SGK312 - Die 17 Kammern des Grauens
gepflegte Schäferhunde mit sich,
die durch ihre außergewöhnliche Größe auffielen.
Die Tiere nahmen Kevin Thomas’ Spur in
der Nische auf, in der er zuletzt laut Jennifer Trawls Angaben gestanden hatte.
Es kam eindeutig heraus, daß Thomas
den Weg der anderen tatsächlich nicht mehr mitgegangen war. Die beiden Hunde
stöberten übereinstimmend die Spur auf, die aus dem Korridor in den Stollen
führte. Sie gingen praktisch den Weg zurück, den O’Neal mit der Gruppe gekommen war.
O’Neal ging diesen Weg mit. Es war unwahrscheinlich,
daß Kevin Thomas ihn genau zurückgegangen war.
Ein viel schwerwiegenderer Schluß
drängte sich auf.
Kevin Thomas war in der Nische
verschwunden, in der er zurückgeblieben war. Aber das war eigentlich unmöglich
und widersprach jeglicher Vernunft.
Kevin konnte doch schließlich nicht in
der Wand verschwunden sein!
Sioban Hampton war eine Frau von außergewöhnlicher
Schönheit. Sie hatte pechschwarzes Haar, ihre Augen hatten die Farbe von Haselnüssen.
Ihr Teint war weich und leicht getönt, eine natürliche Bräune, die sich auch im
Winter nicht verlor.
Die Frau wirkte ernst und traurig, als
sie auftauchte und mit den Leuten sprach. Sie trug einen violetten,
weitschwingenden Rock und eine helle Bluse, in der die violette Farbe in leicht
geflammten Mustern wiederkehrte. Das Ganze wirkte harmonisch und paßte zu
dieser Frau, die sich schnell bewegte und es verstand, mit Menschen umzugehen
und auch außergewöhnliche Situationen wie diese zu meistern.
Sie ließ einen für Privatzwecke
bestimmten Raum, der sonst nicht zur Besichtigung freigegeben war, öffnen und
die Gäste Platz nehmen. Mehr als zwei Drittel davon gehörten zu jener
amerikanischen Reisegesellschaft, drei oder vier andere Teilnehmer hielten sich
seit kurzem hier im Haus auf und hatten sich rein zufällig − wie Morna
Ulbrandson − der Besichtigung angeschlossen.
Diese Leute kannte Sioban Hampton schon. Sie nahm an den abendlichen Candlelight -Dinners
an den Hochherrschaftlichen Kaminen teil und plauderte mit den Gästen, war
freundlich und charmant.
Einigen Gästen sah man die Aufregung
an.
Sioban Hampton ließ Getränke bringen und bedauerte
es, daß sie die Leute bis zum Eintreffen der Polizei festhalten mußte.
Aber das blieb ihnen nicht erspart.
Noch eine Tatsache stand unumstößlich
fest. Außer den dreißig Gästen und dem Fremdenführer war niemand in der Nähe
gewesen, als das Ereignis eintrat. Nachdem Kevin Thomas sich auch nach einer
Stunde intensiver Suche immer noch nicht eingefunden hatte, mußte man davon
ausgehen, daß ein Verbrechen geschehen war und der Blutfleck in der Nische die
entsprechende Wertstellung besaß.
Denn alle Gesetze der Logik sprach er
dafür, daß dann nur einer aus diesem Kreis der Mörder sein konnte.
*
Die Nachricht aus dem Hampton-Castle
traf im Revier in Ballina ein, als Inspektor Sean McCraine gerade sein Office verlassen wollte.
McCraine wurde noch mal zurückgerufen, hörte sich an,
was man ihm von dem Vorfall mitteilte, und versprach, sofort zu kommen.
Er legte auf und seufzte. Dann wählte
er seine Privatnummer.
»Tut mir leid, Margie«, teilte er
seiner Frau mit. »Es wird heute später als erwartet. Ich war schon auf dem Weg
nach Hause. Wir müssen noch mal raus zum Hampton-Castle .«
» So weit ?« war die Stimme seiner jungen Frau zu hören.
»Gehört zu unserem Einsatzgebiet. Ist
nicht meine Schuld. Ich verspreche dir, alles so schnell wie möglich hinter
mich zu bringen, um noch vor Mitternacht zu Hause zu sein .«
Das letztere sagte er mit einem
lächelnden Unterton. Dies war typisch McCraine . Zum
Schluß kam der dickste Brocken.
McCraine hörte sich noch die Stellungnahme seiner Frau
an und legte dann auf.
Er war erst seit acht Wochen
verheiratet. Der Kollege im Zimmer grinste von einem Ohr zum andern, packte
raschelnd sein Butterbrot aus und hob eine riesige Thermoskanne, in der
mindestens zwei Liter Tee Platz hatten, auf die Tischplatte.
»Du tust mir leid«, sagte er mit
fester, markiger Stimme, »und deine Frau kann einem auch leid tun .«
»Irgendwie schaff ich es schon noch,
meine Flitterwochen zu erfüllen«, erwiderte Sean McCraine .
»Ich habe das dumpfe Gefühl, das
glaubt deine Frau schon nicht mehr…«
Sean McCraine war mit achtundzwanzig einer der jüngsten Inspektoren, die Ballina jemals hatte.
Er war ein Sohn dieser Stadt, und
dafür bekannt, daß er vor seiner Heirat mit einer Freundin nicht
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