Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
Haus gegenüber. Sie waren allein.
Perry Rhodans Stellvertreter in der Milchstraße hatte tausend Fragen, die er jedoch alle zurückdrängte, um sich auf das Wesentliche beschränken zu können. Naturgemäß interessierte ihn das Schicksal der Erde und ihrer Menschen. Er hätte sich liebend gern schildern lassen, wie ES die Bewusstseinsinhalte von Milliarden Terranern in sich aufgenommen hatte. Er hätte gern mehr von Perry Rhodan und den anderen Freunden gehört. Aber zunächst sagte er nur: »Erzählen Sie mir mehr über sich, Kershyll Vanne!«
Das Konzept nickte, nachdenklich, wie es schien. »Ich gehörte zum Geheimdienst, als die Erde sich dem Schlund näherte, durch den sie später gestürzt ist. Ich bin Psychomathelogist, und zurzeit überlassen mir die anderen Bewusstseine das Wort.«
»Das kann sich ändern?«
»Jederzeit. So, wie es für das Konzept am besten ist.«
»Wer ist noch in Ihnen?«
»Ich fange mit Albun Kmunah an«, antwortete Vanne offen. »Er ist Alpha-Mathematiker, ein stiller, in sich gekehrter Mann. Im Gegensatz dazu Hito Guduka, unser Totalenergie-Ingenieur. Auch diese Berufsbezeichnung stammt aus dem Sprachschatz der Aphiliker, ebenso wie die des Alpha-Mathematikers. Guduka ist ein Supertechniker, der komplizierteste Triebwerke und andere Geräte beherrscht.«
»Sie brauchen nicht so sehr in die Einzelheiten zu gehen«, sagte Tifflor.
»Wenn Guduka das Konzept leitet, könnte es Verständigungsschwierigkeiten geben. Er kann recht mürrisch sein. Sollte ich plötzlich nach harten Schnäpsen verlangen, dürfen Sie sicher sein, dass der Ultra-Physiker Pale Donkvent die Führung übernommen hat. Er kann problematisch werden, wenn wir ihn in dieser Hinsicht nicht kurz halten.«
Vannes Augen wurden vorübergehend matt, seine Lippen zuckten. Tifflor hatte den Eindruck, dass der Psychomathelogist in sich hineinhorchte. Offenbar setzte Vanne sich soeben mit Donkvent auseinander, weil diesem die Charakterzuordnung nicht gefiel. Doch schnell klärte sich der Blick wieder. Kershyll Vanne nickte.
»Zu uns gehört außerdem Indira Vecculi, eine Neurobio-Positronikerin. Sie hat mir mit einem gewissen Vergnügen verraten, dass sie auf der aphilischen Erde als das spitzfindigste und hässlichste Weib aller Zeiten gegolten hat. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, glaube aber, dass sie herrschsüchtig und zänkisch sein kann.«
»Ein echter Gefahrenherd oder ein Unzuverlässigkeitsfaktor?«, fragte Tifflor.
Kershyll Vanne schüttelte energisch den Kopf. »Das ist keiner von uns. Das würde auch nicht in die Überlegungen von ES passen.«
»Welche Überlegungen sind das?«
»Lassen Sie mich erst vorher eine Bemerkung zu Ankamera und zu Jost Seidel machen«, bat Vanne. »Ankamera ist Medizinerin. Ich habe den Eindruck, dass sie am meisten von uns allen darunter leidet, dass sie keinen Körper mehr für sich allein hat.« Kershyll Vanne lächelte beziehungsreich, und Tifflor verstand ihn ohne weitere Fragen.
»Jost Seidel ist noch ein halbes Kind«, schloss Vanne seinen Bericht ab. »Das sollten Sie allerdings nicht unterschätzen. Er ist trotz seiner dreizehn Jahre bereits eine Kapazität auf dem Gebiet der Galaktochemie gewesen. Wenn er in den Vordergrund kommt, kann es sein, dass Sie einen etwas kindlichen Eindruck von mir gewinnen – verzeihen Sie, ich meine natürlich von uns.«
Als wolle er Tifflor das Gesagte demonstrieren, wirbelte er sein Glas in die Luft und fing es spielerisch leicht wieder auf. Gleichzeitig wurde sein Gesicht weich und nahm tatsächlich einen eher jugendlichen Ausdruck an. Nach wenigen Sekunden war alles wieder vorbei. Kershyll Vanne stellte das Glas ab und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
»Ich glaube, es wird Zeit, Ihnen zu sagen, weshalb ich vor allem hier bin«, bemerkte er. »Auch wenn ich vor kurzem der Ansicht war, es sei noch zu früh dafür.«
»Ich höre.«
Kershyll Vanne blickte Tifflor forschend an. »Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass ES die Neue Menschheit, die in erster Linie im NEI integriert ist, auf die verlassene Erde bringen will. ES möchte das Unternehmen Pilgervater starten und den Menschen die Erde zurückgeben.«
Tifflor blickte Vanne sprachlos an. Er war von diesem Vorhaben augenblicklich fasziniert, konnte sich aber nicht vorstellen, dass eine Realisierung überhaupt möglich sein sollte.
»Wie stellen Sie sich das vor?«, fragte er, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte. »Oder vielmehr: Wie stellt
Weitere Kostenlose Bücher