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Sieben Phantastische Geschichten

Sieben Phantastische Geschichten

Titel: Sieben Phantastische Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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ausgetrocknete Hülle, aus der der Leib des Gefühls verschwunden ist.
    Zuerst schien sich nach jenem Schlag in ihr Gesicht wenig zu ändern. Ich erinnere mich, wie ich oben in dem Zimmer mit meiner schmerzenden Hand stand. Ich rief mich zur Ruhe, wischte mir das Gesichtspuder von den Knöcheln und beschloß, mein Leben an mir vorbeiziehen zu lassen. Von da an hörte ich zu trinken auf und ging jeden Tag ins Büro; ich widmete mich meiner Arbeit.
    Für Serena jedoch war der Vorfall die erste Stufe von etwas, was sich als entscheidende Wandlung erwies. Innerhalb weniger Tage erkannte ich, daß sie etwas von ihrer Blüte verloren hatte. Ihr Gesicht verzog sich, die Nase trat mehr hervor. Der Mundwinkel schwoll dort, wo ich sie geschlagen hatte, an und nahm einen irgendwie ironischen Zug nach unten an. Ohne den jungen Friseur – den ich innerhalb von zehn Minuten, nachdem ich sie geschlagen hatte, entlassen hatte – schien sich Serenas Verfall zu beschleunigen. Die komplizierte Frisur, die ihr der junge Mann verpaßt hatte, löste sich auf, die widerspenstigen Haare fielen ihr auf die Schulter.
    Gegen Ende unseres zweiten gemeinsamen Jahres war Serena Cockayne ein volles Jahrzehnt gealtert. Zuweilen, wenn ich sie anblickte, wie sie gebeugt in dem noch immer prächtigen Kleid auf dem güldenen Stuhl saß, bildete ich mir beinahe ein, sie hätte sich entschlossen, mit mir im Rahmen eines komplizierten Racheplans gleichzuziehen und mich hinter sich zu lassen. Ihre Haltung war zusammengefallen und ihre gerundeten Schultern verliehen ihr den vorzeitig gebeugten Rücken einer alten Frau. Ihr schweifender Blick und das widerspenstige Haar erinnerten mich oft an eine müde alte Jungfer in mittleren Jahren. Ihre Hände hatten sich schließlich vereinigt, beschützerisch und versonnen verschränkt.
    Kürzlich ist es zu einer weitaus beunruhigenderen Entwicklung gekommen. Drei Jahre nach unserer ersten Begegnung trat Serena in ein radikal neues Stadium des Verfalls ein. Als Folge einer angeborenen Rückgrat schwäche, vielleicht als Nachwirkung der Operation, deren Narben ihr Kreuz überziehen, hat sich Serenas Haltung verändert. Früher beugte sie sich leicht nach vorn, aber vor drei Tagen stellte ich fest, daß sie in den Stuhl zurückgesunken war. Jetzt sitzt sie steif und unbehaglich da, betrachtet die Welt mit kritischem, verstörtem Blick, wie eine verrückte verblichene Schönheit. Ein Augenlid hat sich halb geschlossen, wodurch ihr aschfarbenes Gesicht beinahe wie eine Leiche wirkt. Ihre Hände haben den langsamen Kollisionskurs fortgesetzt und begonnen, sich umeinander zu verrenken, sie drehen sich um eine entstellte Parodie ihrer selbst, die bald in eine obszöne Geste übergehen wird.
    In erster Linie aber erschreckt mich ihr Lächeln. Sein Anblick bringt mein ganzes Leben in Unordnung, es ist mir aber unmöglich, die Augen abzuwenden. Mit dem Einsinken ihres Gesichts ist das Lächeln breiter und noch schiefer geworden. Auch wenn es zwei Jahre gedauert hat, bis es seine volle Wirkung erreichte, hat es der Schlag auf den Mund doch in eine anklagende Grimasse verwandelt. Serenas Lächeln hat etwas Wissendes und Unversöhnliches an sich. Wenn ich jetzt durch das Arbeitszimmer blicke, scheint es meinen Charakter völlig zu durchschauen, ein mir unbekanntes Urteil, dem ich nie entkommen kann.
    Jeden Tag kriecht das Lächeln ein wenig weiter über ihr Gesicht. Sein Fortschritt ist unregelmäßig und enthüllt Aspekte ihrer Verachtung für mich, die mich lähmen und sprachlos machen. Es ist kalt hier drinnen, denn die niedrige Temperatur hilft, Serena zu erhalten. Wenn ich die Heizung aufdrehe, könnte ich sie vermutlich in ein paar Wochen loswerden, aber dazu bin ich niemals imstande. Ihr Grinsen allein hindert mich daran. Außerdem bin ich völlig an Serena gefesselt.
    Glücklicherweise altert Serena nun schneller als ich. Den Mantel um die Schultern, beobachte ich ohne Hoffnung, wie sie lächelt, und warte auf ihren Tod, der mir meine Freiheit wiedergeben wird.

    Motelarchitektur

    Motel Architecture

    aus: J. G. Ballard: Mythen der nahen Zukunft, Suhrkamp, 1985
Übersetzung: Franz Rottensteiner

    Die junge Servicekraft traf in dem Augenblick ein, als in Pangborn der Verdacht wach wurde, daß sich etwas im Solarium versteckt hielt. Die Anwesenheit dieser schick uniformierten, aber gelangweilten Frau, die mit ihrem Metallkoffer um seinen Rollstuhl klapperte, zerrte so sehr an seinen Nerven, daß er zunächst nichts

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