Sex - die 10 Todsünden
Die Quintessenz meines Lebens
Ich habe in meinem Leben zwei große Beziehungen gehabt. Einmal mit meiner Frau Marlies und nun mit meiner Freundin José. Es sind zwei völlig unterschiedliche Geschichten.
Mit Marlies war ich fast 50 Jahre verheiratet. In den ersten Jahren ging es drunter und drüber: Wir liebten uns, schworen uns Treue, dann passierten Fehltritte, und es kam zu Schmerz, Tränen, Trennung und Versöhnung. Nach vier Jahren erkannten wir: So können wir nicht weitermachen. Aber wir wollten auch nicht aufeinander verzichten. Wir suchten nach unserem Motto und fanden es: »soziale Treue und sexuelle Freiheit«. Das war nicht leicht. Wir mussten gegen Eifersucht und Verlustangst kämpfen, gegen unsere Erziehung und gegen die herrschende Moral. Damit haben wir auch anderen Menschen viel zugemutet, aber es war unser Weg, der für uns stimmte, bis zum Tode meiner geliebten Frau.
Jetzt liebe ich anders, weil ich eine andere Partnerin habe. José ist für absolute Zuverlässigkeit, und wir halten uns die soziale und sexuelle Treue. Wenn mir eine attraktive Frau begegnet, die mir ihr Interesse signalisiert, dann lasse ich mich gerne auf den Flirt ein, aber ich sage auch klar, dass ich mich José zu verbunden fühle, um weiter zu gehen. Mein Lebenslauf führte also von der »freien Liebe« zur Monogamie, wo ich mich ebenfalls wohlfühle.
Wie soll man es nun mit Seitensprüngen halten? Die einen sagen: »Du sollst es mir nur dann erzählen, wenn der Seitensprung unsere Beziehung gefährdet.« Die anderen sind der Meinung: »Ich möchte gerne alles wissen, was du machst.« Und die dritten: »Ich kann es nicht verkraften, wenn du Sex mit jemand anderem hast. Bitte halte dich daran.« Es gibt also nur einen Weg zu einer glücklichen Beziehung: Zwei Partner müssen selbst herausfinden, wie sie es mit der Treue halten wollen. Und trotzdem sind gewisse Dinge immer gefährlich, in der Monogamie genauso wie in der freien Liebe. Das haben mir Zigtausende von Leserzuschriften klargemacht. Daraus haben wir für dieses Buch zehn Geschichten ausgewählt, welche die größten Gefahren für ein glückliches Sexualleben darstellen.
Nach jeder Geschichte äußere ich erst einmal ganz ehrlich und spontan meine Meinung unter der Überschrift »Oswalt Kolle ganz persönlich«. Es folgt dann jeweils ein Griff in die Schatzkammer der Wissenschaft. Diese Abschnitte habe ich wieder gemeinsam mit meiner Kollegin Beatrice Wagner verfasst, mit der ich seit vielen Jahren hervorragend zusammenarbeite. Wir wollten so möglichst objektiv die Hintergründe der jeweiligen »Todsünden« beleuchten. Tipps für die Leser, die den Todsünden nicht verfallen möchten, runden jedes Kapitel ab.
Dieses Buch ist die Quintessenz meines Lebens. Ein weiteres Buch über Sexualität werde ich nicht schreiben. Hiermit habe ich nun alles gesagt, was es zu diesem Thema noch zu sagen gab.
Amsterdam, im September 2010
Oswalt Kolle
Sünde 1 - Sprachlosigkeit
Wer seine Vorlieben verschweigt und den anderen
im Dunkeln tappen
lässt, der begeht eine
Sünde
. Wer darüber hinaus keinen Einspruch erhebt, wenn die eigenen Wünsche und Bedürfnisse ignoriert werden, der macht sich einer Todsünde
schuldig
. Der Gedanke »Das wird schon noch werden« ist so viel wert wie eine mittelalterliche
Ablasszahlung
.
»Und ich hab immer gedacht, es wird schon noch«
Hamburg: Mareike (36) machte sich Hoffnungen auf Gerd (52).
Dieser Tag fing nicht wirklich toll an. Ich hatte gleich morgens eine Absage auf eine Bewerbung erhalten. Da war ich schon einmal geknickt. Zwar habe ich einen Job – ich arbeite als Finanzberaterin von zu Hause aus –, aber ich wollte mich mit der Bewerbung verbessern. So ein Mist, dabei hatte ich fest mit einer Zusage gerechnet. Dann bekam ich noch zwei ärgerliche Telefonanrufe. »Auf die Arbeit kannst du dich jetzt sowieso nicht mehr konzentrieren«, dachte ich mir und beschloss, zum Friseur zu gehen. Ich erzähl das deswegen so ausführlich, weil ich an diesem Tag überhaupt nicht damit gerechnet hatte, dass mir ein toller Mann über den Weg laufen würde.
Da merkte ich, dass ich mich verliebt hatte
Es war viel los bei meinem Friseur, und ich musste ein bisschen warten. Neben mir saß ein Mann mit Jeans und weißem Hemd. Er blätterte in einer Zeitschrift. »Osttürkei: Wiege der Zivilisation«, stand da. Das war ja interessant. Erst neulich war ich in einer prähistorischen Ausstellung in Karlsruhe gewesen. »Gibt es da was Neues mit den
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