Sieben Phantastische Geschichten
Geschenke zu Füßen. Einen Augenblick lang schienen sich ihre Hände beinahe zu berühren, als wollte sie meinen Bemühungen Beifall klatschen. Mich unter dem Mistelzweig über ihren Kopf niederbeugend, brachte ich meine Liebe in denselben Abstand zu ihr, der ihre Hände trennte.
Auf all diese Aufmerksamkeit und Ergebenheit reagierte Serena wie eine Braut. Ihr schmales Gesicht, einst so naiv in seinem angedeuteten Lächeln, entspannte sich in die zufriedene Pose einer erfüllten jungen Frau. Nach Neujahr beschloß ich, daß wir wieder in die Welt hinausgehen würden, und veranstaltete die erste einer Reihe kleiner Dinnerpartys. Meine Freunde waren froh, uns bei so guter Laune zu finden, und nahmen Serena als eine der Ihren auf. Ich kehrte ins Büro zurück und arbeitete tagsüber glücklich, bis ich mich nach Hause aufmachte, wo Serena unfehlbar mit der warmen Zuneigung einer stolzen und ergebenen Frau auf mich wartete.
Während ich mich für eine dieser Dinnerpartys umzog, fiel mir ein, daß Serena, als einzige von uns allen, nicht imstande war, ihre Kleidung zu wechseln. Unglücklicherweise zeigten sich die ersten Anzeichen einer übermäßigen Häuslichkeit in der Nachlässigkeit ihres persönlichen Make-ups. Die einst komplizierte Haarpracht war zerdrückt worden und an den abstehenden blonden Haaren fing sich das Sonnenlicht allzu deutlich. Ebenso zeigte das einst makellose Make-up ihres Gesichts jetzt die ersten Anzeichen des Verschleißes.
Ich überlegte mir die Sache und beschloß, die Dienste eines nahegelegenen Friseur- und Schönheitssalons in Anspruch zu nehmen. Als ich anrief, war man sofort einverstanden, mir einen Angestellten ins Haus zu senden.
Und damit begann der ganze Ärger. Das eine Gefühl, dessen ich mich nie für fähig gehalten hätte und das ich zuvor nie für ein menschliches Wesen empfunden hatte, umkrallte mein Herz.
Der junge Mann, der kam, begleitet von einem Möbelspeicher en miniature an Utensilien, wirkte ziemlich harmlos. Zwar war er von dunklem und mächtigem Körperbau, doch war etwas Unmännliches an ihm, und es bestand wirklich keine Gefahr, wenn ich ihn mit Serena allein ließ.
Trotz seiner Selbstsicherheit wirkte er überrascht, als ich ihn Serena vorstellte, sein höfliches »Guten Morgen, gnädige Frau –« verlor sich in einem Gemurmel. In der kühlen Luft zitternd, starrte er sie mit offenen Mund an, offenkundig verblüfft über ihre Schönheit und ruhige Gelassenheit. Ich überließ ihn seiner Aufgabe und verbrachte die nächste Stunde in meinen Arbeitszimmer, in meiner Tätigkeit ab und zu abgelenkt durch ein paar Takte aus dem »Barbier von Sevilla« und »My Fair Lady«, welche dieTreppe herunterdrangen. Als er fertig war, begutachtete ich seine Arbeit und war erfreut festzustellen, daß er Serena jede Spur ihres früheren Glanzes zurückgegeben hatte. Die übermäßig häusliche Hausfrau war verschwunden, und an ihre Stelle war die naive Aphrodite getreten, die ich vor sechs Monaten zuerst in dem Kuriositätenladen gesehen hatte.
Ich war so zufrieden, daß ich beschloß, die Dienste des jungen Mannes neuerlich in Anspruch zu nehmen. Seine Besuche wurden zu einer regelmäßigen wöchentlichen Einrichtung. Dank seiner Bemühungen und meiner eigenen liebenden Fürsorge für Temperatur- und Feuchtigkeitsregelung erlangte Serenas Gesichtsfarbe die frühere Perfektion wieder. Selbst meine Gäste machten Komplimente über ihr bemerkenswert blühendes Aussehen. In tiefer Zufriedenheit sah ich dem kommenden Frühjahr und dem Jubliläum unseres ersten Jahrestages entgegen.
Sechs Wochen später, während der junge Friseur in Serenas Wohnzimmer im ersten Stock bei der Arbeit war, kehrte ich zufällig in mein Schlafzimmer zurück, um ein Buch zu holen. Ich konnte deutlich die Stimme des jungen Mannes vernehmen, leise, als vermittle er eine private Botschaft. Ich warf einen Blick durch die offene Tür. Er kniete vor Serena, den Rücken zu mir, die kosmetische Palette in einer Hand, den Farbstift in der anderen, und gestikulierte mit ihnen in einer spielerischen und spöttisch-komischen Art. Vom Werk seiner Hände erhellt, sah ihm Serena direkt ins Gesicht, die frisch gemalten Lippen beinahe feucht vor Erwartung. Der junge Mann murmelte unverkennbar eine heimliche und persönliche Liebeserklärung.
Während der folgenden Tage fühlte ich, daß mein Kopf von einer Art Verirrung befallen war. Als ich hoffnungslos versuchte, den Schmerz dieser ersten intensiven Eifersucht
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