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Sharras Exil

Sharras Exil

Titel: Sharras Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die ihn seit Jahren verkrüppelte, aber immer noch stark und dominierend. Ich war mir nie sicher, ob ich die körperliche Anwesenheit meines Vaters wahrnahm oder die geistige, beherrschende Kraft, die mein Leben bestimmte, seit er, als ich elf war, meinen Geist mit Gewalt der Alton-Gabe geöffnet hatte – der Gabe des erzwungenen Rapports sogar mit Nicht-Telepathen, ein Charakteristikum der Alton-Domäne. Er hatte es getan, weil er dem Comyn-Rat mit keiner anderen Methode beweisen konnte, dass ich würdig war, der Erbe von Alton zu sein. Aber seitdem muss ich damit leben.
    Meine nicht vorhandene Hand pochte von dem Schlag des Stumpfs auf das Geländer. Merkwürdig, dieser Schmerz – ich fühlte ihn in meinem vierten und sechsten Finger … als hätte ich mir einen Nagel weggebrannt. Und doch war nichts da, nichts als eine leere Narbe … Man hatte es mir erklärt, Phantomschmerz, im übrigen Arm noch vorhandene Nerven. Verdammt real für ein Phantom. Endlich hatten die terranischen Mediziner und sogar mein Vater eingesehen, dass für die Hand nichts mehr getan werden konnte, und sie entschlossen sich, was sie gleich zu Anfang hätten tun sollen, sie zu amputieren. Nichts hatte getan werden können, nicht einmal mit ihrer (zu Recht) berühmten medizinischen Wissenschaft. Mir grauste noch immer in der Erinnerung an das verrenkte, entsetzliche Ding, das die Krönung ihrer letzten Regenerationsversuche gewesen war. Das, was in den Körperzellen einer Hand befiehlt, eine Hand zu sein mit Handfläche und Fingern und Nägeln und nicht eine Klaue oder eine Feder oder ein Auge, war von Sharra weggebrannt worden, und einmal hatte ich durch die Drogenbetäubung gesehen, zu was meine Hand geworden war …
    Zwinge meine Gedanken auch davon weg … gibt es überhaupt noch etwas, woran ich ohne Gefahr denken kann? Ich blickte in den stillen Himmel hinauf, aus dem die letzten verweilenden Spuren des Abendrots verschwunden waren.
    Er sagte ruhig: »In der Dämmerung ist es am schlimmsten, glaube ich. Ich war noch nicht einmal ganz erwachsen, als ich das erste Mal nach Terra kam. Bei Sonnenuntergang ging ich immer hierher, damit meine Cousins und Pflegebrüder mich nicht beobachten konnten. Man bekommt es so satt …« Er stand mit dem Rücken zu mir, und es war sowieso zu dunkel, um sein Gesicht zu erkennen, aber trotzdem sah ich im Geist das schiefe, traurige Halblächeln. »… so satt, immer nur den gleichen alten Mond zu sehen. Und meine terranischen Cousins hielten es für eine Schande, wenn ein Junge meines Alters weinte. Deshalb achtete ich nach dem ersten Mal darauf, dass sie es nicht merkten.«
    Auf Darkover gibt es ein Sprichwort: Nur Menschen lachen, nur Menschen tanzen, nur Menschen weinen .
    Aber für meinen Vater war es anders gewesen, dachte ich in wildem Neid. Er war aus freiem Willen hergekommen und zu dem Zweck, eine Brücke zwischen unsern Völkern, den Terranern und den Darkovanern, zu schlagen. Larry Montray, sein terranischer Freund, blieb auf Darkover als Pflegesohn der Alton-Domäne, Kennard Alton wurde in den terranischen Wissenschaften ausgebildet. Aber ich?
    Ich war ein Verbannter, zerbrochen, verstümmelt. Meine geliebte Marjorie war tot, weil ich, wie mein Vater vor mir, versucht hatte, eine Brücke zwischen dem terranischen Imperium und Darkover zu schlagen. Und ich hatte bessere Gründe gehabt: Ich war ein Sohn beider Welten, weil Kennard, der reine Comyn, Montrays Halbschwester Elaine heiratete. Also versuchte ich es, aber ich hatte das falsche Werkzeug gewählt, die Sharra-Matrix. Ich versagte und lebte weiter, und jetzt ist alles, was das Leben für mich lebenswert macht, tot oder durch eine halbe Galaxis von mir getrennt. Auch die Hoffnung, die meinen Vater bewog, mich herzubringen – dass meine Hand, im Feuer Sharras verbrannt, irgendwie gerettet oder regeneriert werden könnte –, hat sich als bloßes Trugbild erwiesen, zuschanden geworden trotz allem, was ich habe durchmachen müssen. Und ich bin hier auf einer verhassten Welt, die mir gleichzeitig fremd und vertraut ist.
    Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Ich konnte meinen Vater jetzt erkennen, einen Mann am Ende der mittleren Jahre, gebeugt und lahm, das einmal feuerrote Haar ganz grau, das Gesicht zerfurcht von Schmerz und Zweifeln.
    »Lew, möchtest du zurück? Wäre es dann leichter für dich? Ich war aus einem bestimmten Grund hier, ich war ein Austauschstudent mit einer offiziellen Mission. Es war eine ehrenvolle Aufgabe.

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