Sei mein Stern
Augen und konzentrierte sich. Diskret zischend fuhr sein Computer hoch. Das Chassis, das Ähnlichkeit mit einem schwarzen Delfin aufwies, öffnete sich wie von Geisterhand.
Sekunden später leuchtete der Bildschirm in einem hellen Orangeton, und als wollten sie ihren Herrn und Meister willkommen heißen, poppten in nicht nachvollziehbarer Geschwindigkeit Hunderte von Icons auf. Simon verschränkte die Finger und dehnte sie virtuosenhaft, bevor er sie über die Tastatur fliegen ließ. Heerscharen von Fenstern erschienen, die rasend schnell wieder verschwanden. Doch Simon hatte alles unter Kontrolle. Hier war er in seinem Element.
Mit zehn hatte er seine ersten Softwareprogramme geschrieben, und seit er zwanzig war, steuerte er computerbasierend die komplette Infrastruktur des kleinen Planeten. EDV war nun einmal sein Steckenpferd, seine einzige wahre Leidenschaft - was vielleicht erklärte, warum bisher jede Frau bei ihm auf Granit gebissen hatte. Er war schlicht und ergreifend vernarrt in all die unbesiegbaren Figuren, die in der Cyberwelt tagtäglich seinen Weg kreuzten. Er verehrte die kriegerischen Sternenprinzessinnen und die skrupellosen Kommandantinnen der Weltraumkreuzer. Und sollte ihm der Sinn nach einer ganz bestimmten Amazone stehen, so erschuf er sie einfach in seiner virtuellen Welt.
Und da lag der Hase im Pfeffer.
Denn welche ordinäre Frau konnte schon mit Lara Croft konkurrieren?
Ein Schmunzeln kroch über Simons Gesicht, als sich auf dem Bildschirm die geheimen Atomforschungsprojekte des FBI aufbauten. Ach, was für ein Kinderspiel es doch gewesen war, die Firewalls der Geheimdienste der Erde zu knacken.
Schon nach wenigen Tagen auf dem blauen Planeten war er von einer quälenden Langeweile erfasst worden. Die Fernsehkanäle muteten stumpfsinnig und monoton an, und da ihm zwei bis drei Stunden Schlaf mehr als genügten, hatte sich ihm rasch die Frage gestellt, womit er sich die Nächte um die Ohren schlagen sollte.
Während der ersten Wochen hatte er sich eingehend mit der weiblichen Erdbevölkerung und den gängigen Sexualpraktiken auseinandergesetzt. Was sich im Übrigen als wesentlich interessanter herausstellte als die langweilige Missionarsstellung, die auf Siria gang und gäbe war. Doch inzwischen war Sex für ihn zur Routine geworden, und er fand keine wirkliche Erfüllung mehr darin.
So hatte er der Versuchung nicht widerstehen können, sich in die Rechner des FBI und CIA einzuloggen. Wobei vorwiegend die geheimen Raumfahrtberichte oder die Area 51 sein Interesse entfachten. Irgendwann war er dann über revolutionäre Atomforschungsprojekte gestolpert, die ihn gleichermaßen faszinierten wie anwiderten und ihn ziemlich ratlos zurückließen.
Zwar hatten die rückständigen Erdenbürger erkannt, dass Energiegewinnung mit nuklearer Kraft realisierbar war, hatten die Technik aber nur hinlänglich im Griff: So war es schon mehrfach zu Störfällen mit verheerenden Folgen gekommen. Übermächtig war der Drang, den Wissenschaftlern der Erde unter die Arme zu greifen, doch Simon war nur zu gut bewusst, dass er keinerlei Aufsehen erregen durfte.
Unbemerkt zog er sich aus den Computern des FBI zurück, um sich der nächsten Herausforderung zu stellen: den Rechnern des BSC, dem Bundesamt für Sicherheit in der Cyberworld, der mächtigsten deutschen Geheimdienstorganisation. Das BSC wies weltweit die einzige Firewall auf, an der er sich bisher die Zähne ausgebissen hatte. Doch das konnte er so nicht hinnehmen. Er würde auch diese Hürde meistern.
Mit Feuereifer hackte er auf die Tastatur ein, während der Raum um ihn herum sich in Schemen verwandelte. Binnen weniger Sekunden tauchte Simon ab – in seine ureigene Welt. Eine Welt voller Bits und Bytes, Firewalls, Netzwerke und Server. Gefangen in dieser Materie nahm er nichts anderes mehr wahr – und kaum zwei Stunden später hatte er das Unmögliche möglich gemacht.
Er war drin!
Enthüllt wie ein gefügiges Callgirl lagen nachrichtendienstliche Tätigkeiten, zivile und militärische Informationen zu seinen Füßen. Sicherheitsstufen waren nicht länger relevant. Abermillionen von Glückshormonen wurden in diesem Moment in seinem Gehirn ausgeschüttet.
Begierig widmete er sich all den brandheißen Projekten. Doch auch in Deutschland ging es in erster Linie um die Absicherung von Atomkraftwerken und die Auswirkungen der Nuklearwaffenpolitik. Und erneut ließ ihn die Thematik erschaudern. Auf einem friedliebenden Planeten aufgewachsen,
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