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Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier

Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier

Titel: Sherlock Holmes - Im Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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da es hier nicht passieren kann, daß die Nummer verloren geht oder fälschlich an einen anderen Artikel gerät. Hier sind nicht weniger als vier Nummern unterm Vergrößerungsglas auf der Innenseite des Gehäusedeckels zu erkennen. Schlußfolgerung: Bei Ihrem Bruder war oft Ebbe in der Kasse. Zweite Schlußfolgerung: Gelegentlich ging es ihm besser, sonst hätte er den versetzten Gegenstand nicht auslösen können. Schließlich darf ich Sie bitten, sich einmal die Innenseite anzusehen, wo sich das Schlüsselloch befindet. Sehen Sie die tausend Kratzer rund um das Loch, wo der Schlüssel abgeglitten ist? Könnte ein nüchterner Mann mit dem Schlüssel solche Rillen und Kratzer verursachen? Aber nie werden Sie eines Trunkenbolds Uhr ohne sie sehen. Er ziehtsie des Nachts auf und hinterläßt diese Spuren seiner unsicheren Hand. Wo ist also hier irgend etwas Mysteriöses?«
    »Es ist alles klar wie der helle Tag«, antwortete ich, »Ich bedauere, daß ich Ihnen unrecht tat. Ich hätte mehr Vertrauen in Ihre wunderbaren Fähigkeiten haben sollen. Darf ich fragen, ob Sie gerade wieder mit einer neuen Untersuchung befaßt sind?«
    »Mit keiner. Daher das Kokain. Ohne Arbeit für meinen Geist kann ich nicht leben. Was gibt es sonst, wofür man leben könnte? Stellen Sie sich einmal hier an dieses Fenster. Gab es je eine so trostlose, traurige, unnütze Welt? Sehen Sie, wie der gelbe Nebel die Straße hinunterzieht und über die grauen und braunen Häuser hinwegtreibt? Wie ist das doch alles so hoffnungslos prosaisch und materiell! Was nützt es, Kräfte zu haben, Doktor, wenn man kein Feld hat, wo man sie betätigen kann? Das Verbrechen ist etwas Alltägliches, das Dasein ist etwas Alltägliches, und keine Fähigkeiten außer den alltäglichen haben irgendeinen Zweck auf Erden.«
    Ich öffnete meinen Mund, um auf diese Tirade zu antworten, als mit einem kräftigen Klopfen unsere Wirtin eintrat und eine Visitenkarte auf dem Messingtablett hereinreichte.
    »Eine junge Dame für Sie, Sir«, sagte sie, sich an meinen Freund wendend.
    »Miß Mary Morstan«, las er. »Hm! Der Name sagt mir nichts. Bitten Sie doch die junge Dame
    heraufzukommen, Mrs. Hudson. Gehen Sie nicht, Doktor. Es wäre mir lieb, wenn Sie dablieben.«
    2. KAPITEL

Die Darlegung des Falles
    Äußerlich gelassen und mit festem Schritt betrat Miß Morstan das Zimmer: eine blonde junge Dame, klein, zierlich und von den Handschuhen bis zum Hut äußerst geschmackvoll angezogen. Jedoch fiel eine gewisse Einfachheit und Schlichtheit in ihrer Kleidung auf, die wohl auf beschränkte Mittel schließen ließ. Das Kleid war von einem dunklen Graubeige, ohne Besatz und Borte, und dazu trug sie einen kleinen Turban im selben gedämpften Farbton, den an der Seite nur eine winzige weiße Feder aufhellte.
    Ihr Gesicht war weder regelmäßig noch schön zu nennen, aber es hatte einen sympathischen,
    liebenswerten Ausdruck, und von ihren großen blauen Augen ging ein einzigartiger Zauber aus. Meine Erfahrung mit Frauen erstreckt sich über viele Länder und drei verschiedene Kontinente, aber nie habe ich in ein Gesicht geschaut, das klarer eine lautere und edle Seele widerspiegelte. Als sie auf dem Stuhl Platz nahm, den ihr Sherlock Holmes anbot, konnte ich nicht umhin zu bemerken, wie ihre Lippen bebten und ihre Hand zitterte, was von einer starken inneren Erregung zeugte.
    »Ich bin zu Ihnen gekommen, Mr. Holmes«, sagte sie, »weil sie einmal meiner Chefin, Mrs. Cecil
    Forrester, aus einer kleinen häuslichen Schwierigkeit heraushalfen. Sie war von Ihrer Freundlichkeit und Ihrem Geschick sehr beeindruckt.«
    »Mrs. Cecil Forrester«, wiederholte Holmes nachdenklich. »Ja, ich glaube, ich konnte ihr einen kleinen Dienst erweisen. Der Fall war jedoch nach meiner Erinnerung auch sehr einfach.«
    »Sie war anderer Meinung. Aber jedenfalls können Sie das von meinem Fall nicht behaupten. Ich kann mir kaum etwas vorstellen, das seltsamer und unerklärlicher wäre, als die Situation, in der ich mich befinde.«
    Holmes rieb sich die Hände, und seine Augen glänzten. Auf seinem scharfgeschnittenen Gesicht, das an einen Habicht erinnerte, zeigte sich ein Ausdruck außergewöhnlicher Konzentration, als er sich auf seinem Stuhl vorbeugte.
    »Tragen Sie Ihren Fall vor«, sagte er im geschäftsmäßigen Ton.
    Mir wurde meine Lage langsam peinlich. Ich empfand meine Anwesenheit als überflüssig.
    »Sie werden mich sicher entschuldigen«, sagte ich und erhob mich von meinem Stuhl.
    Zu

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