Sehnsuchtsvolles Wiedersehen (German Edition)
gerechnet, aber die Ansage gehörte wohl zu den vernünftigsten, die er in letzter Zeit gehört hatte.
„Das hatte ich auch nicht vor.“ Oliver bewegte den Kopf in eine bestimmte Richtung. „Siehst du den Kerl dort?“
„Ja, den sehe ich. Mir ist schon aufgefallen, dass du ihn ständig beobachtest. Kennst du ihn?“
„Ja, das ist mein Ex!“
„Verdammter Mist!“ Flüchtig dachte Tobias über etwas nach. „Und warum, wenn ich fragen darf, macht ihr ausgerechnet auf demselben Schiff und dann auch noch zeitgleich Urlaub?“
„Tun wir nicht. Eigentlich hat er sich von mir getrennt, und jetzt will es der Zufall, dass wir zur selben Zeit am selben Ort sind.“
„Das hört sich ja sehr verwirrend an.“
Oliver nickte zustimmend und sah sein Gegenüber, das ihm sehr sympathisch schien, aufmerksam an.
„Du bist noch nicht drüber hinweg, oder?“, fragte Tobias mit zusammengekniffenen Augen weiter.
Oliver schüttelte bestätigend den Kopf. „Nicht wirklich. Ich hatte eigentlich vor, mich hier vom Alltagsstress zu erholen, aber das kann ich jetzt mit Sicherheit vergessen.“
Tobias grinste schelmisch in sich hinein, und seine Augen wurden wieder größer. „Wer sagt das? Mach ihn doch eifersüchtig!“
„Das hat doch keinen Sinn“, erwiderte Oliver resigniert.
Eine kurze Pause entstand. Tobias schien erneut zu überlegen, ehe er weiterfragte. „Warum habt ihr euch überhaupt getrennt? Hattet ihr Streit?“
Gelassen antwortete Oliver: „Nein, ganz im Gegenteil. Unsere Beziehung verlief sehr harmonisch. Doch er wollte unbedingt für ein Jahr in die Staaten gehen – in vier Wochen soll es losgehen. Er bildete sich ein, unsere Partnerschaft würde das nicht überstehen und trennte sich von mir – aber das habe ich dir ja schon erzählt.“
„Warum glaubst du, denkt er das? Könnte ein anderer Mann im Spiel sein?“
„Keine Ahnung. Zu dem damaligen Zeitpunkt wohl eher kaum. Aber wenn ich ihn jetzt so beobachte, dann bin ich mir nicht mehr sicher. Ich scheine ihm ja nicht wirklich abzugehen.“ Erneut betrachtete Oliver seinen Gesprächspartner nachdenklich.
„Das glaube ich eher weniger. Er schaut die ganze Zeit zu uns herüber … Sieh jetzt aber bloß nicht zu ihm. Lass ihn ruhig in dem Glauben, du hättest einen Neuen - und mach ihn eifersüchtig!“ Tobias lachte schadenfroh. „Einen Versuch ist es allemal wert! Du hast doch nichts zu verlieren, sondern nur etwas zu gewinnen! Also, was ist?“
Oliver dachte nach. Nachlaufen würde er Kai bestimmt nicht. Davon war er fest überzeugt. Schließlich hatte dieser ihn verlassen und nicht umgekehrt. Scheinheilig sah er zu Kai und bemerkte tatsächlich, wie dieser ihn und vor allem seinen „Neuen“ fest fixierte. Nur das Lachen schien ihm vergangen zu sein.
Leide ruhig ein bisschen! , dachte Oliver sich boshaft. Leide so, wie ich gelitten habe, als du mich verlassen hast!
„Tobias, lass uns gehen! Ich lade dich auf `nen Drink ein“, sagte er hastig und ging mit seiner neuen Bekanntschaft, die noch immer über das ganze Gesicht grinste, zur Theke hinüber, während er die Blicke seines ehemaligen Partners im Nacken spürte.
Als Oliver sich wieder in seiner Kabine befand, machte er den Fernseher an, duschte kurz und legte sich danach ins Bett. Ein paar Minuten verstrichen, ehe es an der Tür klopfte. Er hatte komplett vergessen, abzuschließen. Doch noch ehe er sich darum kümmern konnte, stand Kai vor seinem Bett und sah ihn zunächst stumm an. Mehr als überrascht wartete Oliver einfach ab.
„Tut mir leid, dass ich einfach so hereinplatze, aber die Tür stand offen.“ Kai machte eine kurze Pause, um sich dann vor den Fernseher zu stellen. „Ich wusste nicht, dass du auch hier gebucht hast.“ Nervosität war aus seiner Stimme zu hören.
„Tja, so etwas soll vorkommen“, erwiderte Oliver gespielt emotionslos und sah Kai noch immer fragend an. Als dieser ihm jedoch einen sehnsuchtsvollen Blick schenkte, wurde ihm sofort warm ums Herz. Seine Pumpe flatterte aufgeregt. Er empfand noch immer viel zu viel für Kai.
„Ist dieser Typ etwa dein Neuer?“, fragte der Ex neugierig weiter.
Oliver versuchte bewusst, sich gelassen zu geben, umging aber eine direkte Klärung. „Er heißt Tobias. Ich habe ihn erst kennengelernt. Scheint ein echt netter Kerl zu sein.“
Für diesen Satz hätte er sich selbst erwürgen können. Aber was hätte er sonst sagen sollen? Er verkniff sich die Wahrheit doch nur, weil er Kai austesten wollte, wie er
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