Silberband 098 - Die Glaswelt
Schritte auf das unsichtbare Raumschiff zu, dann sprang er mit einem Schrei in die Höhe und taumelte zurück.
»Vermutlich eine Schockfeldsperre.« Gucky seufzte. »Sie soll das Schiff vor Unbefugten schützen, aber sie befindet sich mehrere Meter vom Rumpf entfernt, sonst hätte ich sie ebenfalls spüren müssen.«
»Du hast mit so etwas gerechnet, Gucky?«, sagte Athosien vorwurfsvoll.
»Es lag im Bereich des Möglichen«, erwiderte der Ilt ausweichend. »Aber ich wollte das nicht überprüfen. Mir reicht die lädierte Nase.«
»Hoffentlich stößt du sie dir noch einmal an, wenn du uns bis unmittelbar ans Schiff teleportierst«, sagte Athosien grimmig. »Anders kommen wir ja wohl nicht heran.«
Niemand von uns verletzte sich die Nase, aber als ich Gucky los ließ und die Hand ausstreckte, stieß ich schon nach wenigen Zenti metern auf Widerstand.
»Das war haarscharf kalkuliert«, stellte ich fest.
»… telekinetisch sondiert«, erklärte der Mausbiber. »Wenn ich beim ersten Mal mit einem unsichtbaren Schiff gerechnet hätte, wäre ich gleich so vorgegangen. Telekinetisch kann ich alles aufspüren, was meiner Kraft Widerstand leistet, auch wenn es unsichtbar ist.«
Grukel Athosien betastete die unsichtbare Schiffshülle.
»Ich habe die Schleuse schon gefunden«, sagte Gucky. »Wir stehen genau davor. Hoffentlich geht keine Waffe los, wenn ich versuche, das Schott telekinetisch zu öffnen.«
»Bist du immer so witzig?«, fragte Athosien.
Gucky antwortete nicht. Ich sah ihm an, dass er sich konzentrierte. Wahrscheinlich schaffte es nicht jeder Telekinet, positronische Magnetverriegelungen ohne optischen Kontakt nur parapsychisch aufzuspüren und genau die Punkte zu finden, an denen er ansetzen musste.
Bei Gucky dauerte das keine Minute. Ein kaum hörbares schleifendes Geräusch verriet seinen Erfolg. Im nächsten Augenblick wurde die Schleusenkammer sichtbar.
Gucky teleportierte hinein. Ich folgte ihm auf normalem Weg – und auch Grukel Athosien entschloss sich dazu, das Schiff der Gys-Voolbeerah zu betreten.
Die Schleuse unterschied sich nicht wesentlich von der Vorrichtung in einer Space-Jet, nur waren die Sensortasten für das Öffnen und Schließen der Schotten als handtellergroße Knöpfe auf dem Boden angebracht.
Nachdem wir das Außenschott geschlossen hatten, ließ sich das innere mühelos öffnen. Wir betraten einen Korridor, hinter dessen durchsichtigen Wänden dicht gepackte Aggregate zu sehen waren.
Rechts von uns endete der Gang nach wenigen Metern – wahrscheinlich am Heck des Raumschiffs. Wir wandten uns deshalb nach links und erreichten die Steuerzentrale. An den Aggregaten hinter den Wänden konnten wir erkennen, dass die Zentrale sich im Bug befand. Demnach war das MV-Raumschiff kaum länger als zehn Meter. Seine Form mochte der einer lang gestreckten, oben abgeflachten Ellipse entsprechen.
Als ich die Zentrale betrat, musterte ich die Stangen, die mit Seilen an der Decke verankert waren. »Das sind richtige Schaukeln!«, entfuhr es mir.
»Sitzstangen für Vögel«, korrigierte Gucky. »Eigentlich hatte ich mir einen Molekülverformer anders vorgestellt.«
»Die Grundgestalt eines Molekülverformers kann nicht die eines Vogelabkömmlings sein«, erklärte Grukel Athosien mit veränderter Stimme und völlig emotionslos.
Ich musterte das Konzept und sah die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war. Sein Ausdruck spiegelte nicht mehr die Psyche Athosiens wider, sondern die eines anderen Menschen.
Das Konzept hatte meinen prüfenden Blick bemerkt.
»Zurzeit führe ich, Sahen Ol à Tamor, Fremdvolk-Psychoformer. Ich habe die Verhaltensweisen zahlreicher nichtmenschlicher Völker studiert und selbstverständlich die Beziehungen zwischen Bioform und Mentalität. Deshalb behaupte ich, dass Molekülverformer weder eine vogelähnliche Grundgestalt noch überhaupt eine stark differenzierte Grundgestalt besitzen.«
Der Gesichtsausdruck wechselte abermals.
»Ponto Sassola«, sagte das Konzept – und auch diese Stimme klang liebenswürdig. »Hyperphysiker auf der aphilischen Erde. Ich habe unsere Raumschiffe damals auf die Basis des Protonen-Antimaterieeffekts umgestellt. Deshalb kann ich mit Sicherheit behaupten, dass dieses Raumschiff seine Energie aus dem gleichen Prozess bezieht. Nur deutet die Anordnung der Aggregate im Rumpf darauf hin, dass die Erbauer nicht allein den Proton-Antiproton-Reaktionsprozess ausbeuten, sondern die dabei entstehenden Elektronen und Positronen,
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