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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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seinen Helm ab und wischte sich mit dem Ärmel Staub und Schweiß aus dem Gesicht. Sein wollener Ärmel hinterließ eine schwache Spur von roter Farbe auf seiner Stirn. »Hakeswill ist vom Teufel ausgespuckt worden«, sagte er und setzte den Helm wieder auf sein weiß gepudertes Haar.
    Sharpe fragte sich, ob Tom Garrard mit ihm desertieren würde. Zwei Männer hatten vielleicht bessere Überlebenschancen als einer. Und was war mit Mary? Würde sie mitkommen? Er dachte oft an Mary, wenn seine Gedanken nicht mit etwas anderem beschäftigt waren, und Mary war unauflösbar mit allem sonst verknüpft.
    Es war verwirrend. Sie war Sergeant Bickerstaffs Witwe, halb Inderin, halb Engländerin und zweiundzwanzig, im selben Alter wie Sharpe, jedenfalls glaubte er das. Es konnte auch sein, dass er einundzwanzig oder dreiundzwanzig war. Er war sich nicht ganz sicher, weil er nie eine Mutter gehabt hatte, die es ihm hätte sagen können. Natürlich hatte er eine Mutter gehabt, jeder hat eine, aber nicht jeder hatte eine Cat-Lane-Hure als Mutter, die verschwunden war, gleich nachdem sie ihren Sohn geboren hatte.
    Das Kind war nach dem wohlhabenden Schirmherrn des Waisenhauses benannt worden, in dem es aufgezogen worden war, doch der Name hatte Richard Sharpe keine Förderung, sondern ihn nur an das stinkende Ende des Misthaufens der Armee gebracht. Dennoch glaubte Sharpe, dass er eine Zukunft haben konnte, und Mary sprach einen oder zwei indische Dialekte, was hilfreich sein konnte, wenn er und Tom desertierten.
    Die Kavallerieeinheit zu Sharpes Rechter trieb die Pferde wieder zum Trab, verschwand jenseits der rot blühenden Bäume und ließ nur eine Staubwolke hinter sich, die sich rasch lichtete.
    Zwei Kavalleriegeschütze, leichte 6-Pfünder-Kanonen, folgten den Reitern und hüpften gefährlich hinter den Pferdegespannen. Jede andere Kanone in der Armee wurde von Ochsen gezogen, doch die Kavalleriegeschütze hatten Pferdegespanne, die dreimal so schnell waren wie die schwerfälligen Zugtiere.
    Die einzelne feindliche Kanone feuerte wieder, und der brutale Knall stieß durch die warme Luft. Sharpe konnte jetzt mehr feindliche Geschütze auf der Anhöhe sehen, aber sie waren kleiner als die Kanone, die soeben gedonnert hatte, und Sharpe nahm an, dass sie nicht die Reichweite der größeren Kanone hatten. Dann sah er eine Spur von Grau in der Luft, wie ein vertikaler Bleistiftstrich am blassblauen Himmel, und er wusste, dass die Kugel der großen Kanone direkt auf ihn zukam. Und während die Kugel auf ihn zuraste, wurde ihm schlagartig klar, dass kein Wind die Flugbahn verändern würde, dass er dem Tod ins Auge sah – doch dann schlug die Kanonenkugel etwa ein Dutzend Schritte vor ihm auf den Boden und hüpfte dann über seinen Kopf hinweg, um harmlos in ein Zuckerrohrfeld zu schlagen und auszukollern.
    »Ich nehme an, die Bastarde haben jetzt deine Mutter das Geschütz ausrichten lassen, Dick«, sagte Garrard.
    »Jetzt redet niemand!«, schrie Sergeant Hakeswill. »Spart euren gottlosen Atem! Haben Sie gesprochen, Garrard?«
    »Ich, Sarge? Nein. Ich habe keinen Atem.«
    »Sie haben keinen Atem?« Sergeant Hakeswill eilte an den Reihen der Kompanie entlang und baute sich vor Garrard auf. »Sie haben keinen Atem? Das bedeutet, dass Sie tot sind, Private Garrard! Tot! Nutzlos für den König und das Land, wenn Sie tot sind, aber Sie sind ja ohnehin nie von Nutzen gewesen.« Der böse Blick des Sergeants zuckte zu Sharpe. »Haben Sie geredet, Sharpie?«
    »Nein, ich nicht, Sarge.«
    »Sie haben auch keinen Befehl dazu. Wenn der König wünscht, dass Sie sich unterhalten, hätte ich Ihnen das gesagt. Geben Sie mir Ihre Muskete. Aber fix!«
    Sharpe überreichte dem Sergeant seine Muskete.
    Es war Hakeswills Ankunft in der Kompanie, die Sharpe überzeugt hatte, dass es an der Zeit war, von der Armee wegzulaufen. Er hatte sich ohnehin gelangweilt, aber Hakeswill hatte der Langeweile Ungerechtigkeit hinzugefügt. Nicht, dass Ungerechtigkeit Sharpe viel ausmachte, denn in dieser Welt gab es nur für die Reichen Gerechtigkeit, aber Hakeswill war so boshaft ungerecht, dass kaum ein Mann in der Leichten Kompanie nicht bereit war, zu rebellieren. Alle hielt von der Meuterei nur das Wissen ab, dass Hakeswill fast sehnsüchtig darauf wartete, um sie dann dafür bestrafen zu können. Der Sergeant war groß darin, Unverschämtheit herauszufordern und dann zu bestrafen. Er war einem immer zwei Schritte voraus und wartete mit einem Knüppel hinter

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