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Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot

Titel: Sherlock Holmes - Studie in Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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bedeutet Leben, die andere Tod. Ich werde diejenige nehmen, die du übrigläßt.
    Wollen doch mal sehen, ob es noch Gerechtigkeit auf dieser Erde gibt oder ob wir ganz und gar vom Zufall regiert werden.<
    Er stöhnte und jammerte weiter und bettelte um Gnade. Ich zog jedoch mein Messer aus der Scheide und hielt es ihm an die Gurgel, so daß er mir endlich gehorchte. Ich schluckte dann die andere Pille. So standen wir wohl eine Minute lang einander schweigend gegenüber und warteten ab, wer von uns wohl überleben werde. Niemals werde ich den Blick vergessen, als er die ersten Anzeichen der Vergiftung in seinem Körper spürte. Als ich das sah, lachte ich und hielt ihm Lucys Ehering vor die Augen. Allerdings dauerte es nur einen Augenblick, denn das Gift wirkte sehr schnell. In einem Anfall von Schmerzen verzerrten sich seine Glieder schrecklich, seine Hände griffen ins Leere, er schwankte, tat ein paar unsichere Schritte und fiel dann mit einem heiseren Schrei zu Boden.
    Mit dem Fuß drehte ich ihn um und legte meine Hand auf sein Herz. Es schlug nicht mehr. Er war tot.
    Das Blut war inzwischen in Strömen aus meiner Nase geflossen, aber ich hatte nicht darauf geachtet. Ich weiß selber nicht mehr, was mir in den Sinn kam, daß ich mit meinem Blut an die Wand schreiben sollte. Vielleicht hatte ich die etwas übermütige Idee, daß ich die Polizei auf die falsche Fährte locken konnte, denn ich fühlte mich so froh, und mein Herz war leicht.
    Mir war eingefallen, daß man eines Tages in New York einen ermordeten Deutschen
    gefunden hatte, dem das Wort RACHE über den ganzen Körper geschrieben worden war. In
    allen Zeitungen hatte man sich damals darüber ausgelassen, daß hinter diesem Mord eine Geheimorganisation stecken müsse. Ich überlegte mir, daß das, was der New Yorker Polizei Kopfzerbrechen macht, auch wohl der englischen Polizei Rätsel aufgeben könnte. So tauchte ich meinen Finger in mein eigenes Blut und schrieb an eine geeignete Stelle an die Wand das Wort. Dann ging ich zurück zu meiner Kutsche, sah noch immer keinen Menschen in der
    Nähe und noch immer stürmte und regnete es. Ich war schon eine gute Strecke gefahren, als ich meine Hand in die Tasche steckte, in der ich Lucys Ehering immer aufbewahre. Aber der Ring war nicht mehr dort. Ich war wie vom Donner gerührt, denn dieser Ring war das einzige Erinnerungsstück an sie. Ich dachte mir, ich hätte ihn wohl verloren, als ich mich über Drebbers Leiche gebeugt hatte. Darum fuhr ich zurück. Diesmal ließ ich die Kutsche in einer Seitenstraße. Ich ging ganz mutig auf das Haus zu, bloß um dann beinahe direkt in die Arme eines Polizisten zu laufen, der gerade aus dem Haus kam. Ich schaffte es gerade noch, ihn von seinem Verdacht abzulenken, indem ich den hoffnungslos Betrunkenen spielte.
    Auf diese Weise fand Enoch Drebber sein Ende. Was jetzt noch zu tun war, war Stangerson zu finden, damit auch John Ferriers Rechnung beglichen wurde. Ich wußte ja nun, daß er im Halliday Hotel einlogiert war. Den ganzen Tag lang hing ich in der Nähe herum, aber der Kerl kam nicht einmal heraus. Ich kann mir vorstellen, daß er etwas ahnte, als Drebber nicht wieder auftauchte. Dieser Stangerson war gerissen und sehr auf seiner Hut. Wenn er aber dachte, er käme davon, indem er sich innerhalb des Hotels aufhielt, so täuschte er sich gewaltig. Ich fand bald heraus, in welchem Zimmer er wohnte. Am frühen Morgen bediente ich mich einiger Leitern, die in der Seitenstraße abgestellt worden waren. So gelangte ich am nächsten bei Tagesanbruch in sein Zimmer. Ich weckte ihn und sagte ihm, daß nun die Zeit gekommen sei, wo er sich für das Leben zu verantworten hätte, das er vor so vielen Jahren genommen hätte. Ich beschrieb ihm, wie Drebber gestorben war und auch ihm gab ich die
    Wahl zwischen den beiden Tabletten. Statt aber die einzige Chance zu ergreifen und eventuell sicher davonzukommen, sprang er aus dem Bett und ging mir an die Gurgel. In
    Selbstverteidigung stach ich ihn nieder. Es war aber wohl egal, denn sicherlich hätte die Vorsehung ihm niemals etwas anderes erlaubt, als die vergiftete Tablette zu nehmen.
    Jetzt habe ich nur noch wenig zu sagen und es ist auch gut so, denn ich bin am Ende meiner Kräfte. Ich ging in den nächsten Tagen weiterhin meinem Kutscherberuf nach. Ich wollte so lange arbeiten, bis ich Geld genug zusammen hatte, um wieder nach Amerika zu fahren. Ich stand also an meinem Platz, als ein zerlumpter Junge auf mich zukam, mich

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