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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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hat er keine Angst, dass ich ihn kaltmache? Warum muss er mir seine Ansichten über Politik und Glücksspiel erzählen?«
    »Das ist neu für ihn«, meinte sie. »Er ist nervös, also redet er ununterbrochen.«
    »Das ist auch so was Komisches. Er sagt, er hat einen glänzenden Ruf, niemand würde je auf die Idee kommen, er könnte in so was verwickelt sein. Warum macht er’s dann? Warum wirft er dreißig rechtschaffene Jahre auf den Müll, für zehn Prozent von etwas, was vielleicht nie passiert? Wenn er noch nie an so was gedacht hat, wieso kann er es jetzt auf einmal denken? Was hat sich für ihn geändert?«
    »Vielleicht hat er dich ja angelogen«, sagte sie. »Vielleicht ist er gar nicht so sauber, wie er behauptet.«
    »Dann wird am Tag, nachdem wir das Ding gedreht haben, die Polizei bei ihm auf der Matte stehen. Und er hat meinen Namen und meine Telefonnummer.« Er blieb stehen und schaute sich auf der Veranda um. Dann fragte er Claire: »Willst du hier wegziehen?«
    »Ich mag dieses Haus.«
    Er ging wieder auf und ab, ohne irgend etwas Bestimmtes anzuschauen. »Ich hab überlegt, gestern, als ich dort war. Esgibt da eine Zufahrtsstraße, die zum Wasser hinunterführt, direkt neben dem Bahnhof, mit einer Rampe am unteren Ende, wo man ein Boot zu Wasser lassen könnte. Ich dachte, es ist kein Mensch in der Nähe, keiner nimmt auch nur mit einem Blick Notiz von dem Fluss, es ist zu früh im Jahr. Dieser Typ weiß zwei Sachen von mir, ich könnte ihn jetzt gleich abservieren, wieder heimkommen und ihn vergessen. Schlicht und ergreifend.«
    Sie zuckte leicht zusammen, sagte aber: »Warum hast du es nicht getan?«
    »Weil ich mir keinen Reim auf ihn machen kann.« Er ging auf der Veranda auf und ab wie in einer der ungeliebten Zellen. »Ich will ihm auf die Schliche kommen. Ich will wissen, was hinter ihm steckt, was er macht, ich will wissen, wer er ist, was er ist, warum er sich so verhält. Dann werde ich entscheiden, was mit ihm geschehen soll.« Er blieb vor ihr stehen, schaute stirnrunzelnd auf sie hinab und überlegte. »Willst du mir helfen?«
    Sie blinzelte, wirkte nervös. »Weißt du«, sagte sie, »ich will nicht … es gibt Sachen, die mag ich nicht.«
    »Nichts, wo du in Schwierigkeiten kommen könntest«, versprach er. »Ich hab Cathmans Visitenkarte. Du müsstest eine Zeitlang in der Bibliothek recherchieren und eine Zeitlang am Telefon. Er wird eine Papierspur haben. Besorg mir eine Biographie.«
    »Das könnte ich machen«, willigte sie ein. »Und was machst du solange?«
    »Mit ein paar Jungs reden«, sagte Parker.

 
    SECHS
     
    »Edward Lynch«, sagte Parker und zückte eine Visitenkarte mit diesem Namen darauf.
    »Ja, Mr. Lynch, Sir«, sagte die Dame an der Rezeption. Sie hatte einen schmucken eiförmigen Kopf mit links und rechts herabhängendem glattem braunem Haar, wie Vorhänge an einem Fenster, in dem aber nichts Nennenswertes zu sehen war. »Hatten Sie eine angenehme Reise?«
    »Ja«, sagte er und wandte sich von ihren abgedroschenen Phrasen ab, um sich das große, hallende Innere des Brown Palace anzusehen, des besten Hotels von Denver. Es war um einen großen quadratischen Innenhof herum erbaut und so eingerichtet, dass man merkte, dass man sich zwar im Westen der Vereinigten Staaten befand, guter Geschmack aber vorging. In den oberen Etagen lagen alle Zimmer auf der anderen Seite der Flure, und über eine niedrige Mauer sah man in die Lobby hinab. Hier und dort in dem weiten Raum saßen Leute in tiefen Sesseln und auf Sofas, einander zugewandt besprachen sie ihre Angelegenheiten, und ihre Worte verflüchtigten sich in der Luft. Doch mit einem Richtmikrofon in einem der oberen Flure hätte man jedes Gespräch in der Lobby aufnehmen können.
    »Bitte sehr, Mr. Lynch.«
    Parker unterschrieb den Kreditkartenbeleg und nahm die Keycard entgegen. »Es müssten Nachrichten für mich dasein.«
    Die Rezeptionistin drehte sich um, gelenkig wie eine Barbiepuppe, und sagte: »Ja, da sind sie. Zwei Nachrichten.« Sie schob ihm die Umschläge über die Theke hin. »Wünschen Sie Hilfe mit Ihrem Gepäck?«
    »Nein, danke.«
    Sein Gepäck bestand aus einer einzigen kleinen braunen Segeltuchtasche; er würde nur eine Nacht bleiben. Er nahm die Tasche hoch, steckte die Umschläge in seine Jackentasche und ging zu den Aufzügen, ohne sich die Mühe zu machen, die Gruppen in der Lobby zu mustern. Mike und Dan würden nicht hier sein, sie würden auf ihren Zimmern auf seinen Anruf warten.
    Man trifft

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