Shannara V
ihm und erlaubten es ihm offenbar, frei in jede Richtung zu schwingen. Er war glatthaarig und sehnig und noch viel bizarrer als das Wolfswesen, das ihnen aus Grimpen Ward heraus gefolgt war.
Der Wisteron blieb stehen und wandte sich um.
Wren stockte der Atem, und sie hielt ihn mit erschreckender Entschlossenheit an. Der Wisteron hing freischwebend vor dem Grau, ein riesiger, angsteinflößender Schatten. Dann schwang er sich plötzlich davon. Er schwang an ihr vorbei wie das Versprechen ihres eigenen Todes, eine Andeutung nur, die sie neckte und leise Drohungen flüsterte. Jedoch sah er sie nicht und wurde nicht langsamer. An diesem Nachmittag war er auf andere Opfer aus.
Und dann war er fort.
Nach einiger Zeit verließen sie ihr Versteck, um weiterzuziehen. Sie waren aufgewühlt und verschreckt und setzten eigentlich nur deshalb ihren Weg fort, weil es sein mußte, wenn sie den In Ju jemals hinter sich lassen wollten. Dennoch hatten sie dieses Ziel noch nicht erreicht, als die Dunkelheit hereinbrach. Daher verbrachten sie die Nacht im Sumpf. Stresa fand eine große Höhle im Stamm eines toten Banyan, und die Fahrenden krochen auf Drängen des Stachelkaters widerwillig hinein. Sie hätten auf eine derartige Enge gern verzichtet, aber es war besser, als draußen im Freien zu schlafen, wo sich die Wesen des Sumpfes an sie heranschleichen konnten. Auf jeden Fall war es in dem Baumstamm trocken, und die Kälte der Nacht war weniger durchdringend. Die beiden Fahrenden hüllten sich in ihre schweren Umhänge und saßen vor der Öffnung. Sie starrten hinaus in die undurchdringliche Dunkelheit, rochen Fäulnis und Schimmel und Feuchtigkeit und beobachteten, wie die Schatten vorbeihuschten, die ständig gegenwärtig waren.
»Was ist das nur, was sich da draußen bewegt?« fragte Wren Stresa schließlich. Sie konnte ihre Neugier nicht länger bezähmen. Sie hatten gerade ihre Mahlzeit beendet. Der Stachelkater schien fast alles verschlingen zu können - Käse, Brot und getrocknetes Fleisch, das sie mit sich trugen, genauso wie die Maden und Insekten, die er für sich selbst aufstöberte. Im Moment saß er dicht neben der Öffnung des Banyan und kaute auf einer Wurzel.
Er schaute alarmiert auf. »Da draußen?« wiederholte er. Die Worte kamen so heiser hervor, daß Wren sie kaum verstehen konnte. »Grrrssst. Nicht viel, wirklich. Einige häßliche, kleine Lebewesen, die unter anderen Umständen nicht wagen würden, ihr Gesicht zu zeigen. Jetzt schleichen sie herum - hhhrrgg -, weil alle wirklich gefährlichen Wesen - außer dem wwwssst Wisteron - vor Arborlon sind und darauf warten, daß der Keel weiter seine Macht verliert.«
»Erzähl mir vom Keel«, drängte sie. Ihre Finger übersetzten die Worte des Stachelkaters für Garth.
Stresa legte die Wurzel beiseite. Das Schnurren war wieder in seiner rauhen Stimme hörbar. »Der Keel ist die Mauer, die die Stadt umgibt. Sie wurde aus Magie gemacht, und die Magie hält die Dämonen fern. Hggghhhh. Aber die Magie wird schwächer, und die Dämonen werden stärker. Selbst die Elfen scheinen nicht in der Lage zu sein, etwas dagegen zu unternehmen.« Der Stachelkater machte eine Pause. »Wie hast du von den Dämonen erfahren? Hssttt. Wie ist dein Name doch gleich? Grrllwren? Wren? Wer hat euch von Morrowindl erzählt?«
Wren lehnte sich an den Stamm des Banyan zurück. »Das ist eine lange Geschichte, Stresa. Ein Flugreiter hat uns hergebracht. Er war derjenige, der uns vor den Dämonen gewarnt hat. Allerdings hat er sie Monster genannt. Weißt du etwas über Flugreiter?«
»Ssttpfft! Die Elfen mit den Riesenvögeln - ja, ich weiß. Sie pflegten hierher zu kommen. Jetzt nicht mehr. Wenn sie jetzt landen, warten die Dämonen. Sie ziehen sie herab und töten sie. Fffftt - das geht ganz schnell. Das wäre auch mit euch geschehen, wenn sie nicht alle vor Arborlon wären - oder zumindest die meisten. Der Wisteron kümmert sich allerdings nicht um solche Dinge.«
Arborlon war die Heimat der Elfen gewesen, dachte Wren, als sie noch im Westland gelebt hatten. Es verschwand, als sie damals verschwanden. Hatten sie es auf Morrowindl neu erbaut? Was hatten sie mit dem Ellcrys gemacht? Hatten sie ihn mitgenommen? Oder war er ein weiteres Mal abgestorben wie zu Zeiten Will Ohmsfords? Gab es darum die Dämonen auf Morrowindl?
»Wie weit sind wir von der Stadt entfernt?« fragte sie und drängte damit ihre Grübeleien beiseite.
»Es ist noch ein langer Weg«, erklärte Stresa. »Der In Ju
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