Sieben
Elementen und drei Seelen
hat Gott in beiden Welten
kein einziges Idol wie Dich geschaffen.
Auch zahlreiche Abzählreime, von denen jener von den ›Zehn kleinen Negerlein‹, wenn nicht der ersprießlichste, so doch wohl
der bekannteste ist, drängen sich in den Sinn.
Angesichts derart geballter Bedeutungsschwere wird verständlich, warum manche Zahlen auch in den Redensarten, im Volks- und
im Aberglauben Platz griffen. Wo »aller guten Dinge« ganz offenbar drei sind, mag es nicht schaden, das
Amen
drei Mal zu wiederholen oder gelegentlich »drei Kreuze zu schlagen« – selbst dann, wenn man nach dem Urteil der Mitmenschen
»nicht bis drei zählen kann« und sich deswegen möglicherweise als »fünftes Rad am Wagen fühlt«. Anstatt abzuwarten, bis es
am Ende gar »13 schlägt«, könnte man indes einfach »fünfe gerade sein« lassen.
Und dennoch: Weder die magische Drei noch die magische Fünf oder die asiatische Unglückszahl Vier, auch nicht die Pechzahlen
13 beziehungsweise 17 oder die chinesischeGlückszahl Acht und schon gar nicht die vollkommenen Zahlen Sechs, Zehn, Zwölf oder 28 reichen in puncto Magie, Volks- oder
Aberglauben entfernt an jene Zahl heran, um die es in diesem Buch von jetzt an ausschließlich geht: die Sieben!
Magisches Quadrat: links moderne Darstellung, rechts ein Detail aus Albrecht Dürer, ›Melancolia I‹. Alle Zeilen, Spalten,
die Diagonalen und alle möglichen kleinen Quadrate aus jeweils vier nebeneinanderstehenden Zahlen ergeben die Summe 34, auch
die paarweisen Außenziffern sowie die Eckzahlen addieren sich jeweils auf denselben Wert.
Wie keine andere Zahl kann die Sieben mal Gutes, mal weniger Gutes verheißen, und das fast überall auf der Welt. In Indien
pflegen Braut und Bräutigam gemeinsam sieben Schritte ums Hochzeitsfeuer zu gehen. Bevor es hingegen in Schweden überhaupt
zur Hochzeit kommt, sollte die Braut in spe zumindest von ihrem künftigen Bräutigam geträumt haben. Das gelingt, indem sie
am Mittsommerabend siebenunterschiedliche Blumen pflückt und unter ihr Kopfkissen legt. Der »Hexenmarkt« der bolivianischen Hauptstadt La Paz bietet
die Möglichkeit, sich mittels der »sieben Erzengel« in Seifenform gegen allfälliges Ungemach zu wappnen. Im Iran steht die
Sieben in besonderem – wenngleich ambivalentem – Ansehen. Wer dort etwa seinen Job im Schlendrian ausübt, steht rasch im Ruf,
»die Arbeit von sieben Mollas (Geist lichen )« zu verrichten. Umso problematischer, wenn man mit einem derartigen Kollegen »durch sieben Scheffel« – sprich: entfernt
– verwandt ist. Auch die Vorstellung, dass eine Katze ihre Jungen sieben Mal an einen anderen Platz trage, ist vor allem im
Iran verbreitet. Dass selbige Katze über »sieben Leben« verfüge, gilt indes auch andernorts als gesichert. Wie viele andere
populären Siebenbezüge rührt auch dieser Volksglaube aus dem Mittelalter – als man zudem glaubte, dass schwarze Katzen sich
im Alter von sieben Jahren in Hexen verwandeln, deren Zauber, so er einen trifft, sieben Jahre wirkt. Ein schwarzes Kapitel
europäischer Kulturgeschichte – denkbar fern jener Shakespeare’schen Ironie, nach der die Vertreibung des Teufels mit Hilfe
»sieben böser Weiber« unfehlbar gelingt.
Von allem Volksglauben rund um die Sieben ist wohl der »zerbrochene Spiegel« der mit Abstand nachhaltigste und am weitesten
verbreitete. Kaum eine Kultur, kaum eine Sprache, in der dem »broken mirror«, dem »specchio rotto«, dem »miroir cassé« oder
dem »espejo roto« nicht unmittelbar »sieben Jahre Pech« zugeschrieben werden – eine ebenso tief in der Geschichte wie in der
menschlichen Seele wurzelnde Vorstellung, denn um nichts weniger als die Seele geht es bei besagtem Aberglauben. Stand bereits
im alten Ägypten der Begriff »Spiegel« gleichbedeutend für »Leben«, so herrschte in späteren Kulturen die Vorstellung vor,
der Spiegel beherberge die Seele dessen, der sich darin betrachtet. Wie anders sollte man folglich das Zerbrechen besagten
Accessoires deuten, als dass dadurch ein Teil der Seele gleichfalls in Scherben fiel? Die Sieben kam vermutlich erst im Mittelalter
ins Spiel, als sich die Mystik dieser Zahl im Volksglauben zu etablieren begann. Sieben Jahre, so die Annahme, brauche die
Seele, um sich nach einem derartigen Unglück zu regenerieren. Die Interpretation, dass Spiegel zu jener Zeit so teuer waren,
dass man sieben Jahre für ihre Anschaffung
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