Shades of hä? (German Edition)
zusammen.
»Anastasia Stiel, eine schweigsame, gutaussehende Frau, verliebt sich in Christian Grei. Christian Grei hat eine geheimnisvolle Vorliebe für Borussia Mönchengladbach. Jedes Wochenende gibt er sich in einer mit Sky-TV und Fernsehsessel ausgestatteten Kammer der Qualen bei Chips und Bier seiner Lust hin. Im Laufe einer Spielsaison führt Christian seine Anastasia behutsam in die Geheimnisse von Viererkette, Pressing und taktischen Fouls ein. Anastasia kann sich dem Sog der Lust am Fußball immer weniger entziehen. Irgendwann gibt sie nach und schenkt Christian eine Jahreskarte. Während des entscheidenden Spiels um die Meisterschale erklimmen sie gemeinsam in der Südkurve des Borussia-Parks den Gipfel der Lust und explodieren beim Sieg ihrer Mannschaft in einem unglaublichen, nicht enden wollenden Torjubel. Ende.«
Hammerstory! Wir sind begeistert! Diese raffinierte, bis ins kleinste Detail durchdachte und vor Spannung und Nervenkitzel berstende Story reicht locker für einen 700-Seiten-Thriller! Zukünftige Literaturpreisträger klopfen sich anerkennend auf die Schultern. Nur Martin hat einen kleinen Einwand.
»Und diesen Mist soll eine Frau lesen? Freiwillig?«
»Und wenn wir irgendwo ein paar Schuhe einbauen? Es müssen ja keine Fußballschuhe sein.«
»Trotzdem bleibt es Schund.«
»Das ist ›Shades of Grey‹ auch.«
»Und genau darin liegt unsere Chance. In einem Jahr wird sich kein Schwein mehr für dieses Buch interessieren. Und warum? Eben weil es Schund ist! Ich sage Euch: ein Jahr!«
»Soll der Roman nicht auch verfilmt werden?«
»Na gut, zwei Jahre.«
»Und dann kommt bestimmt noch das Buch zum Film über das Buch.«
»Drei Jahre. Aber dann ist Ende.«
»Aber es ist ein Bestseller!«
»Das war ›Mein Kampf‹ auch mal.«
Wir schauen uns an. Sollte Martin recht haben? Drei Jahre. Was ist das schon? Wenn Männer etwas können, dann ist es Aussitzen. Thomas ist noch unsicher.
»Und wenn irgendwelche Idioten jetzt aufsatteln und auch eine BDSM-Schnulze schreiben? Da steht doch schon eine ganze Armee in den Startlöchern und kackt eine Nummer nach der anderen aufs Papier: Fire after dark, Dunkle Sehnsucht, 80 Days, 20 Days, 20 Days and 4 Hours und was weiß ich noch alles.«
»Je mehr, desto besser für uns, denn desto eher hat man’s satt.«
»Da hat Martin recht. Das war ja mit ›Mein Kampf‹ und dem Dritten Reich auch so.«
Schweigen. Ein neues Gefühl macht sich zaghaft in unserer Gruppe breit. Optimismus. Holger zeigt auf.
»Ich fänd’s aber irgendwie doof, wenn wir uns dann nicht mehr sehen würden. Ich glaube, ich würde euch vermissen.«
Ich schaue Holger an. Holger hat schon wieder Tränen in den Augen. Auch mir wird etwas flau. Aber die nächsten drei Jahre werden wir uns ja noch sehen. Und wer weiß, was dann noch kommt …
Nachwort
Nach der Lektüre der »Shades of Grey«-Trilogie bat mich meine Partnerin ausdrücklich um folgenden Anhang:
Die Zehn Gebote für Autorinnen und Autoren, die unbedingt auch einen SM-Bestseller schreiben wollen:
Du sollst keine schlechten Bücher schreiben neben denen, die es zuhauf schon gibt.
Du sollst die Namen guter Autoren, deiner Götter, nicht missbrauchen.
Du sollst einen guten Satzbau heiligen.
Du sollst die Leser guter Bücher ehren.
Du sollst nicht nervtöten.
Du sollst nicht radebrechen.
Du sollst dem Leser keine Zeit stehlen.
Du sollst nichts Falsches behaupten über das, was du beschreibst.
Du sollst nicht begehren deines Kollegen Idee.
Du sollst nicht begehren deines Lesers Gunst, wenn du sie nicht verdient hast. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht einem Elften Gebot, das sich an alle richtet:
Du sollst nicht jeden Mist glauben, der geschrieben steht.
Ralf Höke
Ralf Höke wurde 1961 in Mönchengladbach geboren und war seit Anfang der
1990-er Jahre als Autor für nahezu alle großen Comedyshows im Deutschen Fernsehen tätig.
Davor verdiente er sich seinen Lebensunterhalt unter anderem als Beikoch, Kindergärtner,
Kurierfahrer, Altenpfleger, Gitarrenverkäufer, als Komparse, Bühnenschauspieler,
Nachbelacher und Tontechniker. Daneben bestand er die Aufnahmeprüfung für
Schauspiel/Regie am Mozarteum, trat die Ausbildung aber wegen akuten Geldmangels nicht
an. Stattdessen tourte er als Gitarrist mit der Band
Ballhaus
durch Deutschland und
begann mit dem Schreiben. Heute erarbeitet Ralf Höke unter anderem Bühnenprogramme für
etablierte Kabarettbühnen wie
Die
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