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Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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wurde eine unerschütterliche, doppelt mannshohe Steinmauer. Und sie würde jedem Versuch, diese Mauer zu schleifen, ihren Widerstand entgegensetzen. Obwohl er keine Zeit für Spielchen hatte, erregte ihn diese Herausforderung. »Wie ich sehe, kehren Sie doch zum Fluss zurück.«
    »Allerdings.« Den Hut in der Hand, kam er auf sie zugeschlendert. »Ich hatte gehofft, Sie wiederzusehen, bevor ich gehe. Darf ich, auf ein Wort?«
    »Ja, natürlich.« Ihr Blick fiel auf seine Krawatte. Sein Kinn. Alles, nur nicht seine Augen.
    »Ich wollte Sie fragen … nun« – er lächelte sein tollkühnstes Lächeln – »ob Sie mir die Erlaubnis gewähren würden, Sie an irgendeinem Nachmittag hier aufzusuchen?«
    Der Blick ihrer großen, von dunklen Lidern beschatteten Augen bohrte sich direkt in seine. »Mich aufzusuchen?«
    »Ich würde Sie gern wiedersehen«, erklärte er leise.
    »Ich verstehe.« Sie drückte sich den kleinen Stapel Bücher wie einen schützenden Schild an die Brust. »Wie ich Ihnen bereits auf dem Friedhof erklärt habe, kenne ich die Einzelheiten der Sammlung meines Vaters nicht.«
    »Meine Bitte, Sie besuchen zu dürfen, hat nichts mit Ihrem Vater oder seiner Sammlung zu tun.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch, eine elegante, fragende Geste. »Nicht?«
    »Nein. Ich würde Sie einfach nur gern sehen. Zeit mit Ihnen verbringen.« Er wedelte mit seinem Hut in Richtung des übrigen Hauses. »Nicht unbedingt mit ihnen allen. Nur … mit Ihnen.«
    Röte stahl sich in ihre Wangen. Sie befeuchtete sich die Lippen.
    »Ah.«
    »Verstehen Sie?« Er lächelte wieder, aber nur schwach, weil er nicht übertrieben selbstbewusst wirken wollte – was er bei diesem Unterfangen seltsamerweise auch nicht war. Obwohl eine unleugbar erregte Spannung zwischen ihnen herrschte, ahnte er, dass es keine Garantien gab, wenn es um Miss Limpett und ihre Gunst ging.
    »Ich denke, das tue ich.«
    Die Eingangstür öffnete sich, und ein Diener erschien. Von draußen hörte man Hufschläge auf dem Pflaster. »Ihr Pferd, Euer Gnaden.«
    »Darf ich Ihnen meine Aufwartung machen?«, drängte Mark sie sanft.
    Ihr Blick verfinsterte sich. »Ihre Bitte schmeichelt mir, aber … ich glaube nicht, dass ich schon bereit bin, Besucher zu empfangen. Und ich glaube nicht, dass ich es in absehbarer Zukunft sein werde.«
    Überraschung und Verstimmung trübten sein Gemüt, aber er hielt mühelos an seinem Lächeln fest.
    »Ich muss Ihre Wünsche natürlich respektieren.« Langsam ließ er den Hut auf seinen Kopf sinken. »Eine gute Nacht dann, Miss Limpett.«
    Er trat durch die Tür, die der Diener offen hielt. Auf der Straße nahm er die Zügel seines Pferds entgegen. Er schwang sich in den Sattel und schaute durch das Fenster ins Haus. Sie stand immer noch an der Treppe, eine reizvolle Silhouette, und beobachtete ihn, während er sie beobachtete. Sein Blut wurde noch heißer, und jede Faser seines Körpers vibrierte kaum erträglich, aber doch köstlich. Er berührte die Krempe seines Huts, wendete sein Pferd in einem weiten Kreis und machte sich auf den Weg zu seinem Schiff.
    Eine halbe Stunde später trat er aus dem öffentlichen Stall und machte sich zu Fuß auf zum Fluss. Entlang der King’s Road säumten zwei- und dreistöckige Ladenfronten und Häuser seinen Weg. Die warme, abgestandene Luft dampfte und bildete nebelhafte Kreise um die großen Gaslampen. Hier in Chelsea durchdrang der faulige Duft des grünlichen Flusses alles.
    Seine Gedanken verweilten bei Miss Limpett – Mina –, dieein faszinierendes Rätsel war. Das Leben hatte auf erregende Weise den Spieß umgedreht; normalerweise war er derjenige, der die Rolle des Geheimnisvollen spielte. Selbst jetzt noch ließ ihn die köstliche Qual des Abschieds von ihr nicht los. Köstlich war sie, weil ihr Widerstreben, ihm zu vertrauen – ihm zu erlauben, ihr so schnell und mühelos nahezukommen, wie es sein Wunsch war –, sein Interesse nur steigerte, ein Interesse, das nichts mit ihrem Vater oder den Schriftrollen zu tun hatte, jedoch umso mehr mit den ersten sinnlichen Berührungen einer entfachten Flamme.
    Ein plötzliches Vibrieren tief in seinen Knochen, in seinem unsterblichen Mark selbst, machte ihn darauf aufmerksam, dass Gefahr drohte.
    Gelegentlich rumpelte ein Hansom vorüber, und in dunklen Ecken standen Menschen in kleinen Gruppen beieinander. Aber da war noch etwas anderes. Als er die Einmündung einer Gasse passierte, sah er aus dem Augenwinkel einen Schatten, der sich in dem

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