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Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween

Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween

Titel: Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie bislang bemerkt hatte. Sie endeten einen Fingerbreit über dem Rand der Schuhe, die Waden waren glatt abgeschnitten. Und trotzdem schwankten sie unmerklich vor und zurück, so als ließe Lisa ihre Beine baumeln.
    Kyra begriff nicht, was hier vorging, doch sie ahnte sehr wohl, dass sie den Direktor ablenken musste. Was immer das sonderbare Auftauchen von Lisas Füßen zu bedeuten hatte – der Untote durfte sie auf keinen Fall entdecken.
    »Hey, alter Mann«, rief sie und erntete dafür verwunderte Blicke ihrer Freunde. »Wie war das damals? Ist das dort hinten der Balken, an dem sie dich aufgeknüpft haben? Hast du noch immer solche Atembeschwerden?«
    Mara sah Kyra von der Seite an, als hätte sie endgültig den Verstand verloren.
    Doch Kyra ließ sich nicht beirren. Lisa war noch am Leben. Und ganz offensichtlich mussten sie ihr Zeit verschaffen.
    Der Direktor öffnete seinen verkümmerten Mund, wie um etwas zu sagen – als plötzlich alles ganz schnell ging.
    Aus dem Nichts über seinem Kopf stürzten Lisa und noch eine zweite Gestalt herab – Toby! Die beiden purzelten dem Direktor geradewegs auf den Kopf und schleuderten ihn durch ihr Gewicht zu Boden. Sein Rohrstock flog ihm aus der Hand und segelte in weitem Bogen quer durch den Raum.
    »Lisa«, schrie Nils euphorisch und raste auf seine Schwester zu. Auch die drei anderen sprangen vor. Kyra gab im Laufen dem Bücherpodest einen heftigen Tritt; die schweren Lederbände begruben den Stock unter sich.
    Lisa und Toby rappelten sich auf. Nils packte seine Schwester am Arm und zerrte sie aus der Reichweite des Direktors, der sich im selben Moment hinter ihnen in die Hocke zog. Als er den Kopf hob und die Freunde hasserfüllt anstarrte, leuchtete ein mörderischer Glanz in seinen Augen.
    Aber Kyra war schneller als er. Aus dem Laufen heraus machte sie einen gewaltigen Satz, der sie über den Untoten hinweg und geradewegs gegen die Hintertür trug.
    Mit einem morschen Bersten und Brechen gab das Holz nach, und Kyra krachte durch die Tür ins Hinterzimmer.
    Der Direktor stieß ein schreckliches Heulen aus, sprang auf die Füße und fuhr herum.
    Es war dunkel in dem Zimmer. Kyra hatte ihre eigene Taschenlampe bei dem Aufprall verloren, aber das Licht von Nils’ Lampe, das durch die Tür hereinschimmerte, reichte aus, um sie den niedrigen Tisch in der Mitte des Raumes erkennen zu lassen.
    Und die Pflanze, die darauf stand.
    Kyra packte die Alraune, zerrte sie aus dem Topf. In Windeseile ergriff sie die beiden Wurzelbeine – und riss sie mit einem harten Ruck auseinander.
    Die Wurzel zerbrach in zwei Hälften.
    Der Direktor taumelte mit ausgestreckten Klauen herein, wollte Kyra packen. Doch auf halber Strecke erstarrten seine Bewegungen, schienen zu gefrieren.
    Der Verfall begann an seinen Fingerspitzen. Wie trockenes Geäst brachen sie ab und fielen zu Boden, gefolgt von seinen mumifizierten Unterarmen, seinen Ellbogen, den Schultern.
    Der Mund des Direktors öffnete sich, überdehnte seine verkümmerten Kiefermuskeln, wurde weiter und weiter, bis ein Fußball hineingepasst hätte. Seine gelben Augäpfel wölbten sich vor, die straffe Haut über seinen Wangen pulsierte rasselnd wie ein Blasebalg.
    Der Direktor zerplatzte in einer trockenen Staubwolke und legte sich als Ascheregen über die Gesichter der Freunde.
    Alle husteten und spuckten, rieben sich angewidert mit den Ärmeln über Mund und Augen.
    Kyra bemerkte als Erste, dass Lisa unauffällig Tobys Hand ergriffen hatte. Kyra schenkte ihrer besten Freundin ein verwirrtes Lächeln, sagte aber nichts.
    »Wir … wir sind einfach durch den Spiegel gesprungen«, stammelte Lisa.
    »Wir wussten nicht, was passieren würde«, sagte Toby. »Genauso gut hätten wir hier als Hackfleisch ankommen können. Aber wir mussten doch irgendwas tun …«
    Nils umarmte seine Schwester von hinten und gab ihr einen erleichterten Kuss auf den Hinterkopf. Kyra hatte niemals zuvor gesehen, dass er so etwas tat. Sie wollte etwas sagen, doch im selben Moment löste sich Mara aus der Gruppe, trat an Kyra vorbei, griff nach einem Holzschemel und begann, wie eine Wahnsinnige auf die Einrichtung des Hinterzimmers einzuschlagen.
    Bücher und Papiere flogen in Fetzen, wirbelten in alle Richtungen. Was immer hier noch aufbewahrt wurde, das einst der Hexe, der Schwester des Direktors, gehört hatte – Mara würde es finden und zerstören.
    Kyra trat langsam auf Lisa zu, umarmte sie und schüttelte dann Toby die Hand.
    »Schön, dass ihr

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