SGK284 - Nacht im Horror-Hotel
»Es wäre noch schneller gegangen, Monsieur, wenn die Sicht
besser gewesen wäre. Der Nebel ist nicht gerade günstig für Ihr Unternehmen
...«
»Ich werde finden, was ich suche. Nach
dem Plan müsste das Hotel genau unter uns liegen ...«
»Ist aber nichts zu sehen. Alles
dunkel und neblig.«
Der Bodenscheinwerfer strahlte hell
auf, kam aber nicht ganz durch den Nebel. Dann endlich entdeckte der Pilot
zwischen den Felsen ein Nebelloch und einen freien Platz, auf dem er landen
konnte.
Fauchend und knatternd liefen die
Rotoren aus.
»Sie warten hier auf mich wie
abgemacht«, sagte Kunaritschew, während er den Kragen seiner Windjacke
hochschlug. »Ich sehe mich an Ort und Stelle mal um. Rund vierhundert Meter
weiter liegt der gastliche Ort. Wenn’s besonders hübsch und gemütlich ist,
komme ich zurück und lade Sie zu ’nem Drink ein. Wenn ich so schnell nicht da
sein sollte, warten Sie bitte nicht auf meine Rückkehr. Limit sind dreißig
Minuten ...«
» Oui ,
Monsieur Kunaritschew ...«
Die kühle Luft und der Nebel schlugen
Iwan ins Gesicht, als er sich geduckt von dem Helikopter entfernte.
Der Pilot verfolgte die dunkle Gestalt
noch, bis sie im Nebel verschwand. Iwan Kunaritschew hatte kaum Schwierigkeiten
von der Landestelle aus, die ein Wende- und Rastplatz für zum Cap fahrende
Autos war, die Straße zu finden.
Er lief bergab. Stellenweise war der
Nebel sehr dünn, so dass er den Straßenverlauf gut
verfolgen konnte.
Es war genau Mitternacht, als Iwan
Kunaritschew alias X-RAY-7 einen ersten persönlichen Eindruck vom > Hotel de
Louis < erhielt.
Unbeleuchtet lag das kastenähnliche
Gebäude in der Nebelnacht vor ihm. Ein einzelnes Auto parkte einige Schritte
vom Eingang entfernt.
Es handelte sich um einen Peugeot. Ein
Blick auf das Nummernschild gab Iwan Gewissheit . Das
war Claudine Solettes Auto.
Als X-RAY-7 sich dem Eingang näherte,
war er überrascht, dass die Tür nicht verschlossen
war. Sie war beschädigt, aus dem Schloss herausgerissen und von innen notdürftig durch eine starke Kordel gesichert.
Iwan suchte vergebens nach einer
Klingel. Er klopfte heftig an die Tür. Der Spalt zwischen Türpfosten und Schloss vergrößerte sich, als er dagegendrückte .
Es würde überhaupt kei ne Schwierigkeit bereiten, die Tür
einzurennen.
»Ja, ja, ich komm’ schon«, hörte er da
eine Stimme aus dem Dunkeln. Der Schein einer Petroleumlampe wurde sichtbar.
Ein Mann stand hinter der Tür, groß
und schlank, er trug ein dünnes Bärtchen auf der Oberlippe. Er war
schätzungsweise um die dreißig Jahre alt.
»Ich such’ noch ein Zimmer für die
Nacht und gleichzeitig eine Bekannte, die hier abgestiegen ist«, sagte Iwan
rasch.
Der Hotelportier leuchtete ihm ins
Gesicht.
»Einen Moment bitte, Monsieur«,
entgegnete er. »Ich muss erst diesen komischen Verschluss an der Tür öffnen. Da waren ein paar Rowdys, die
haben heute Abend Ärger gemacht und wollten mit
Gewalt hier ’rein. Die Polizei war zum Glück schneller. Aber die Tür ist hin
und kann wohl erst im Lauf des
nächsten Tages repariert werden. Zu allen Unglück ist bei uns auch noch der Strom ausgefallen
...«
»Wohl die fällige Rechnung nicht
bezahlt, wie ?« fragte Kunaritschew mit einem Anflug
seines rauhen Humors, als ihm geöffnet wurde. Der Concierge lachte trocken und
humorlos und ließ ihn eintreten.
»Kein Gepäck, Monsieur ?« fragte er erstaunt, als er Iwans leere Hände sah.
»Nein, nicht nötig. Das hat meine
kleine Freundin schon alles mitgebracht. Welches Zimmer haben Sie ihr denn
gegeben ?«
»Wir haben im Moment nur einen
einzigen Gast im Haus, Monsieur...« Der Portier stellte sich hinter die
Rezeption, zog das abgegriffene Gästebuch zu sich heran und schlug es auf.
»Mademoiselle Solette ist ihr Name...«
»Genau zu ihr will ich .«
»Selbstverständlich, Monsieur! Würden
Sie sich bitte hier eintragen...«
Der Mann legte ihm das alte Buch vor.
Iwan war erstaunt zu sehen, dass das abgelegene Hotel
doch von Zeit zu Zeit gut frequentiert war.
Er trug sich ein. In der Sparte >
Beruf < schrieb er »Großwildjäger«.
Der Hotelportier zog erstaunt die
Augenbrauen hoch, als er den Begriff las. »Großwildjäger, Monsieur? Dann sind
Sie hier am Cap fehl am Platz. Hier gibt es kein Großwild ...« Offenbar wollte
er mit Kunaritschews humorvoller Anmerkung vorhin gleichziehen.
Iwan seufzte. »Ich weiß. Deshalb bin
ich auch arbeitslos. Aber Angeln und Fischefangen am
Cap wird wohl möglich sein. Da gibt’s
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