Sex - die 10 Todsünden
Mir gefiel alles. Nur eines vermisste ich: einfach auch einmal ohne großen Aufwand Sex zu haben, so wie ich es bisher kannte. »Das wird schon noch«, dachte ich mir. »So wie ich von ihm lerne, kann er ja auch von mir lernen.«
Doch nach meinem Empfinden wurden seine Fantasien immer extremer. Er erzählte, dass er früher auch oft Spiele zu dritt hatte. Er mit zwei Frauen. Aber das konnte ich mir bei aller Liebe nicht vorstellen. Die intimen Erlebnisse wollte ich nicht mit jemand anderem teilen. »Ich werde nie etwas tun, was dich verletzt«, beruhigte mich Gerd. Doch ich bekam ein komisches Gefühl. Für mich war mit dem Fesseln und der Unterwerfung mittlerweile eine Grenze erreicht. Weiter wollte ich nicht in diese Richtung gehen. War es für ihn vielleicht erst der Anfang?
Eines Abends wagte ich dann den Vorschlag, dass ich mich auch mal auf ihn setzten könnte. Ich zeigte ihm, dass es mir auch gefiel, wenn er sich auf mich einstellte. Sein Gesicht sah ein bisschen erschreckt aus. Dann wurde sein Schwanz von einem Moment auf den anderen weich, und wir brachen den Sex ab.
Beim nächsten Treffen spielte ich wieder sein Spiel. Ich besuchte ihn, verführerisch angezogen, so wie er es wollte. Aber diesmal zeigte er kein Interesse. »Ich habe heute keine Lust, es tut mir leid, Mareike«, sagte er zerknirscht.
Das geschah nun häufiger. Für uns beide war das eine schwierige Situation, denn wir liebten uns und wollten zusammen sein, aber der Sex klappte nicht mehr so richtig. Doch wir haben uns nie getraut, über das Thema zu sprechen, obwohl wir sonst über alles redeten. Ich befürchtete, dass Gerd den Eindruck hatte, ich würde alles nur ihm zuliebe machen. Aber das stimmte nicht. Seine Art von Sex war für mich allerdings nur eine von vielen Möglichkeiten. Er hingegen konnte wahrscheinlich gar nicht anders Sex haben als auf seine spezielle Art.
Ein paar Mal vermutete ich, dass er nun andere Frauen suchte, die ihm seine Fantasien erfüllten, aber ich wollte es nie so genau wissen. Denn auch ich ließ mich gelegentlich auf jemand anderen ein, was ich ihm zuerst aber auch nicht sagte. Wir waren weiterhin ein Paar. Aber wir hatten keinen Sex mehr. Trotzdem übernachteten und verreisten wir zusammen. Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und gestand ihm mein Verhältnis. Er nahm mich in den Arm und sagte nichts.
Wir haben die Beziehung eigentlich nie richtig beendet, sie lief einfach aus und wurde wie von alleine immer mehr zu einer bloßen Freundschaft. Wir sahen uns seltener. Und eines Tages sagte er mir, dass er sich jetzt schon seit über einem Jahr mit einer bestimmten Frau treffe und sich langsam auch in sie verliebe. »Zumindest unser rasantes Kennenlernen war einmalig«, dachte ich mir. Aber es versetzt mir bis heute einen Stich ins Herz, wenn ich mir vorstelle, wie schön die Beziehung hätte werden können, wenn wir auch auf sexueller Ebene zueinander gepasst hätten.
Oswalt Kolle ganz persönlich
»Es wäre vielleicht etwas zu retten gewesen«
Die Geschichte ist die: Er hat seine Fantasien, die er umsetzen will. Sie macht das anfangs mit, findet es schön, kommt dann aber an ihre Grenzen. Allerdings bekommt sie Angst, ihn zu verlieren, wenn sie nicht weiter mitmacht. Die beiden haben den richtigen Zeitpunkt verpasst, miteinander zu reden. Hätten sie das gemacht, wäre vielleicht etwas zu retten gewesen.
Eine sexuelle Beziehung entwickelt sich, man kann nicht alles vorher klären. So war für Mareike der erste Abend sicher nicht der richtige Moment, das Erlebnis zu besprechen, zumal es beiden ja auch große Lust bereitet hat. Aber im Zuge des Kennenlernens hätte sie schon einmal ein Gespräch über sexuelle Vorstellungen führen sollen, zumal ihr Unbehagen größer wurde. Am besten ist ein Abend geeignet, bei dem man ein Glas Wein trinkt und sich sowieso schon unterhält. Mareike hätte dann fragen können, was diese Fantasien und Praktiken für ihren Freund bedeuten. Oft haben Menschen mit solchen Neigungen früher einmal ein demütigendes Erlebnis gehabt, das sie dann später in der Fantasie und im Spiel mit dem Partner neu erleben – nur dass sie nun bestimmen können, was zu geschehen hat. Und dann hätten Mareike und Gerd eine Szenerie entwerfen können, die ihnen beiden Lust macht. Diese Szenerie muss auch nicht unbedingt real umgesetzt werden. Es ist leichter, die Fantasien erst einmal mit Worten auszuspielen. Mein Vorschlag lautet also: Anne zu erschaffen. Anne könnte dann die
Weitere Kostenlose Bücher