warum du Kelly hast gehen lassen und sie ermutigt hast, Jason eine Chance zu geben.”
“Das ist doch egal …”
“Nein, ist es nicht. Du wolltest nicht, dass Brianna darunter leidet, vom Leben ihres Vaters ausgeschlossen zu sein. So wie damals du.”
“Das habe ich dir doch längst verziehen, Dad.”
“Aber es hat immer noch Auswirkungen auf dein Leben. Deine Entscheidungen.” Tom atmete tief durch. “Kelly liebt dich, mein Sohn.”
Shane bekam Herzklopfen. “Hat sie das gesagt?”
“Nein, das brauchte sie nicht.”
Stunden später saß Shane auf seiner Bettkante und nahm den Telefonhörer auf. Die Bemerkung seines Vater, dass Kelly ihre Liebe nicht in Worte zu fassen brauchte, ging ihm nicht aus dem Sinn. Er wählte die von der Auskunft erhaltene Nummer und wartete, dass jemand ans Telefon ging.
Als sich ein Mann meldete, straffte Shane die Schultern. Sein erstes Gespräch mit Jason Collier nahm seinen Lauf.
Zwei Tage später saß Kelly mit ihrer Mutter beim Frühstück. Ihre Mutter hatte Pfannkuchen gebacken, doch sie hatte keinen Appetit. Das Margeritensträußchen war auch eine liebe Geste, aber es erinnerte sie nur an die Wildblumen, die Shane für sie im Regen gepflückt hatte. Sie vermisste Shane schrecklich.
“Iss auf, meine Liebe, sonst kommst du zu spät.”
Kelly seufzte. “Na schön.” Während sie ihre Pfannkuchen aß, grübelte sie darüber, ob ihr Schmerz wohl je vergehen würde.
Ihre Arbeitszeit hatte Kelly so eingeteilt, dass sie immer dann arbeitete, wenn ihre Mutter zu Hause war, also auch an den Wochenenden und abends. Denn sie beide wollten nicht, dass Brianna von Fremden betreut wurde.
“Ich bin stolz auf dich”, sagte Linda. “Du hast dich richtig verhalten, was Jason betrifft.”
“Danke, das bedeutet mir viel.” Jason zu sagen, er solle sich zum Teufel scheren, war denkbar leicht gewesen. Sie wollte sein Geld nicht. Sie würde allein für Brianna sorgen. Sie würden nicht gerade reich sein, aber mit Überstunden würde sie auch Ferien und Kindergeburtstage möglich machen. Und ihre Mom würde ihr immer zur Seite stehen.
Linda trank einen Schluck Tee. “Es tut mir leid, dass er dich verletzt hat.”
“Meine Gefühle für Jason waren nur eine Schwärmerei. Ich sorge mich vielmehr um Brianna. Sie verdient etwas Besseres.”
“Liebes, ich habe Shane gemeint.”
Kelly stockte der Atem. Wie viele Jahre würden vergehen, bis sie aufhörte zu denken, wo er wohl gerade war, was er machte? “Ist schon gut, Mom. Ich werde es überleben.” Weil sie es musste. Weil sie ein Kind großziehen musste. Ein süßes kleines Mädchen mit ihrer hellen Haut, Jasons klaren blauen Augen und Shane Night Winds warmherzigem Lächeln.
Shane betrat das Restaurant und sah sich um. Er war noch nie in einem Countryclub gewesen, und ihm war bewusst, dass er mit seinen Jeans und Cowboystiefeln hier fehl am Platz war. Aber er hatte nun einmal zugestimmt, Jason Collier in dessen Golfclub zu treffen.
Als die Empfangsdame ihn an einen Tisch geleitete, sah er sich seinem Rivalen zum ersten Mal gegenüber. Jason erhob sich und reichte ihm zur Begrüßung die Hand.
Er nahm Jason gegenüber Platz, und ihm fiel sofort dessen Augenfarbe auf. Strahlend blau, wie Briannas Augen.
“Sie sind also aus Texas. Ganz der große, starke Cowboy.”
“Entschuldigung”, widersprach Shane, dem Jasons spöttischer Unterton gar nicht gefiel. “Ich bin wohl eher der große starke Indianer. Die Komantschen sind ein kriegerischer Stamm.”
Jason lehnte sich lässig zurück, aber Shane merkte, dass ihm die versteckte Warnung nicht entgangen war.
“Hm.” Jason betrachtete seine manikürten Nägel, dann sah er hoch. “Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob wir uns offen und ehrlich unterhalten werden. Vielleicht hat Kelly Sie ja geschickt, um mir die Hölle heiß zu machen. Oder den Einsatz in die Höhe zu treiben.”
“Kelly weiß nicht, dass ich hier bin. Und Ihr Geld ist auf keinen Fall der Grund für dieses Treffen.”
Als die Serviererin das obligatorische Eiswasser brachte, bestellte Jason sein Lunch, Shane dagegen lehnte dankend ab.
“Okay, wir wollen uns also offen und ehrlich unterhalten”, griff Jason das Gespräch auf.
“Das ist richtig. Ich möchte Ihre Tochter adoptieren. Und Kelly heiraten, falls sie mich nimmt.”
“Schön.”
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