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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Umzug nach Boulder hatte er das zweimal erlebt, und er wusste noch, wie es ihn überrascht und gefreut hatte, dass Tony ihm von Vermont nachgereist war. Danny hatte also doch nicht alle seine Freunde zurücklassen müssen.
    Das erste Mal war er hinten im Hof gewesen, und es war nichts weiter passiert. Tony hatte nur kurz gewinkt, dann Dunkelheit, und ein paar Minuten später erkannte Danny wieder die Wirklichkeit und hatte nur noch eine vage Erinnerung wie nach einem verworrenen Traum. Das zweite Mal, vor zwei Wochen, war interessanter gewesen. Tony hatte aus einiger Entfernung gewinkt und gerufen: »Danny … komm, sieh nur …« Es war, als ob er aufstand und dann in ein tiefes Loch fiel wie Alice ins Wunderland. Dann hatte er sich plötzlich mit Tony im Keller des Hauses befunden, und Tony hatte in den Schatten auf den Koffer gezeigt, in dem Daddy seine wichtigen Papiere und besonders »DAS STÜCK« aufbewahrte.
    »Siehst du?« hatte Tony in seinem leisen, singenden Tonfall gesagt.
    »Er steht unter der Treppe. Direkt unter der Treppe. Die Umzugsleute haben ihn direkt … unter … die Treppe gestellt.«
    Danny war vorgetreten, um sich das Wunder näher anzusehen, und dann war er wieder gefallen, diesmal von der Schaukel, auf der er die ganze Zeit gesessen hatte. Zuerst hatte er gar keine Luft mehr bekommen können.
    Drei oder vier Tage später war Daddy im Haus herumgerannt und hatte Mommy wütend erzählt, dass er den ganzen verdammten Keller abgesucht habe, und der Koffer sei nicht da, und er würde die verdammten Umzugsleute verklagen, die ihn irgendwo zwischen Vermont und Colorado verloren hatten. Wie solle er denn jetzt »DAS STÜCK« fertigschreiben, wenn so etwas passierte?
    Danny sagte: »Nein, Daddy. Er steht unter der Treppe. Die Umzugsleute haben ihn unter die Treppe gestellt.«
    Daddy hatte ihm einen merkwürdigen Blick zugeworfen und war nach unten gegangen, um nachzusehen. Der Koffer hatte genau an der Stelle gestanden, die Tony ihm gezeigt hatte. Daddy hatte ihn beiseite genommen und auf den Schoß gehoben und ihn gefragt, wer ihn in den Keller gelassen hätte. Sei es vielleicht Tom von oben gewesen? Der Keller sei gefährlich, sagte Daddy. Deshalb hielt der Hauswirt ihn immer verschlossen. Hatte jemand ihn offengelassen? Er freue sich zwar, die Papiere und sein STÜCK gefunden zu haben, aber wie leicht hätte Danny die Treppe hinunterfallen und sich das … Bein brechen können. Danny erzählte seinem Daddy ganz ernsthaft, dass er nicht im Keller gewesen sei. Die Tür sei immer verschlossen, und Mommy bestätigte das. Danny ginge nie in den Keller, weil es dort so feucht und dunkel und voller Spinnen sei. Er habe also nicht gelogen.
    »Und wie konntest du es dann wissen, Doc?« fragte Daddy.
    »Tony hat es mir gezeigt.«
    Seine Mutter und sein Vater hatten sich über seinen Kopf hinweg nur angeschaut. Sie hatten Ähnliches schon erlebt, und weil es sie so verstörte, verdrängten sie es rasch. Aber er wusste, dass sie sich wegen der Sache mit Tony Sorgen machten, besonders Mommy, und er bemühte sich, in ihrer Gegenwart nicht so zu denken, dass Tony erscheinen konnte. Jetzt aber hatte sie in der Küche noch nichts zu tun und schlief wahrscheinlich. Er konnte sich also scharf konzentrieren, um herauszufinden, was Daddy gerade dachte.
    Er legte die Stirn in Falten, und seine etwas schmutzigen Hände ballten sich auf seinen Jeans zu Fäusten. Er schloss die Augen nicht – das musste nicht unbedingt sein – aber er verengte sie zu Schlitzen und stellte sich Daddys Stimme vor, sonor und ruhig, manchmal etwas hektisch, wenn er fröhlich war, und manchmal, wenn er böse war, klang sie noch tiefer, und, wenn er nachdachte, wieder ganz ruhig. Wenn er über irgendetwas nachdachte. An etwas dachte. Dachte …
    (denken)
    Danny seufzte leise, und er sackte auf dem Bordstein zusammen, als hätte er gar keine Muskeln mehr. Er war voll bei Bewusstsein; er sah die Straße und den Jungen und das Mädchen auf dem gegenüberliegenden Gehweg, die Hand in Hand gingen, weil sie
    (sich liebten?)
    sich freuten, dass sie an diesem Tag Zusammensein durften. Er sah, wie der Wind das gelbe Herbstlaub über das Pflaster fegte, gelbe, unregelmäßig geformte Blätter, die sich wirbelnd drehten. Er sah das Haus, an dem sie vorbeistoben, und bemerkte, dass es mit Schindeln gedeckt war. (Schindeln. Ich denke, das wird kein Problem sein, wenn nur die Kehlbleche in Ordnung sind. Ich werde es schon schaffen. Dieser Watson. Das ist

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