Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
nicht.«
    Meine Cousine von Terra. Auch das musste Callina sich ausgedacht haben. Nun, es erklärte die leichte Unsicherheit, mit der Kathie Darkovanisch sprach. Kathie sagte freundlich: »Ich habe keinen Tanzunterricht gehabt, Linnell.«
    »Nein? Was hast du dann gelernt? Lew, tanzt man auf Terra nicht?«
    »Der Tanz«, dozierte ich trocken, »ist integraler Bestandteil aller menschlichen Kulturen. Es ist eine Gruppenaktivität, die von den Gruppenbewegungen der Vögel und Anthropoiden auf uns überkommen ist, und gleichzeitig eine gesellschaftliche Umsetzung des Paarungsverhaltens aller höheren Primaten, den Menschen eingeschlossen. In quasi-menschlichen Kulturen wie der Chieri wird der Tanz ein ekstatisches Verhaltensmuster ähnlich der Trunkenheit. Ja, man tanzt auf Terra, auf Megaera, Samarra, Alpha Ten, Vainwal, kurz, vom einen Ende der Galaxis zum anderen. Wer weitere Informationen wünscht: Vorlesungen über Anthropologie werden in der Stadt gehalten; ich bin nicht in der Stimmung dafür.« Mit einem Tonfall, der, wie ich hoffte, einem Cousin angemessen war, wandte ich mich an Kathie. »Ich schlage vor, wir tanzen stattdessen.«
    Als wir tanzten, erklärte ich Kathie: »Du hast sicher nicht gewusst, dass das Tanzen für die Kinder hier ein wichtiges Unterrichtsfach ist. Linnell und ich haben es beide gelernt, als wir eben laufen konnten. Ich hatte nur die Grundausbildung – danach wechselte ich zu Kampfübungen über –, aber Linnell hat die Kunst des Tanzens seitdem ständig studiert.« Ich warf einen liebevollen Blick auf Linnell zurück, die mit Regis Hastur tanzte. »Auf Vainwal war ich ein- oder zweimal bei einer Tanzveranstaltung. Sind unsere Tänze so anders?«
    Während ich sprach, sah ich mir die terranische Frau genau an. Kathie hatte Mut und Verstand, stellte ich fest. Beides brauchte sie, um nach dem erlittenen Schock auf diesem Ball zu erscheinen und schweigend die ihr zugewiesene Rolle zu spielen. Und Kathie hatte noch eine seltene Eigenschaft: Sie schien gar nicht zu merken, dass der Arm, der um ihre Taille lag, ungleich jedem anderen Arm und jeder anderen Hand war. Das ist nicht das Übliche; sogar Linnell hatte erst einmal hingestarrt. Nun, Kathie arbeitete in Krankenhäusern, sie hatte wahrscheinlich schon Schlimmeres gesehen.
    Mit vorgetäuschtem Gleichmut fragte Kathie: »Und Linnell ist deine Cousine, deine Verwandte …?«
    »Meine Pflegeschwester; sie ist in meines Vaters Haus erzogen worden. Wir sind nicht blutsverwandt, nur insofern, als alle Comyn gemeinsame Vorfahren haben.«
    »Sie ist sehr … also, es ist, als sei sie wirklich meine Zwillingsschwester; mir kommt es vor, als hätte ich sie schon immer gekannt. Gleich als ich sie sah, hatte ich sie lieb. Aber vor Callina fürchte ich mich. Nicht etwa, dass sie unfreundlich zu mir wäre – niemand hätte netter sein können –, sie wirkt nur so distanziert, irgendwie nicht ganz menschlich.«
    »Sie ist Bewahrerin«, erklärte ich. »Bewahrerinnen lernen, Gefühle nicht zu zeigen, das ist alles.« Aber ich fragte mich, ob das wirklich alles war.
    »Bitte …« – Kathie berührte meinen Arm – »… Lass uns aufhören. Auf Vainwal war ich eine ganz gute Tänzerin, hier jedoch komme ich mir wie ein stolpernder Elefant vor!«
    »Wahrscheinlich hast du keinen so intensiven Unterricht gehabt.« Für mich war dies das Merkwürdigste an Terra: die Gleichgültigkeit, mit der die Leute dies eine Talent betrachteten, durch das sich der Mensch vom vierfüßigen Tier unterscheidet. Auf Darkover gibt es ein Sprichwort: Nur Menschen lachen, nur Menschen tanzen, nur Menschen weinen . Frauen, die nicht tanzen können – mangelt es ihnen nicht an echter Schönheit?
    Ich wollte Kathie in die Ecke zurückführen, wo die jungen Frauen warteten, und als ich mich umdrehte, sah ich Callina den Ballsaal betreten. Und für mich verstummte die Musik.
    Ich habe die schwarze Nacht des interstellaren Raums gesehen, besetzt mit hundert Millionen Sternen. So sah Callina aus, umhüllt von einem Gespinst, das wie aus diesem Himmel gerissen war, das dunkle Haar in einem Netz aus blassen Konstellationen. Überall wurde die Luft angehalten, wurde erschrocken aufgekeucht.
    »Wie schön sie ist«, flüsterte Kathie. »Aber was stellt ihr Kostüm dar? So etwas habe ich noch nie gesehen …«
    »Ich habe keine Ahnung«, log ich. Die Geschichte wird in der Ballade von Hastur und Cassilda erzählt, der ältesten Legende der Comyn. Camilla wird anstelle ihrer hellen

Weitere Kostenlose Bücher