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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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werden.
    Die Anwälte der jungen Frau legten ein Gegengutachten vor und Marks Diagnose wurde verworfen.
    Wenig später schloss er seine Privatpraxis.
    Denn er schämte sich. Er hatte gegen die Standesregeln verstoßen. Er würde nie wieder in den Spiegel blicken können. Jedes Mal, wenn er die Praxisräume betrat, überfiel ihn ein schlechtes Gewissen, bis er schließlich in jedem Blick, in jedem Satz seiner Mitarbeiterinnen einen bitteren Vorwurf zu hören meinte.
    Als er die Tür hinter sich verschloss, hoffte er, die Vergangenheit und seine Verfehlung einzusperren.
    Nun hatte sie ihn eingeholt.
     

40
     
    Will war verzweifelt. Es war ihm nicht gelungen, Riegers Auto zu stellen. Eine Weile noch sah er dessen Rücklichter, doch dann verschwanden sie hinter Gischt und Wasser.
    Hier gab es kaum noch Straßenbeleuchtungen.
    Feldwege führten links und rechts der Straße ins Nichts.  Auf den Ebenen Windparks mit unzähligen rotierenden Stromerzeugern.
    Hier, etwa 100 Kilometer nördlich von Berlin nahe Prenzlau, gab es die Uckermärkischen Seen, die in Grün, Heide und bunte Landschaften gebettet waren. Hiervon sah Will jetzt kaum etwas, aber er hatte damals mit Veronika einige Ausflüge gemacht, weshalb er die Region kannte.
    Hier jemanden zu finden, war schier unmöglich. Außerdem wusste Will nicht, wohin Rieger wollte.
    Vereinzelt standen Häuser, Blockhäuser, Katen und gepflegte Wohnhäuser. Immer wieder Zufahrten. Manche erleuchtet, andere nicht. Er reckte den Kopf, hoffte Riegers Auto zu sehen, doch es war vergeblich.
    Noch einmal ersuchte er, sein Handy einzuschalten, das er mühselig vom Rücksitz klaubte. Tot.
    Der Laptop. Das iPad. Himmel, warum war er nicht früher darauf gekommen? Er konnte eine Mail ans LKA absetzen. Er hielt an und versuchte es.
    Keim Empfang. Er fluchte. »Immer, wenn man es braucht. Aber am Arsch der Welt ...!«
    Also fuhr er weiter. Starrte nach links, nach rechts.
    Hier ein Mercedes. Dort ein Landrover. Da ein VW und viele andere Marken, aber kein hässlicher grüner Ford mit abgebrochener Antenne.
    Wo waren sie?
    Will hatte versagt. Er hatte Rieger und Janine verloren.
    Er musste dem LKA beichten, was geschehen war. Er würde seinen Kopf vermutlich nicht aus der Schlinge ziehen können, was auch gut war, denn schließlich galt es, für den Mist, den er verzapft hatte, die Verantwortung zu übernehmen.
    Diesmal war es schiefgegangen. Keine Festnahme. Kein Abkassieren. Und Rieger hatte sicherlich nicht vor, mit Janine ein therapeutisches Gespräch zu führen, wenn er sie dafür in den Kofferraum sperrte.
    »Scheiße!« Etwas anderes fiel Will nicht ein.

41
     
    »Können Sie sich an den Namen der Patientin erinnern? An den Namen der jungen Frau, die Ihnen ihre Vagina zeigen musste?«, fragte die Frau auf dem Stuhl, nachdem sie ihren kalten Bericht beendet hatte.
    »Nein. Aber ich weiß, dass die Frau, der ich das antat, nicht aussah wie Sie.«
    »Nein, sie sah anders aus.«
    »Was also haben Sie mit der Sache zu tun?«
    »Sie wollen wirklich alles wissen?«
    »Ja.«
    Die Frau hob die Hände zum Kopf und mit einem Ruck riss sie sich die Haare herunter. Es handelte sich um eine Perücke. Sie warf die künstlichen Haare achtlos zu Boden, danach zog sie, nicht minder heftig, die Augenbrauen von der Stirn, zwei schwarze Streifen, darunter war alles glatt rasiert. Sie ließ die falschen Brauen fallen wie haarige Raupen.
    Mark riss die Augen auf. »Jetzt ...«
    »Jetzt erinnern Sie sich?«
    Die Frau hatte eine Glatze, auf ihrer Kopfhaut die Reste von Klebebändern, mit denen sie die Perücke fixiert hatte, die wie blutige zerfetzte Narben aussahen.
    »Sie sehen aus wie ein Idiot, Doktor. Liebe Güte, eine kleine Nasenkorrektur, die Lippen aufgespritzt, glauben Sie, deshalb bin ich eine andere? Oh ja, ich wollte es sein. Ich tat alles dafür. Ich litt Schmerzen dafür. Ich wollte nicht mehr die sein, die erlebte, woran Sie, Herr Doktor, schuld sind. Ich wollte nicht nur mein altes Ich, sondern auch Sie vernichten.«
    »Ich begreife nicht ...«
    »Der Name Ihrer Patientin war Eva Armond! Doch Eva Armond ist tot, genauso wie ich es gleich sein werde. Bitte nennen sie mich Janine!«
     
     
    »Janine«, hauchte Mark. »Sie sind nicht Janine. Janine ist eine von Ihnen geschaffene Person. Ich hatte Recht. Sie sind krank. Sie gehören noch immer in eine Klinik mit einer guten Therapie und entsprechenden Medikamenten. Mein Gott, Sie haben sich sogar operieren lassen, um nicht mehr wie Sie selbst

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