Seine junge Geliebte
von selbst ergeben, daß sie sich häufiger verabredeten. Da sich Bärbel gerade von einem Freund getrennt hatte, war ihr der neue Partner willkommen um sie über den Verlust hinwegzutrösten.
Sie hatte zu Anfang nie damit gerechnet, daß er sie als etwas anderes als eine Art von Tochter betrachten würde. Aber dann hatte sie doch bald gemerkt, daß er mehr von ihr wollte, daß er sich immer mehr in die Rolle des Liebhabers hineinspielte.
Sie hatte oft große Mühe, ihn sich vom Leibe zu halten, aber es war ihr bisher immer noch gelungen.
In Köln war dies ohne weiteres möglich, aber sie fürchtete sich davor, mit ihm zu verreisen, wie er es immer wieder vorgeschlagen hatte, beispielsweise nach Paris; von den ›Geheimnissen‹ dieser Stadt schwärmte er immer wieder.
Sie mußte lächeln. Es waren sicherlich nicht nur die Geheimnisse der Stadt, in die er sie einweihen wollte!
Aber nun hatte es das Schicksal so gewollt, daß sie ohne ihn nach Paris fuhr. Und das gleiche Schicksal hatte es anscheinend auch so gefügt, daß er – selbst wenn er gewollt hätte – nicht mit ihr hätte fahren können.
Sie stand auf und ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab, blieb dann am Fenster stehen und schaute hinaus. Sie hatte sich schon oft überlegt, ob sie sich nicht von Peter Sartorius trennen sollte. Je später sie es tat, desto schmerzlicher würde es sicherlich für ihn, der die Hoffnung, sie endgültig zu erobern, nicht aufgegeben hatte.
Ihr Hauch malte einen großen Kranz auf die Fensterscheibe, der sich vergrößerte, wenn sie ausatmete, der kleiner wurde, wenn sie die Luft einzog. Manchmal hatte sie aber auch das Ge fühl, daß es vielleicht gar nicht schlecht wäre, einen älteren Mann zu heiraten. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart geborgen. Und seit ihr Freund sie verlassen hatte, brauchte sie jemand, auf den sie sich stützen, zu dem sie mit ihren kleinen und großen Sorgen gehen konnte. Und Peter Sartorius war ein solcher Mann, dem sie alles sagen und alles anvertrauen konnte. Wenn er seinen Arm um ihre Schultern legte, ihr liebevoll in die Augen schaute, fühlte sie sich manchmal so recht von Herzen glücklich. Aber es war eben nur das Glück, das eine Tochter empfindet, wenn ein liebender Vater sie an sich zieht. Sie fürchtete sich aber vor mehr …
Sie wandte sich um und ging zu ihrem Schreibtisch zurück. Sie spannte einen Bogen in die Maschine und begann den Bericht, den sie noch zu schreiben hatte, zu tippen. Aber es gelang ihr heute nicht so recht. Ihre Gedanken wanderten immer wieder ab und gingen zu Peter Sartorius hin, der jetzt im Krankenhaus war.
Vielleicht bedauerte sie es schon, daß sie nicht doch einmal mit Sartorius nach Paris gefahren war. Er hätte ihr sicherlich manches zeigen können, was sie als Alleinreisende niemals bei einem ersten Besuch finden und entdecken konnte, und schließlich blieb sie ja auch nicht lange in der Stadt.
Sie zog den Bogen aus der Maschine, stand auf und ging zu ihrem Koffer, den sie auf einem Abstelltisch liegen hatte. Es war klüger, jetzt nicht weiterzuarbeiten. Der Bericht hatte auch Zeit. Sie konnte ihn nach ihrer Rückkehr von Paris schreiben.
Sie packte alles Notwendige ein und wollte den Koffer schon schließen, als ihr Blick auf Peters Foto fiel, das sie auf ihrem Schreibtisch stehen hatte. Sie schmunzelte. Warum sollte sie sein Foto nicht mitnehmen? Sie konnte ihm dann sagen, daß sie tatsächlich mit ihm nach Paris gefahren wäre, daß sie ihn mitgenommen hätte …
Sie betrachtete das Foto und versuchte immer wieder, sich in die Züge des Mannes zu verlieben. Es mußte doch möglich sein, versuchte sie sich einzureden, daß man einen so viel älteren Mann liebt, den man auf jeden Fall schon sehr schätzt. Aber es gelang ihr nicht, beim Anblick des Gesichtes jene Gedanken zu entwickeln, die man zu haben pflegt, wenn man an den Geliebten denkt.
Sie legte das Foto mit einem Lächeln in den Koffer. Er war eben ihr väterlicher Freund, dem man sich gerne anvertraut. Als sie den Koffer schloß, hatte sie das Gefühl, daß ihr dieser Mann, wenn auch nur als Bild, in Paris vielleicht sogar eine kleine seelische Stütze sein könnte.
»Bitte sehr!« Schwester Angelika öffnete die Tür des Zimmers, das Sartorius zugedacht war. »Ich hoffe, es wird Ihnen bei uns gefallen.«
Der Patient trat ein. Sein Blick fiel auf den Blumenstrauß, der auf dem Tisch stand. Überrascht schaute er Schwester Angelika an. »Von wem sind die Blumen?«
»Von
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