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Shannara I

Titel: Shannara I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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griffen, die der Druide ihnen hinhielt. Die Wände des Ganges vibrierten unter den noch immer hörbaren Schreien, und das massive Gestein der Höhle grollte auf furchterregende Weise. Ein letztesmal erhoben sich die Stimmen der Banshies in fieberhafter Grellheit, wild kreischend in dem verzweifelten Bemühen, die vom mächtigen Geist des Druiden errichtete Mauer im Unterbewußtsein niederzureißen, aber die Mauer gab nicht nach, die Macht der Stimmen verbrauchte sich und erstarb zu einem toten Geflüster. Einen Augenblick später verengte sich der Gang wieder, und die Gruppe hatte den Korridor der Winde hinter sich.
    Bis ins Mark erschüttert, die Gesichter schweißüberströmt, blieben die Männer dumpf stehen, als Allanon ein Zeichen gab. Sie rüttelten ihre Gedanken mühsam in eine angedeutete Ordnung, entfernten das Seil von ihren Körpern und auch die Ohrenstöpsel. Sie standen in einer kleinen Höhle, vor zwei riesigen Steintüren mit eisernen Klampen. Auch aus den Felswänden ringsum drang das seltsame grünliche Leuchten. Allanon wartete geduldig, bis alle sich erholt hatten, dann winkte er sie nach vorn. Er blieb vor dem Steinportal stehen. Auf den schwachen Druck mit einer Hand öffneten sich die massiven Flügel weit. Die tiefe Stimme des Druiden war in der Stille nur ein Flüstern.
    »Die Halle der Könige.«
    Seit über tausend Jahren hatte niemand außer Allanon das verbotene Grabgewölbe betreten. Die ganze Zeit hindurch war es sonst unberührt geblieben - eine gigantische, kreisrunde Höhle mit glatten, polierten Riesenwänden; die Decke schimmerte in dem gleichen grünlichen Licht wie die Tunnels, die sie durchschritten hatten. An der gewölbten Wand der Riesenrotunda standen mit demselben trotzigen Stolz, den sie im Leben wohl auch gezeigt hatten, Steinstatuen der toten Herrscher, alle der Mitte der Kammer zugewandt, dem unheimlichen Altar, der sich in Form einer zusammengerollten Schlange dort erhob. Vor jeder Statue war der Toten Reichtum aufgehäuft, Kisten und Truhen voll kostbarer Steine und Metalle, Pelze, Waffen, allen Lieblingsgütern der Verstorbenen. In den Wänden unmittelbar hinter jeder Statue befanden sich die versiegelten rechteckigen Öffnungen mit den Überresten der Toten - Könige, ihre Familien, Dienerschaft. Inschriften über den verschlossenen Krypten meldeten die Geschichte der dort ruhenden Herrscher, häufig in Sprachen, die keiner der staunenden Wanderer kannte. Die ganze riesige Höhle war erfüllt von dem grünlichen Licht. Metall und Gestein schienen die Farbe zu schlucken. Auf allem lag Staub, eine dicke Schicht Steinpulver, die sich im Lauf der Jahrhunderte angesammelt hatte und jetzt in kleinen Wolken aufwallte, als die Schritte der Männer sie aufwühlten. Seit über tausend Jahren hatte niemand die Ruhe dieser uralten Höhle gestört, niemand an ihre Geheimnisse gerührt und es gewagt, die Türen zu öffnen, die die Toten und ihren Besitz schützten. Niemand außer Allanon. Und nun…
    Shea schauderte heftig, ohne es sich erklären zu können. Er durfte eigentlich nicht hier sein; er hörte eine ferne, schwache Stimme, die ihm das sagte. Die Halle der Könige war ein Grab - ein Grab für die uralten Toten, kein Ort für die Lebenden. Etwas faßte nach ihm, und er zuckte zusammen. Allanons Hand hatte seine Schulter berührt. Der Druide starrte ihn mit zusammengezogenen Brauen an und rief die anderen leise zu sich.
    »Durch diese Türen am anderen Ende der Halle gelangt man zur Aula«, sagte er und lenkte ihre Blicke auf das andere Ende der Rotunda. »Eine breite Steintreppe führt hinab zu einem großen See, gespeist von einer Quelle, die irgendwo tief im Innern des Gebirges entspringt. Am Fuß der Treppe, direkt vor dem See, steht der Scheiterhaufen, wo die hier begrabenen Monarchen eine gewisse Anzahl von Tagen aufgebahrt lagen, je nach Rang und Reichtum, vermutlich, damit ihre Seelen ins Jenseits zu entkommen vermochten. Wir müssen diese Höhle durchschreiten, um den Tunnel zu erreichen, der uns zur Drachenfalte auf der anderen Seite des Gebirges führt.« Er machte eine Pause und atmete tief. »Als ich das erstemal diese Höhlen durchschritt, vermochte ich mich vor den Augen der Wesen zu verbergen, die hier sind, um Eindringlinge zu vernichten. Für euch kann ich das nicht tun. In der Aula ist etwas, dessen Macht die meine übertreffen mag. Es konnte mich zwar nicht wahrnehmen, aber ich spürte es in den Tiefen des Sees. Unter der Treppe, neben dem See, führen

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