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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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immer auf der Raumzeit-Kurve dahintreiben.
    Mit unendlicher Vorsicht ergoss ich mich in den fremden Geist. Ein kurzer, schrecklicher Kampf, dann war er in meinen eingebettet. Die Welt ging unter in Farben und den Flammen schmelzenden Glases. Die Luft wand sich. Das Schimmern auf dem Schirm wurde zum Schatten, dann fest, dann eine sich klärende Dunkelheit …
    »Jetzt!« Ich sprach nicht, ich warf Callina den Befehl einfach zu. Licht stach mir in die Augen, etwas riss an meinem Gehirn, der Fußboden schien zu schwanken, und Callina wurde mir in die Arme geschleudert, als die Energonen die Luft und mein Gehirn versengten.
    Halb betäubt, aber noch bei Bewusstsein sah ich, dass der Schirm leer war. Der fremde Verstand hatte sich von meinem losgerissen.
    Und vor dem Schirm lag, auf dem Fußboden zusammengebrochen, eine zierliche, dunkelhaarige Frau.
    Einen Augenblick später merkte ich, dass ich Callina immer noch in den Armen hielt. Ich ließ sie los, gerade als sie selbst versuchte, sich zu befreien. Sie kniete neben der fremden Frau nieder, und ich ebenfalls.
    »Sie ist nicht tot?«
    »Natürlich nicht.« Callina fühlte bereits mit den sicheren Bewegungen der in Arilinn trainierten Telepathin nach dem Puls der Fremden, obwohl ihr eigener immer noch fadendünn und unregelmäßig war. »Aber diese … diese Transition hat uns beinahe umgebracht, und wir wussten, was wir zu erwarten hatten. Stell dir vor, wie es für sie gewesen sein muss!«
    Weiches braunes Haar fiel ihr übers Gesicht und verbarg ihre Züge. Ich strich es behutsam zurück – und hielt bestürzt inne. Meine Hand blieb auf ihrer Wange liegen.
    »Linnell …«, flüsterte ich.
    »Nein«, sagte Callina. »Linnell schläft in ihrem Zimmer …« Sie blickte auf das Mädchen hinunter, und ihre Stimme schwankte. Dann ging mir auf, wer sie sein musste: die junge Krankenschwester, die ich in jener grauenhaften Nacht in dem terranischen Hospital auf Vainwal gesehen hatte. Obwohl ich wusste, was geschehen war, fürchtete ich einen Augenblick lang, den Verstand zu verlieren. Diese Transition hatte ihren Zoll auch von mir gefordert, und ich brauchte eine Weile, um Puls und Atmung zu beruhigen.
    »Avarra sei uns gnädig«, hauchte Callina. »Was haben wir getan?«
    Natürlich , dachte ich. Natürlich . Linnell stand uns als Schwester und Pflegeschwester beiden nahe. Wir hatten noch heute Abend mit ihr gesprochen. Das Muster war zur Hand gewesen. Trotzdem fragte ich mich: Warum Linnell? Warum hatten wir nicht mich oder Callina dupliziert?
    Ich versuchte, es in einfachen Worten auszudrücken, mehr für mich als für Callina.
    »Cherillys Gesetz. Alles im Universum – du, ich, der Sessel da, die Trinkwasserfontäne auf dem Raumhafen Port Chicago –, alles hat ein einziges genaues Duplikat. Nichts ist einmalig, ausgenommen eine Matrix. Sogar Atome unterscheiden sich in den Umlaufbahnen ihrer Elektronen geringfügig voneinander … Es gibt Gleichungen, nach denen man die Anzahl der möglichen Variationen berechnen kann, aber ein so guter Mathematiker bin ich nicht. Jeff könnte sie dir wahrscheinlich aus dem Gedächtnis vortragen.«
    »Dann ist sie also … Linnells identischer Zwilling …?«
    »Mehr als das; nur etwa einmal unter einer Million Fällen ist ein Zwilling auch das Duplikat nach Cherillys Gesetz. Sie ist ihr wirklicher Zwilling, hat die gleichen Fingerabdrücke, die gleichen Muster in Retina und Gehirnwellen, die gleichen Betagramme, die gleiche Blutgruppe. Wahrscheinlich wird ihre Persönlichkeit der Linnells nicht besonders ähnlich sein, weil sich die Duplikate von Linnells Umgebung über die ganze Galaxis verteilen.« Ich wies auf die kleine Narbe an ihrem Kinn, drehte das schlaffe Handgelenk, wo das Mal der Comyn ins Fleisch eingebettet war. »Ein Muttermal«, sagte ich, »aber es ist identisch mit Linnells Siegel, siehst du? Fleisch und Blut sind identisch, und sogar ihre Chromosomen würden sich, wenn du sie so tief überwachen könntest, als identisch mit denen Linnells erweisen.«
    Callina konnte ihren Blick nicht von der Fremden lösen. »Dann kann sie in dieser … dieser fremden Umgebung leben?«
    »Natürlich, wenn sie mit Linnell identisch ist«, antwortete ich. »Ihre Lungen atmen den gleichen Sauerstoffbestandteil der Luft wie unsere, und ihre inneren Organe sind an die gleiche Schwerkraft angepasst.«
    »Kannst du sie tragen?«, fragte Callina. »Sie wird einen schweren Schock erleiden, wenn sie an diesem Ort aufwacht.«
    Ich grinste

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