Shannara V
spürte Garths Hand auf ihrer Schulter, die sie mahnte, daß Vorsicht geboten sei. Sie wandte sich um und sah, daß er in den Dschungel zeigte.
»Hssttt, ja, ich höre es auch«, verkündete Stresa und erhob sich eilig. »Der Wisteron. Er beginnt seine Jagd. Als erstes wird er seine Fallen nach Nahrung untersuchen. Wir müssen schnell von hier fort. Wenn er erst einmal entdeckt hat, daß ich entkommen bin, wird er mich suchen.« Der Stachelkater schüttelte seine Stacheln. »Da ihr euren Weg anscheinend nicht kennt, solltet ihr mir lieber folgen.«
Er lief sofort los. Wren beeilte sich, Schritt zu halten, Garth folgte. »Warte einen Moment! Welche Art Lebewesen ist dieser Wisteron?« fragte sie.
»Es ist besser für euch, wenn ihr es niemals erfahrt«, erwiderte Stresa geheimnisvoll, und alle seine Stacheln standen hoch. »Dieser Sumpf wird der In Ju genannt. Der Wisteron hat hier seine Heimat. Der In Ju erstreckt sich ganz zum Blackledge - und das ist ein riesiges Gebiet. Phffffft.«
Er watschelte davon und bewegte sich dabei weitaus schneller, als Wren erwartet hatte. »Ich verstehe immer noch nicht, wieso du soviel über die Elfen weißt«, sagte sie und hastete hinter ihm her. »Oder wie es kommt, daß du überhaupt sprechen kannst. Kann alles auf Morrowindl sprechen?«
Stresa schaute zurück. Sein Katzenblick war scharf und wissend. »Rrraaaaa - habe ich vergessen, dir das zu sagen? Der Grund dafür, daß ich sprechen kann, ist der, daß die Elfen auch mich gemacht haben. Hsssstt.« Der Stachelkater wandte sich ab. »Genug gefragt im Moment. Es ist besser, wenn wir eine Weile ruhig sind.«
Er lief schnell in den Wald, so leise wie Rauch, so daß Wren und Garth nichts anderes blieb, als ihm zu folgen, während er über ihre Verwirrung und ihren Unglauben nachdachte.
Kapitel 40
Sie flohen eilig und leise durch den In Ju. Der Stachelkater führte sie. Sein bräunlicher Körper watschelte vor ihnen durch Gebüsch und Gräser, unter Dornengestrüpp hindurch und über Baumstämme, als sei alles dasselbe, ein einziges Hindernis, das zu überwinden jeweils denselben Kraftaufwand erforderte. Wren und Garth folgten, wobei sie gezwungen waren, den schwierigeren Boden zu umgehen, ihren Weg sorgfältiger zu wählen und den Boden zu prüfen, bevor sie darauf traten. Es gelang ihnen nur, Schritt zu halten, weil Stresa geistesgegenwärtig genug war, sich hin und wieder nach ihnen umzusehen und zu warten, bis sie aufgeschlossen hatten.
Keiner von ihnen sprach, während sie vorwärts eilten, aber sie alle lauschten sorgfältig darauf, ob Geräusche verrieten, daß der Wisteron sie verfolgte.
Der Dschungel wurde dunkler, und überall tauchten Spinnweben auf. Viele erwiesen sich als Überbleibsel von Fallen, die schon vor langer Zeit zerrissen oder zerfallen waren, aber genauso viele bildeten Auslöser für Netze, die zwischen den Baumspitzen, über das Gestrüpp und sogar über Vertiefungen im Boden gespannt waren. Die Spinnweben waren durchsichtig und unsichtbar, außer dort, wo sie an Blättern oder Erde hafteten und Farbe oder Umriß bekamen, und selbst dann waren sie nur schwer zu entdecken. Wren gab es bald auf, nach etwas anderem zu suchen, sondern konzentrierte sich ausschließlich auf die gefährlichen Netze. Eine Spinne kann sicher Netze wie diese spinnen, dachte sie bei sich, und stellte sich den Wisteron in Gedanken als solche vor.
Ihre Flucht dauerte erst wenige Minuten, als sie ihn schließlich herannahen hörte. Das Geräusch drang deutlich bis zu ihnen - Gestrüpp und Buschwerk zerbrach, Zweige von Bäumen schnellten zurück, Rinde kratzte, und Wasser platschte und schäumte. Der Wisteron war groß, und er machte keine Anstalten, sein Kommen zu verbergen. Es klang, als walze ein Moloch unerbittlich und unentrinnbar alles nieder. Der In Ju erinnerte an eine gewaltige, grüne Kathedrale, der ihre Stille ausgetrieben worden war. Wren war plötzlich sehr ängstlich.
Sie passierten eine ausgedehnte Lichtung, auf der sich ein See gebildet hatte, der sie zum Richtungswechsel zwang. Nach einem Moment des Zögerns gingen sie unmittelbar an einer niedrigen Bodenwelle entlang, auf der eine dichte Dornenhecke wuchs. Stresa bohrte sich hindurch, ohne die Stacheln zu bemerken. Wren und Garth folgten, wobei sie tapfer die Kratzer und Schnitte ignorierten, die sie sich zuzogen, denn die Geräusche des Wisteron hinter ihnen begannen lauter zu werden.
Dann plötzlich verschwanden alle Geräusche.
Stresa blieb sofort
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